Jenseits des Protokolls
Leihgebühren für Kleider rechneten wir über die Aufwandspauschale meines Mannes ab. Es gibt eine detaillierte Liste, welches Kleid ich geliehen habe und wie viele ich gekauft habe. Es stimmt aber nicht, dass ich Kleidung geschenkt bekam.
Mich hat es in erster Linie geschockt, dass so ein Thema derart breitgetreten wird. Auch zeigt meiner Meinung nach gerade die Debatte über meine Kleidung, dass man es einfach keinem recht machen kann. Ich weiß, dass Angela Merkel es ablehnt, sich mit Leihgaben deutscher Modehersteller einzukleiden. Ich muss zugeben, dass das die weniger kontroverse Variante ist. Dafür muss sie immer wieder Häme einstecken, wenn es um ihre Outfits geht. Wenn ich bei irgendwelchen offiziellen Anlässen nicht immer top gestylt aufgetaucht wäre, hätte mich die Presse dafür auch zerrissen. Interessant, und dies nur am Rande bemerkt, finde ich übrigens, und dies meine ich in keiner Weise persönlich, dass weder bei meiner Vorgängerin noch bei meiner Nachfolgerin derart über die Kleidung diskutiert wurde, wie es bei mir der Fall war. Auch empfinde ich es als typisch »deutsch«, dieses Thema so breitzutreten, und verweise da gerne einmal auf die Handhabung im Ausland. Wenn da eine Carla Bruni an der Seite ihres Mannes Nicolas Sarkozy, dem einstigen Staatspräsidenten Frankreichs, in einer Robe von Yves Saint Laurent oder Dior zu einem Staatsbankett erschien und damit zeigte, was für hochkarätige Designer es in ihrem Land gibt, sorgte dies in der landesweiten Presse eher für Beifall als für Missmut und Recherche.
Für mich am schlimmsten war neben der Tatsache, plötzlich fast als empfundene Kleinkriminelle und Schnorrerin abgestempelt zu sein, dass einem die Worte im Mund umgedreht wurden und man teilweise gar keine Chance hatte, Dinge richtigzustellen. Es wurde und wird nur das wahrgenommen, was man lesen wollte und oder meinte, als Journalist ja sowieso schon zu wissen. Ein gutes Beispiel ist dabei für mich die Diskussion über mein Studium. Gewiss: Ich war keine dieser glanzvollen Studentinnen, die einen Schein nach dem anderen einheimsten, und das mit links. Der Druck war extrem hoch und ich fühlte mich total überfordert. Mehrmals fragte ich mich, ob ich das falsche Studienfach gewählt hatte und nicht doch besser den Weg zur Pastorin hätte einschlagen sollen, kein Witz. Theologie zu studieren und als Pastorin einer Gemeinde vorzustehen, das war einmal mein eigentlicher Traum. Denn ich habe Kirche als Kind und Jugendliche sehr positiv erlebt. In Großburgwedel hatten wir zu der Zeit einen großartigen Pastor. Ich war in einer Jugendgruppe. Doch als ich Freunden von meinen beruflichen Plänen erzählte, haben die gleich abgewunken und es mir ausgeredet. Ich müsste dann noch das große Latinum machen und das Graecum und dann sollte ich doch auch mal an die Theologenschwemme denken – vielleicht habe ich mich zu leicht und schnell überzeugen lassen. Damals jedenfalls war das Thema damit erledigt.
Im Medienmanagement-Studium realisierte ich dann, dass ich einfach kämpfen muss, um da irgendwie durchzukommen. Und das war hart und eine große Ernüchterung. Denn ich realisierte, dass es Kommilitonen gibt, die mit viel weniger Einsatz, als ich ihn zeigte, schneller am Ziel sind. Apropos: Ich habe das Studium nach zehn Semestern mit allen geforderten Scheinen abgeschlossen, aber ich habe keine Diplomarbeit mehr geschrieben. Und am liebsten würde ich diesen Satz noch einmal in Großbuchstaben schreiben: ICH BIN SCHEINFREI, ABER HABE KEINEN ABSCHLUSS! Daraus habe ich auch nie ein Hehl gemacht. Umso mehr ärgerte mich die ganze Debatte um mein Studium und tut es noch immer. Hat sie tatsächlich studiert? War sie tatsächlich immatrikuliert? Und diese Fragen nur, weil auf der Seite des Bundespräsidialamtes stand: »Sie studierte Medienmanagement und angewandte Medienwissenschaften am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung Hannover.« Wo ist das Problem? Genau das stimmt. Ich weiß noch, wie die Pressestelle und ich über den Text diskutierten, ihn formulierten und ich ganz klar sagte, dass sie mich natürlich nicht als »Diplom-Medienwissenschaftlerin« bezeichnen könne. Und das ist ja auch nicht der Fall. Aber ich schreibe doch nicht explizit, dass ich keinen Abschluss habe. Wenn ich mich auf einen Job bewerbe, dann erwähne ich es natürlich. Aber sonst? Das hat auch nichts mit fehlender Transparenz oder gar Vortäuschen falscher Tatsachen zu tun. Mir das zu
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