Jenseits des Protokolls
unterstellen, darüber habe ich mich sehr aufgeregt. Ich weiß noch, dass eine Journalistin des Magazins UniSpiegel mich diesbezüglich anfragte. Daraufhin haben wir der Guten ziemlich ausführlich und deutlich die Sachlage erklärt und die Redakteurin hat sich daraufhin entschuldigt. Es ist doch reine Böswilligkeit und ganz ehrlich: Ich habe mich ja schon fast gewundert, dass kein Journalist einmal nachhakte und recherchierte, ob ich überhaupt die Tochter meiner Eltern bin.
Aber dachte ich, die Sache mit dem Studium und der Kleidung sei schon die Krönung des Sezierens und des Belanglosen, gipfelte die Affäre meiner Meinung nach in der Diskussion um ein Kinderspielzeug, einem Bobby-Car. Einem kleinen Gefährt, gemeinhin der Liebling vieler kleiner Jungs. Linus bekam ein solches von dem Geschäftsführer eines Berliner Autohauses, der zuvor in Hannover tätig war und den wir daher kannten, zu seinem dritten Geburtstag geschenkt. Es stimmt, dass Christian sich dafür in einem Schreiben mit dem offiziellen Briefkopf des Bundespräsidenten bedankte und den Geschäftsführer auf die Gästeliste zum Sommerfest des Bundespräsidialamtes 2012 setzte. Dies aber nicht etwa als Dankeschön für ein Bobby-Car, sondern einfach aus dem Grund, weil der Mann wie wir aus Niedersachsen nach Berlin gekommen war, es somit eine Verbindung gab. Dieses Bobby-Car stand dann übrigens tatsächlich in der Kinderspielecke im Schloss Bellevue und konnte von allen Kindern genutzt werden. Umso grotesker erschien es mir, als ein Fotograf eines großen Magazins über das Grundstück unserer Nachbarn in Großburgwedel, damals eine Baustelle, kam und durch unsere Gartenhecke eine Aufnahme eines weiteren Bobby-Cars auf unserer Terrasse machte. Ja, Linus hat aufgrund erhöhter Schenkfreudigkeit seines Patenonkels und unserer Freunde durchaus einen kleinen Fuhrpark. Doch darüber weitere Zeilen zu verlieren, wäre wirklich so belanglos, wie ohnehin meiner Meinung nach schon dieses Thema ist.
Gewiss erscheinen manche Dinge nicht nur unglücklich, sondern sie waren es auch. Doch ich halte es schon für extrem, was die Presse überdies daraus konstruierte. Aber die Macht der Medien und was sie anrichten können nahm noch ganz andere Dimensionen an, wie ich bitter erfahren musste …
13 Die Gerüchte
Mein Pseudonym lautet also angeblich »Lady Viktoria« und meine Wirkungsstätte soll ein Etablissement namens »Chateau Osnabrück« gewesen sein. Auch in einem Berliner FKK-Club »Artemis« soll ich als »Gesellschaftsdame«, um es mal charmant auszudrücken, mitgewirkt haben. Und damit nicht genug: Scheinbar lernten mein Mann und ich uns ja auch gar nicht 2006 auf einer Wirtschaftsdelegationsreise in Südafrika kennen, sondern bereits zuvor in einem Edel-Bordell, unterstellte uns manch ein anonymer Blogger im Netz und später sogar ein größeres Magazin.
Die Verleumdungen über meine vermeintliche Vergangenheit im Rotlichtmilieu kamen das erste Mal auf, als Christian noch Ministerpräsident in Niedersachsen war. Und anstatt dass sie irgendwann, wie es Gerüchte zumeist tun, im Sande verliefen, verschärften sie sich nur noch. Als mein Mann zum Kandidaten für die Wahl zum Bundespräsidenten aufgestellt wurde, nahmen sie plötzlich offensichtlich gezielt zu und auch im Internet tauchte die absurde Behauptung auf, ich hätte einmal in einem Club gearbeitet. Bekannte und Freunde aus den unterschiedlichsten Städten, beispielsweise aus Köln, Hamburg und Berlin, riefen mich an und meinten: »Sag einmal, weißt du, was hier über dich erzählt wird? Weißt du, was im Netz über dich steht, was da zu sehen ist?« Auf dubiosen diversen Internetseiten stand da, dass ich Geld als Escort-Dame verdient hätte. Es gab später Fotos, die eine blonde junge Dame im schwarzen hoch geschlitzten, langen Kleid und mit schwarzer Augenbinde zeigten. Auf anderen Aufnahmen präsentierte sich diese Frau mit einem tief ins Gesicht gezogenen schwarzen Hut und äußerst eifrig wurde in Foren gemutmaßt, inwiefern ich jene »Lady Viktoria« sei. Gesichtszüge wurden verglichen, sogar Muttermale – wenn es nicht um mich gehen würde, fände ich das eine richtig abenteuerliche Geschichte, mit welcher Akribie sich da eine Masse von Leuten zu Hause hinsetzten, zum Sherlock Holmes wurden, sich untereinander austauschten und immer wieder neue Infos und angebliche Erkenntnisse ins Internet stellten. Doch leider ging es auf diesen Seiten um mich und es gab tatsächlich Menschen,
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