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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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verwandeln konnten, und eine Frau, die die Gestalt einer Löwin annahm, wenn ihr danach war. Was bitte kam als nächstes? Ein Bär? Verdammt, ich sollte den Teufel nicht an die Wand malen, nachher bekam das Schicksal noch weitere merkwürdige Ideen.
    „Ja, ein Löwin. Ich komme eigentlich aus dem Sommerland, aber …“ Sie verstummte kurz, und nahm Einblick in eine Vergangenheit, die nur ihr allein zustand. „Ich bin als Kind hergekommen und aufgewachsen. Ich gehöre jetzt in dieses Rudel, das hier ist mein Zuhause.“
    Ihr Zuhause. Sie wusste wo es war, sie wusste wer sie war, hatte alles was mir fehlte. „Und wo ist mein Zuhause? Wo komm ich her?“, fragte ich schwach. Es waren nur Kleinigkeiten, aber sie waren weg, einfach so, nichts war mehr da.
    „Ich weiß es nicht“, sagte sie schlicht.
    Natürlich wusste sie es nicht, woher auch? Niemand hier wusste es, mich eingeschlossen, und dass war eine ziemlich bittere Pille.
    Als ich den Kopf wieder hob, fiel mein Blick in den Flur. Direkt gegenüber der Tür hing ein Bild von einer Frau mit langem weißem Haar.
Falsch
, sagte irgendetwas in mir. Das Bild dort war nicht richtig, es durfte da nicht hängen. Und auch die Tapete kam mir verkehrt vor. Nur weiß, dabei müsste sie eigentlich mit hellblauen Schnörkeln durchzogen sein.
    Verwirrt runzelte ich die Stirn. Wo kamen den diese Gedanken plötzlich her?
    „Was ist?“, fragte Domina. „Warum guckst du so?“
    „Das Bild, es ist … es darf da nicht hängen.“
    „Warum?“
    Das war eine wirklich ausgezeichnete Frage, aber da ich selber keine Ahnung hatte, hielt ich einfach den Mund.
    Domina erhob sich, und spähte durch die Tür. „Das ist, oder besser war, Merima, die Mutter von Prisca. Als ich noch klein war, war sie unsere Heilerin, aber das ist schon lange her.“
    Merima, also. Der Name sagte mir gar nichts, auch nicht das Gesicht. Das war nur dieses Gefühl, dass es nicht richtig war, dass dort dieses Bild hing – dass dort
überhaupt
ein Bild hing. Diese Stelle müsste leer sein, aber warum das so war, wusste ich auch nicht zu sagen.
    „Möchtest du es dir ansehen?“
    Hm, wollte ich das? Eigentlich nicht. Diese Ecke war doch recht bequem, und dort draußen waren die Monster. Hier drinnen kam es mir wesentlich sicherer vor.
    „Nun komm schon, Talita, steh auf. Prisca hat erlaubt, dass du dich hier bewegen darfst. Du bist keine Gefangene.“
    Na das sah ich aber definitiv anders. Ich durfte nicht abhauen, und wurde überwacht. Wenn das keine Gefangenschaft war, dann sollte sie mir mal erklären, was das Wort für sie bedeutete.
    „Na los, komm schon. Du brauchst keine Angst haben, Prisca hat Wulf verboten, noch mal in deine Nähe zu kommen.“
    Das musste wohl passiert sein, als sie so eindringlich auf den wütenden Wolf eingeredet hat. Bei der Erinnerung daran, spannte sich mein Körper ganz automatisch an. Diesem Kerl wollte ich kein zweites Mal begegnen.
    Domina streckte mir ihre Hand entgegen. „Wir anderen sind ganz harmlos, das verspreche ich dir. Ich werde schon aufpassen, dass dir nichts passiert.“
    Super. Eine Werkatze wollte mich vor den Werwölfen beschützen. Und was sollte ich bitte machen, wenn sie plötzlich Lust auf einen kleinen Snack verspürte?
    Unsicher sah ich von ihr zum Flur. Einfach hier sitzen zu bleiben, wäre wohl das Gescheiteste, und trotzdem erhob ich mich langsam – ohne ihre Hand zu nehmen. Ganz ehrlich, von diesen Leuten wollte ich nicht berührt werden.  Aber ich war neugierig. Ich wollte wissen, warum ich dieses komische Gefühl hatte. Das war schon aufgetaucht, als ich aus meiner Ohnmacht erwacht war. Dieses Zimmer war mir so bekannt vorgekommen, obwohl alles irgendwie verdreht wirkte.
    Vorsichtig schob ich mich Richtung Tür, spähte kurz um die Ecke, weil ich Domina nicht zu lange aus den Augen lassen wollte. Dass ich da praktisch einen Löwen im Rücken hatte, wollte mir so gar nicht gefallen. Wer konnte mir das schon verdenken?
    Der Flur war leer, weit und breit keine Seele zu sehen – besaßen diese Wesen überhaupt Seelen? Der Korridor war nicht sehr lang, hatte an beiden Enden Türen, die hinaus ins Freie führten – woher wusste ich das nun schon wieder? War ich vielleicht doch eine Spionin, die über die Gegebenheiten dieses Haus Bescheid wusste? Quatsch, das war doch Blödsinn, das musste einen anderen Grund haben.
    Als alles ruhig blieb, schob ich mich hinaus in den Korridor, direkt vor das Bild, aber es kam mir immer noch nicht richtig vor.

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