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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Leben mit einem Offizier Ihrer Majestät zu schließen. Ladys und Gentlemen – ich bitte Sie, Ihr Glas zu erheben auf Lady Cecily Hainsworth, die bereit ist, dieses Opfer zu bringen. Auf die Verlobung von Lady Cecily und Lord Amory!«
    Hochrufe und Applaus donnerten durch den Saal, Glückwünsche prasselten auf Cecily und Royston nieder, auf die sichtlich überglücklichen Hainsworths und die sich zurückhaltender gebenden Ashcombes.
    Am Rand des freudigen Tumults biss sich Ada auf die Lippen, um vor Ergriffenheit nicht aufzuschluchzen. Sie zuckte zusammen, als eine Hand nach der ihren tastete. Ungläubig starrte sie aus tränenfeuchten Augen Simon an, auf dessen Zügen sich ein schüchternes Lächeln andeutete, und während die erste Freudenträne über Adas Wange kullerte, verschränkten sich ihre Finger mit denen Simons, und ein Strahlen breitete sich auf ihrer beider Gesicht aus. Becky verschlang Stephen, der scheinbar teilnahmslos vor sich hin starrte, mit Blicken, die gleichermaßen sehnsüchtig wie erwartungsvoll waren. Bis dieser sich unvermittelt zu ihr herüberbeugte und ihr mit heißem Atem ins Ohr flüsterte: »Schenkst du mir den nächsten Tanz?«
    »Ladys und Gentlemen«, dröhnte es durch die Turnhalle, »bitte aufstellen zum Kotillon!«
    Die Menge der Ballgäste wogte auf, teilte sich schließlich wie das Rote Meer. Großväter, Väter, Mütter, Großmütter, die Offiziere des Colleges und deren Gattinnen zogen sich an den Rand des Saales zurück, während die frischgebackenen Offiziere ihre Herzdamen oder Schwestern bei der Hand fassten.
    In der Mitte des Raumes nahmen die scharlachrot berockten jungen Männer in einem Viereck Aufstellung, Aug’ in Auge mit ihren Damen, die sich in einem größeren Viereck um sie herum aufreihten. Auf das Zeichen des Kapellmeisters hin setzte die Musik ein, langsam und schmeichlerisch und nur für Royston und Cecily bestimmt, gehörte dieser Tanz in der Mitte der beiden Vierecke ihnen allein. Und sie nutzten es weidlich aus: Royston hielt Cecily enger, als schicklich zu nennen war, wagte es gar, ihr zuweilen einen Kuss auf die Schläfe zu drücken, während Cecily hin und wieder ihre Stirn oder ihre Wange an Roystons Schulter ruhen ließ, und niemand nahm es ihnen übel.
    Eine überschäumende, weltumarmende Freude durchströmte Grace, rein und ungetrübt, die diesem Abend galt, diesem Sommer, dem ganzen Leben. Ihr Herz quoll über, als ihr Blick von Royston und Cecily hinüberwanderte zu Becky, die gegenüber von Stephen im Viereck stand und sichtlich im siebten Himmel schwebte. Zu Simon, der nicht mittanzte und bei Ada geblieben war, beide in stillem Glück in die Augen des anderen versunken. Dann zu Leonard, der sich Simons abgelegter Balldame angenommen hatte und dieser zuzwinkerte, was der eleganten Brünetten sichtlich gefiel.
    Grace’ Augen kehrten zu Jeremy zurück, der die Augen unverwandt auf sie gerichtet hielt und in denen ein leises und dennoch selbstbewusstes Hochgefühl glänzte. Mittlerweile kannte sie Jeremy in legerem Zivil und im Frack, im Rugbydress und in der Kadettenuniform. Doch nichts stand ihm so gut wie die Galauniform, einer Offiziersuniform zum Verwechseln ähnlich, die seine dunklen, kräftigen Farben betonte und das Schneidige seiner Züge klarer hervortreten ließ.
    Die Kapelle wechselte in einen schnelleren Takt, in eine lebhaftere Melodie, und Grace und Jeremy traten mit den anderen Paaren aufeinander zu. Wie alle anderen Gentlemen verneigte sich Jeremy, und wie alle anderen Ladys antwortete Grace mit einem Knicks.
    »Ab morgen«, sagte er, als er sie für die erste Figur des Kotillons an sich zog.
    Grace lächelte. »Ja. Ab morgen.«

12
    Träge lag der Garten von Shamley Green unter der mittäglichen Sonne. Nur dann und wann war ein halbherziges Tschilpen aus den Bäumen zu hören. Bienen und Hummeln trödelten saumselig zwischen den leuchtend roten Blüten der Feuerbohnen herum. Auf dem Phlox und den Bartnelken in Fuchsia und Rosé saßen die zartgelben Heufalter und tigergefleckten Kleinen Füchse und klappten voller Muße ihre Flügel auf und wieder zu. Selbst das Blöken der Schafe in der Ferne klang verschlafen, und leise, ganz leise, hörte man den Cranleigh Waters in seinem Bett gluckern.
    Ihren Skizzenblock auf den angezogenen Knien, einen nackten Fuß auf der Decke, den anderen im Gras, versuchte Ada sich an einem Porträt ihrer Schwester, die sich vor ihr ausgestreckt hatte. Grace lag auf der Seite, ein aufgeschlagenes

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