Jenseits des Spiegels
mal.
Ich stutze. „Sag mal, schnüffelst du an mir?“
„Ja.“
O-kay. „Gibt es dafür einen bestimmten Grund, oder war die einfach mal danach.“
„Mir war gerade danach.“
Wie ich schon sagte, Körpernähe gab einem Wolf Sicherheit, und umso herumzualbern, musste man sich wirklich sicher fühlen.
°°°
Ich war halb im Dämmerschlaf, als ich hörte, wie die schwere Tür zur Scheune geöffnet wurde. Waren sie schon wieder zurück? Hatte Erion es bereits geschafft, sich ein Drachenherz anzueignen? Was würde er mit den Lykanern machen, jetzt, wo er alles hatte, was er wollte?
Ich bewegte mich nicht, wartete nur ab. Nicht das aufspringen und rumschreien einen Unterschied gemacht hätte, ich kam so oder so nicht aus dieser Zelle heraus – der Kleine hatte das bereits zur Genüge versucht, wie er mir verraten hatte.
Kovu, der hinter mir lag, blieb genauso ruhig. Ich wusste dass er wach war, merkte es an der plötzlichen Anspannung in seinem Arm, den er um mich geschlungen hatte. Und auch sein Atmen war anders. Konzentriert, ruhig.
Seine Körperwärme beruhigte mich. Und dann hörte ich ihn.
„Wo ist sie?“
Veith! Oh mein Gott, das war Veith! Halluzinierte ich? Nein, tat ich nicht, auch Kovu hatte auf seine Stimme reagiert. Er richtete sich hinter mir auf, und lauschte angestrengt.
„Da vorne, in der siebenten Zelle.“ Das war Kajs Stimme. Hatte sie ihn auch erwischt? Das durfte doch einfach nicht wahr sein!
Ich wartete voller Anspannung, und dann stand er plötzlich vor den Gitterstäben. Als er mich und Kovu entdeckte, glomm in seinen Augen einen kurzen Augenblick Erleichterung auf. „Sie sind hier Papá“, rief er, und rüttelte Probeweise am Gitter.
„Veith!“ Mich hielt nichts mehr auf dem Boden. Nur einen Tick vor Kovu erreichte ich die Zellentür. Gleich darauf erschien Tyge neben seinem Sohn, die Hand um den Arm einer ziemlich angeschlagenen Kaj, die das Tigerfell umklammerte, als sei es ihr rettender Anker.
„Wie habt ihr uns gefunden?“, war die erste Frage, die mir über die Lippen kam.
„Kaj war so freundlich uns über deinen Aufenthaltsort zu informieren“, sagte Veith mit tödlicher Ruhe, und ruckelte erneut am Gitter, dieses Mal mit etwas mehr Nachdruck. „Dabei erfuhren wir, dass sie auch Kovu und Julica eingefangen hatten.“
„Es war nicht Anwar, es war Erion“, sagte ich. „Er hat die …“
„Wölfe entführt.“ Veith nickte. „Das wissen wir in der Zwischenzeit auch.“
„Ja, aber er ist mit ihnen bereits weg“, redete ich weiter auf ihn ein. „Er hat Pal, Julica und Isla mitgenommen. Wir müssen ihm hinterher.“
Veith knurrte, und trat kräftig gegen das Gitter.
„Ohne Schlüssel geht die nicht auf“, informierte ich ihn.
Er warf mir einen bösen Blick zu. „Ich habe aber keinen Schlüssel, du etwa?“
„Man haben wir heute aber wieder gute Laune“, murrte ich. „Dabei bin doch ich diejenige, die hier entführt, niedergeschlagen, und in einen Käfig gesteckt wurde.“
Kovu grinste. „Außerdem ist das Essen hier eine Zumutung.“
Gott, der Kerl ist manchmal eine echte Zumutung. Wie kann er jetzt nur ans Essen denken? Das musste ´nen Männerding sein, das eine Frau niemals verstand.
„Die Schlüssel trägt Erion bei sich“, verkündete Kaj mit einem hämischen Lächeln. Aus einer Wunde an ihrer Lippe tropfte ein Wenig Blut. An der Stirn hatte sie eine Platzwunde, und nette Kratzer zogen sich über Hals und Arme. Ich musste mich gar nicht fragen, wer das war. Veith Blick, mit dem er sie erdolchte, war mir Antwort genug. „Nur er kann die Zellen öffnen“, fügte sie überlegen hinzu, ganz nach dem Motto: „Tja Leute, Endstation.“
„Außer einer von euch kann zufällig Schlösser knacken“, sagte ich.
Veiths und Tyges Blicke sollten hier nicht weiter erläutert werden.
„War ja nur so eine Idee“, sagte ich kleinlaut.
Veith zog an dem Gitter. Seine Armmuskeln spannten sich an, und …
„Das habe ich schon versucht“, sagte Kovu. „Keine Chance. Die sind extra für Lykaner konstruiert worden.“
Um seinem Frust ein Ventil zu geben, trat Veith gegens Gitter. Na toll, das war ja wieder typisch. Gab ich ihm einen hilfreichen Tipp, reagierte er mit Sarkasmus, tat Kovu das gleiche, akzeptierte er es einfach.
Kajs Lächeln wurde breiter. „Ihr kriegt sie nicht raus.“
Und das nächste geschah so schnell, dass ich es nicht richtig mitbekam. Veith wirbelte herum, packte Kaj an der Kehle, und drückte sie mit so viel
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