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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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Kommode wegzuziehen.
    „Hey, ich will …“
    „Ich weiß.“ Veith drehte ihn um, und gab ihn einen Stoß Richtung Bett. „Setz dich hin, bevor du dir noch wehtust.“
    Das ließ der Kleine sich nicht zweimal sagen. Breit grinsend sprang er neben mich auf die Matratze, und legte sich dann auf dem Bauch, wieder mit dem Kopf in meinem Schoß. Sollte das hier jetzt ´nen
Running Gag
werden? „Na dann, zeig uns mal den Korridor mit den Bildern.“
    Ach deswegen hatte er mich durchs ganze Haus gezerrt. Wäre ja auch zu einfach gewesen, es mir einfach gleich zu sagen.
    Veith holte eine kleine Schachtel aus der untersten Schublade seiner Kommode heraus, und setzte sich dann zu uns in das kleine Bett, nachdem er Kovus Beine zur Seite geschoben hatte. Da es sehr schmal war, rutschte ich bis an die Wand zurück – ich hatte nämlich keine Lust Veiths Laune zu erleben, sollte er wegen der Enge auf den Boden klatschen. Den kleinen Rucksack nahm ich aber vorher ab, damit es nicht im Rücken drückte. Es war zwar sehr … nennen wir es kuschelig, aber wir hatten wenigstens alle Platz. Und viel wichtiger, Veith war mir nicht so nahe, weil der Kleine – Gott sei Dank – wieder eine Barriere bildete.
    Veith tockte mit einer kleinen Holzschachtel auf Kovus Kopf, die ihm auch sogleich von dem Kleinen entrissen wurde.
    „Boas Hatzelteilchen“, grinste er, öffnete das kleine Kästchen, und hielt mir etwas unter die Nase, was mich an ein aufgeblähtes, bernsteinfarbenes Plätzchen erinnerte. Als Kovu bemerkte, dass ich das Teil von allen Seiten misstrauisch begutachtete, fing er doch glatt an zu lachen. „Das kannst du gefahrenlos essen.“ Mit einem schelmischen Blick machte er es mir vor, und sah mich dann abwartend an.
    „Auf deine Verantwortung.“ Nur eine kleine Ecke landete in meinem Mund. Es schmeckte süßlich, mit einer Note, die mich entfernt nach Vanille erinnerte, doch was genau das war, wollte ich nicht fragen, nicht nach den Rothoden. Zwar war es nicht so gut wie Boas Piru, aber durchaus essbar.
    Kovu lachte über mein Benehmen, drückte mir aber ein zweites Hatzelteilchen in die Hand, kaum dass das erste in meinem Mund verschwunden war.
    „Wolltest du uns nicht irgendwas zeigen?“, brummte Veith unhöflich.
    Ich verkniff es mir, irgendwas darauf zu erwidern. Wahrscheinlich wollte er einfach nur, dass ich mich beeilte, damit ich schnell wieder aus seinem Zimmer kam. Man, was hatte ich ihm bloß getan? Abgesehen von meiner störenden Anwesenheit natürlich.
    Ich legte die Azalee auf Kovus Rücken, und positionierte meine Finger gekonnt auf den kleinen, versilberten Schnörkeln. Das Flimmerglas erwachte sofort zum Leben, als ich meine Erinnerungen mit meiner ersten Hypnosesitzung begann.
    Es fing an mit dem kleinen Licht, dann der helle Raum mit der Tür, die sich einfach nicht öffnen lassen wollte. Kovu fand das so witzig, dass er sich vor Lachen an einem Hatzelteilchen verschluckte. Geschah ihm ganz recht. Doch als er dann den Korridor mit den Bildern meiner Erinnerungen sah, staunte er nur.
    „Das ist toll.“
    „Ja, cool, nicht?“
    Wieder zeigte sich die Verwirrung in seinem Gesicht, die die Leute um mich herum immer bekamen, wenn sie ein Wort nicht verstanden. „Cool?“
    „Das bedeutet toll, fantastisch, außerordentlichen, genial. Cool eben“, erklärte ich.
    „Cool.“ Er probierte wie sich das Wort auf seiner Zunge anfühlte, lächelte dann wieder breit, und nickte. „Ja, cool.“
    Der Kleine war echt niedlich.
    Als erstes zeigte ich ihnen die Erinnerung von mir als kleines Mädchen auf dem Jahrmarkt. Dann kam Jenn, meine Mutter – zumindest glaubte ich in der Zwischenzeit, dass die blonde Frau, mit der Taylor sich gestritten hatte, meine Mutter war –, Taylor. Als ich ihn zeigte, verbot ich mir jegliche Reaktion, sah stur geradeaus, doch ich konnte die Blicke der beiden spüren. Der Gedanke an ihn machte mir immer noch zu schaffen. Es war einfach diese Ungewissheit. Ja, er war tot, da war ich mit ganz sicher, aber ich wusste immer noch nicht, warum. War es eine Krankheit? Ein Unfall? Oder etwas, worüber ich gar nicht näher nachdenken wollte? Es gab so viele Möglichkeiten, und ich hatte Stunden damit zugebracht, sie durchzugehen, nur um am Ende genauso ahnungslos dazusitzen, wie am Anfang.
    Ich seufzte, und schaltete um zu anderen Erinnerungen, zeigte den Beiden Bildern von meiner Zeit in Sternheim, von Erion und Anwar, von Kaj und Djenan. Und Ghost durfte natürlich auch nicht fehlen.

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