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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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die dem im Netz Geschriebenen Glauben schenkten.
    Diese Diffamierung nahm so schnell eine Eigendynamik an, dass mir ganz schwindelig wurde. Mich überkam ein Gefühl der Ohnmacht, denn ich spürte, dass sich diese anonyme Hetze im Internet nicht eindämmen lässt. Es ist die übelste stille Post, die man sich vorstellen kann, und ich wünsche sie keinem. Ich war sprachlos, entsetzt. Da wird behauptet, ich sei eine »Edelprostituierte« gewesen, und ohne zu hinterfragen, geschweige denn bei mir nachzufragen, hielt es nicht nur ein Teil der deutschen Medienwelt für möglich, sondern auch Herausgeber und Politiker tauschten sich hinter vorgehaltener Hand über mein vermeintliches Vorleben aus.
    Obwohl ich mich sonst bestimmt für eine starke Frau halte, die so schnell nichts aus der Bahn wirft, habe ich darüber in den Jahren so viel geheult – ich fragte mich: »Warum? Warum machen die das mit mir? Wer tut mir das an?« Ich weiß, es gibt die Meinung, dass solche Gerüchte doch nicht ohne Grund entstehen, dass da bestimmt irgendetwas dran sein muss, sonst wären sie ja gar nicht aufgetaucht. Wie oft habe ich darüber nachgedacht und keine logische Antwort gefunden.
    Ich weiß nur, dass kurz nach der ersten Internetdenunziation Journalisten durch Hannover zogen und in einschlägigen Läden und an bestimmten Orten nachfragten, ob ich dort einmal gearbeitet hätte. Die Presse muss es interessant gefunden haben, dass ich ab Sommer 2000 für rund zwei Jahre in einer Wohnung in der Altstadt von Hannover gewohnt habe, die an das Steintorviertel grenzt. Letzteres ist der Kiez der Stadt, aber auch ein bei jungen Leuten beliebtes Ausgehviertel. Angestachelt von Gerüchten, suchten Journalisten also nach irgendwelchen Bestätigungen. In ihren Kopfkinos lief offensichtlich ein unseriöser Streifen nach dem anderen, ohne Pause.
    Sehr schnell wurde klar, dass dies alles mit meinem Mann zusammenhing. Noch in der Nacht seiner Wahl zum Bundespräsidenten wurden renommierte Journalisten – so haben wir später erfahren – von einflussreichen Personen, darunter sogar auch andere Politiker, angesprochen, ob die Internetveröffentlichungen über mich eigentlich bekannt seien. Es wurde ein Zusammenhang hergestellt zu vermeintlich intensiven Kontakten Christians – die FAZ schrieb von »Erbfreundschaften« – zu einem hannoverschen Rechtsanwalt, der einige Immobilien am Steintorviertel besitzen soll und Rocker als Mandanten vertritt. Das war ein gefundenes Fressen. Dazu dann immer wieder dieses Gerede, ich wäre luxusverliebt – wahrscheinlich hat das den einen oder anderen Journalisten auf den Plan gerufen zu recherchieren, wild zu spekulieren und mit Sätzen von der Sorte »Bettina Körner hatte es früh drauf, mit Männern unverstellt umzugehen« oder Bezeichnungen wie »lebenslustige Bettina« und »ausgehfreudige Frau« die Fantasien der breiten Leserschaft anzuregen. Dieser Mechanismus, der sich daraus entwickelte, all diese Geschichten sind nicht nur erstaunlich, sie sind grausam und schlicht Rufmord.
    Mir war klar: Eine First Lady des Landes braucht ein makelloses, ein tadelloses Vorleben. Am allerbesten aber gar keines. Aber ich habe, wie übrigens viele andere normale Frauen auch, ein Vorleben und es ärgert mich ungemein, dass es einem als Frau, als junge Frau, abgesprochen wird, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Während Männer sich austoben dürfen, ja es sogar gesellschaftlich mehr als akzeptiert ist, dass ein Mann seine Erfahrungen machen sollte, wird Frauen dieses Recht nur in begrenztem Maße zugestanden – wenn überhaupt.
    Ein paar dieser Seiten im Internet habe ich mir angeschaut. Aber ich habe gewiss nicht alles gelesen, was da über mich geschrieben wurde. Das tue ich mir einfach nicht an, denn ich halte es nicht aus. Es war und ist schon unerträglich, wenn ich nur bei Google meinen Namen eintippe und mir automatisch dazu Begriffe wie »Rotlicht« und »Escort« angeboten werden. Ich habe eine Familie, ich bin Tochter, Schwester, Ehefrau und vor allem bin ich Mutter. Mein Sohn Leander ist nicht mehr so klein und selbstverständlich geht er auch ins Internet, googelt und wenn er dann meinen Namen eingibt und als Erstes solche Begriffe liest und auf solche Seiten kommt, dann finde ich das einfach so etwas von entsetzlich und beschämend. Für dieses Gefühl fehlen mir die Worte.
    Natürlich war auch mein Mann schockiert, als diese Gerüchte aufkamen und sich wie ein Lauffeuer verbreiteten. In keiner

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