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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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seinem Neffen vielleicht bald auf. Dann setzt er Elane vielleicht doch wieder als Erbin ein. Der Thron muss vom Namen Durvin gesäubert werden.«
    Annah schnappte geräuschvoll nach Luft, sagte jedoch nichts. Jaham lehnte sich im Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und verfiel in Schweigen, als müsste er angestrengt nachdenken. Als er endlich wieder das Wort erhob, hatten Jonneth und seine Mutter ihre Suppenteller bereits geleert.
    »Adoran wird die Enterbung nicht rückgängig machen. Diese Blöße wird er sich nie geben. Aber dein Gerede ist dennoch nicht so dumm wie sonst.« Ein hämisches Grinsen breitete sich auf Jahams Gesicht aus. »Allerdings denkst du noch immer zu umständlich. Wir könnten die Enterbung Elanes vielleicht sogar zu unserem Vorteil nutzen.« Er verengte die Augen zu Schlitzen und stieß ein boshaftes Lachen aus. »Nehmen wir an, Borey und Vilonor schweigen, Cyles wird nie gefunden und Adoran verliert durch ein furchtbares Missgeschick sein Leben, dann wäre ich als sein Cousin in jedem Fall der Nächste in der Erbfolge, da Elane nicht mehr infrage käme. Der Thron würde mir gehören.«
    »Aber Jaham! Das kannst du doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen«, sagte Annah.
    Jaham hob die Hand, als wollte er sie schlagen. Sie wich zurück. »Ich habe dir schon hundert Mal gesagt, dass du dein Maul halten sollst, wenn ich mich unterhalte.« Er schlug mit der Faust so fest auf den Tisch, dass das Geschirr klapperte.
    Annah winselte, doch Jonneth ignorierte es. Sein Vater hatte seine Neugier geschürt. »Und was genau sollen wir jetzt tun?«
    Jaham setzte zu einer Antwort an, doch die Tür zum Speisezimmer schwang auf. Einer der Hausangestellten schob einen Servierwagen hindurch, räumte die leeren Suppenteller und das Brot ab und platzierte große Tabletts mit dem Hauptgang auf dem Tisch. Es gab Wildbraten mit Preiselbeersoße. Der Duft stieg Jonneth in die Nase, doch er fühlte sich viel zu nervös, um ans Essen zu denken. Erst als der Diener die Tür hinter sich schloss, ergriff Jaham das Wort.
    »Ich bin mir noch nicht sicher, was wir genau tun können. Aber ein ähnlicher Plan schwirrt mir schon seit Jahren im Kopf herum. Als man Elane schließlich an dich versprochen hat, habe ich ihn begraben. Immerhin wärest dann zumindest du früher oder später König geworden.« Jaham griff nach der Fleischgabel und nahm sich ein dickes Stück von der Servierplatte. Annah würdigte dem Hauptgang indes keines Blickes. Sie starrte auf die Tischplatte und schniefte.
    »Wie dem auch sei, ich denke, es ist an der Zeit, den alten Plan aufleben zu lassen«, fuhr Jaham fort. »Du hast mich auf eine Idee gebracht, mein Sohn.« Er lächelte kühl.

Neun
    Ein unerwartetes Angebot
    E r war frei. Endlich. Er durfte tun, wonach ihm der Sinn stand, zum ersten Mal seit Jahren. Niemand würde ihn wegen Missachtung irgendeiner sinnlosen Regel bestrafen. Ha! Ein wunderbarer Gedanke. Er fühlte sich unendlich befreit, wieder Herr über sein Schicksal zu sein.
    Kjoren sog die frische Morgenluft tief in seine Lungen. Die weiten Graslande im Südosten von Lyn waren zwar nicht mehr so wild und unberührt, wie sie es noch vor wenigen Jahren gewesen waren, doch noch immer lag der vertraute Geruch von feuchter Erde und blühenden Wildblumen in der Luft. Die Gräser wiegten sich im Wind, schwer von ihren Samen.
    Kjoren zurrte den Rucksack fester und setzte seinen Weg fort. So nahe der Küste blies ihm der Wind unerbittlich um die Ohren. Er konnte es kaum erwarten, in die schützenden Gassen eines Dorfes zu gelangen. Seine Haare hingen verfilzt und strähnig wie bei einem Penner hinab und die Haut juckte ausgetrocknet von dem ewigen Sturm, der stets um Yel tobte. Aber er war endlich frei, und das war alles, was zählte.
    Doch die Freiheit hatte ihren Preis. Kjoren würde sich einen Platz in der Welt fern der Kaserne von Valana erkämpfen, dabei musste er jedoch stets auf der Hut sein, denn ihn erwartete die Todesstrafe, sollte sein Regiment ihn je ergreifen. Alles hatte seine Schattenseiten, und das immerwährende Versteckspiel war nur eine von ihnen. Es bestand ebenso die reelle Chance, zu verhungern, Räubern zum Opfer zu fallen, oder als Dieb in der Gosse zu enden. So ungezwungen sein Leben nun auch sein würde, so gefährlich war es auch. Außerdem musste er dringend seinen Vater warnen. Durch seine Flucht hatte Kjoren ihn mit ins Verderben gezogen. Damit würde sein alter Herr leben müssen, immerhin

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