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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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jetzt hast du sie am Hals und kannst sehen, wie du mit ihr zu Streich kommst!« Unter Gelächter galoppierten die beiden jungen Männer los.
    »Ihr gemeinen Kerle!« Die Reitgerte drohend erhoben, setzte Cecily den beiden nach.
    Das mehrstimmige Lachen, das über die Wiesen schallte, malte ein Lächeln auf Grace’ Gesicht. Auf diesen Augenblick hatte sie gewartet, und nicht nur um aus dem für ihren Geschmack viel zu behäbigen Spazierritt auszubrechen.
    »Reitet ihr schon voraus«, rief sie den anderen hinterher, während sie ihre Fuchsstute wendete und bereits antrieb. »Ich will Jeremy noch was zeigen!« Querfeldein jagte sie davon.
    Leonard zügelte seinen schwarzen Wallach und drehte sich um. Unter zusammengezogenen Brauen sah er Jeremy fragend an, was dieser mit einem leichten Schulterzucken beantwortete, bevor er auf dem Braunen, den Stephen ihm für diesen Ausritt überlassen hatte, Grace hinterherjagte.
    Leonards Rappe tänzelte nervös auf der Stelle, als spürte er die Zerrissenheit seines Reiters, zuckte mit den Ohren, als eine Frauenstimme in seiner Nähe aufkiekste.
    »Nicht! Lass das! Finger weg! – Len, hilf mir doch! Len!«
    Royston hatte sein Pferd neben das von Cecily gelenkt und beide zum Stehen gebracht. Den Arm um Cecilys Taille geschlungen, die andere Hand um ihren Unterarm, zog er sie aus ihrem Sattel in den seinen herüber.
    »Le-henn! Sag ihm, er soll das lassen!« Obwohl die Spitzen ihrer Reitstiefel in die Luft kickten, wand sie sich nur halbherzig in Roystons Griff, und das Kichern, das zwischen ihren Hilferufen emporsprudelte, strafte diese Lügen. Cecily bedurfte keiner brüderlichen Ritterlichkeit, nur einer Hand, die die Zügel ihrer Stute nahm, ein launisches Tier, das bereits gereizt den Kopf hin und her warf. Verärgert machte Leonard kehrt und griff nach dem Zaumzeug, damit Cecily endlich sicher vor Royston im Sattel zu sitzen kam.
    »Ist das etwa so Brauch bei euch in Devon?«, zeterte sie, als sie gemächlichen Schrittes weiterritten.
    »In der Tat«, versicherte Royston im Brustton der Überzeugung, und sein Bass klang dabei noch tiefer, noch gemütlicher. »Eine alte Sitte unter Rittern und Edelmännern! Seit Jahrhunderten raubt jeder Ashcombe, der etwas auf sich hält, die schönste Dame weit und breit und entführt sie auf seine Burg und lässt sie dann nie wieder fort.« Wie zur Bekräftigung seiner Worte drückte er Cecily fester an sich.
    »Der jetzige Earl etwa auch?«, scherzte sie. Cecily mochte den Earl, der groß und kräftig und kantig war wie sein Sohn, nur ungleich wortkarger.
    Royston lachte trocken auf. »Meine werte Frau Mutter tut zwar des Öfteren so, als sei ihr mit dieser Heirat schreckliches Unrecht geschehen, aber ich fürchte, in Wahrheit verhielt es sich genau umgekehrt. Sie hat seine Burg so lange belagert, bis ihm nichts anderes übrig blieb, als zu kapitulieren. Die Schatzkammern dort waren einfach zu verlockend, als dass sie je daran gedacht hätte, den Rückzug anzutreten.«
    Es war ein offenes Geheimnis, dass die Ehe von Lord Ashcombe und Lady Evelyn schon lange einem Eishaus glich. Was niemanden verwunderte, der die spitze und zuweilen giftige Zunge von Lady Evelyn kannte, die selten ein gutes Haar an jemandem ließ. Am allerwenigsten an ihrem Gatten, dem sie einfach nicht nachsehen konnte, dass er ihr, der Tochter des Marquis von Haringcourt, nicht ebenbürtig war, mochte seine Ahnenreihe noch so lang und mit einem Tropfen königlichen Bluts durchsetzt sein. Zu beißend war die Demütigung, nur die Wahl gehabt zu haben, reich, aber unter ihrem Stand zu heiraten oder verarmt und ledig zu bleiben. Wer das zweifelhafte Vergnügen einer Begegnung mit Lady Evelyn gehabt hatte, zog seine eigenen Schlüsse daraus, dass Roystons Schwestern längst verheiratet waren – in Berkshire die eine, in Yorkshire die andere – und dass sein jüngerer Bruder sich am Balliol College in Oxford verkroch.
    »Schon erstaunlich«, witzelte Royston in Cecilys Gedanken hinein, »dass sie an dir so rein gar nichts auszusetzen findet. Ich meine – du kannst ja mit nichts aufwarten, was in ihren Augen etwas wert wäre. Bis auf dein ganz passables Äußeres vielleicht ...«
    Cecily gluckste in sich hinein und stieß ihm den Ellenbogen zwischen die Rippen, wandte den Kopf und hob den Blick zu ihm, einen Blick, den er in belustigter Zärtlichkeit erwiderte.
    Sieben Sommer hatte Royston auf Givons Grove verbracht, sieben Sommer voller Ausritte, Picknicks und Kutschfahrten,

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