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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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jedoch weiterhin eine verärgerte Miene zur Schau. »Ich habe Verständnis für Ihre Gründe, dennoch bin ich nach wie vor der Meinung, Sie hätten nicht so lange schweigen dürfen. Wie dem auch sei, ich werde den König davon in Kenntnis setzen, sobald er von seinem Jagdausflug zurück ist.«
    Gerade, als er sich zum Gehen abwandte, sagte Vilonor: »Mir ist doch noch etwas eingefallen, das von Bedeutung sein könnte.« Er machte eine Pause. »Ich habe damals einen kurzen Blick auf die gefälschten Papiere werfen können.«
    Borey hielt in seiner Bewegung inne, zog eine Augenbraue hoch und warf Vilonor einen erwartungsvollen Blick zu. »So?«
    Der Kammerdiener senkte die Stimme zu einem Flüstern. Jonneth presste sein Ohr dichter an den Türspalt, um kein Wort zu verpassen. Vilonor hatte tatsächlich etwas zu berichten, das Jonneth’ Laune sichtlich aufhellte. Vielleicht gab es doch noch eine Lösung für das Problem der Venells ...

    *
    »Tischst du mir schon wieder ein Märchen auf?«
    Der kalte Ausdruck in Jahams Augen jagte Jonneth einen Schauder über den Rücken. Er hätte sich nach all den Jahren längst daran gewöhnen müssen, doch noch immer schaffte es sein Vater, ihm Angst einzujagen.
    »Ich erzähle keine Märchen!« Wieder einmal brandete eine Woge aus Zorn über Jonneth hinweg. Er musste ein hohes Maß an Selbstbeherrschung aufbringen, um den Teller mit heißer Rinderbrühe, der vor ihm auf dem Tisch stand, nicht gegen eine Wand zu werfen. Seine Mutter Annah beäugte ihn von der anderen Seite der Tafel aus mit kritischen Blicken, doch sie schwieg. Sie schwieg immer, wenn Jaham und er aneinandergerieten. Kluge Frau.
    Jaham griff nach einem Brotkanten, zog das Butterfass heran und stippte die knusprige Kruste hinein. Er nahm einen großen Bissen und kaute gemächlich, anstatt etwas zu erwidern. Jonneth hasste es, wenn sein Vater ihn mit Desinteresse strafte. Seit der König Elane enterbt hatte, ignorierte Jaham ihn demonstrativ.
    »Glaub es oder nicht«, sagte Jonneth und kratzte mit dem Griff seines Löffels so hart über die Tischplatte, dass eine Kerbe im Holz verblieb. »Ich bin der Meinung, man sollte verhindern, dass der Neffe des Königs gefunden wird. Und nach dem, was dieser Diener berichtet hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Cyles auftaucht.«
    Jaham, wie jeden Abend tadellos gekleidet und rasiert, verdrehte die Augen. »Du willst mir also weismachen, ein Kammerdiener wisse, dass der leibliche Neffe des Königs mit gefälschten Papieren unterwegs ist und in Budford lebt. Selbst, wenn es so wäre, was haben wir davon?«
    Er stieß ein tiefes Knurren aus. »Wenn Adoran erfährt, wie sich sein Neffe jetzt nennt, wird er ihn schnell finden. Unsere Chance auf den Thron wäre damit ein für alle Mal dahin. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir den umständlichen Weg mit der Hochzeit nicht erst eingeschlagen.«
    »Aber Jonneth, ich wusste gar nicht, dass du so wild darauf bist, König zu werden.« Jaham lächelte bitterböse. »Ich habe dich immer für einen verweichlichten Feigling gehalten, den seine Mutter zu einem Drückeberger erzogen hat. Anscheinend gibt es doch noch Disziplin und Ehrgeiz in dir.«
    Obwohl Jonneth sich hätte beleidigt fühlen müssen, schmeichelten die Worte seines Vaters auf eine seltsame Art und Weise. War er wirklich schon so tief gesunken, für ein wenig Anerkennung über Leichen zu gehen? Es stimmte, er war nie wild auf die Königswürde gewesen, doch sein Vater würde ihn dann respektieren müssen, anstatt ihm ständig Vorhaltungen zu machen, wie fehlerhaft er war.
    »Wo ist die Göre überhaupt?«, riss Jaham ihn aus seinen Gedanken.
    »Ich habe Elane in ihr Zimmer gesperrt. Dummerweise hat sie alles mitgehört, was dieser Vilonor erzählt hat.«
    Jaham machte eine abwertende Handbewegung. »Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun? Wenn deine Geschichte wahr ist, hat Borey es sicher längst dem König erzählt. Es ist zu spät.« Jaham biss erneut in das Stück Brot. Als er fortfuhr, waren seine Worte kaum zu verstehen, denn er sprach mit vollem Mund. Jonneth hätte für dieses schlechte Benehmen einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen. »Und wenn es König Adoran erst weiß, weiß es bald die ganze Stadt.« Er schluckte den Bissen hinunter.
    »Borey kann dem König noch nichts erzählt haben«, zischte Jonneth. »Adoran befindet sich auf einem Jagdausflug. Wenn wir verhindern, dass Borey oder Vilonor den Mund aufmachen, gibt er die Suche nach

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