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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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unzähligen Leibwachen. Und jetzt musste sie vielleicht sterben. Sie zwang sich gewaltsam zur Ruhe. Wenn der Firune sie nur vergewaltigte, konnte es kaum schlimmer werden als das, was Jonneth ihr regelmäßig antat. Mit dem einzigen Unterschied, dass ihr Peiniger Firune war. Der widerliche Gedanke ließ sie würgen, er war unnatürlich und abstoßend, doch Hauptsache sie überlebte.
    Der Mann beugte sich zu ihr herab und packte ihr Kinn mit einer Hand. Er führte sein Gesicht nahe an ihres. »Jetzt werden die Drecksvalanen sehen, was ich mit euch Frauen mache«, presste er hervor. Er riss den Rock unter ihren Knien hervor und seine Finger glitten darunter. Sie schrie, aber das Stück Stoff in ihrem Mund erstickte jeden Laut, der ihrer Kehle entwich. Sie trat und schlug weiter um sich, doch der Firune drückte sie mit seinem Körpergewicht auf den Boden. Sie hatte keine Chance gegen ihn. Sie schloss die Augen in Erwartung des Unvermeidlichen, fühlte sich einer Ohnmacht nahe, seine harten Lippen an ihrem Hals, seine raue Hand auf ihrer Haut. Ihr Höschen zerriss. Der Gedanke, das Bewusstsein zu verlieren, hatte etwas Tröstliches an sich. Sie wünschte sich nichts mehr als das.
    Plötzlich ließ der Druck auf ihr nach. Als sie die Augen öffnete und hochblickte, lag der Firune rücklings neben der kurzen Treppe, die zum Hauseingang führte. Ein anderer Mann stand mit dem Rücken zu ihr. Er packte den Schmierfink an den Haaren, riss ihn auf die Beine und schlug ihm hart ins Gesicht. Blut spritzte aus der Nase des Firunen, er taumelte. Elane saß starr vor Schreck mit dem Rücken gegen die Wand gepresst. Sie zitterte wie Espenlaub. Ein weiterer Mann tauchte auf einmal auf.
    »Mach, dass du verschwindest«, rief er ihrem Peiniger hinterher, der mit blutigem Gesicht das Weite suchte.
    Der Mann, der ihm ins Gesicht geschlagen hatte, kam langsam auf sie zu, reichte ihr die Hand und zog sie auf die Beine. Er löste den Riemen um ihren Kopf und nahm den Stoff aus ihrem Mund. Elane spuckte die Flusen aus und würgte vor Grauen, obwohl es sich für eine Dame nicht gehörte. Hastig versuchte sie, mit den zerfetzten Resten ihres Kleides ihren Körper zu bedecken. Sie hob den Blick.
    »Danke, ich ...« Sie stockte. Am Hals des Mannes, der vor ihr stand und sie erwartungsvoll ansah, prangte ein eisernes Halsband. Bunte Federn klebten daran, als fände er das Teil auch noch schön. Elane wusste nicht, was sie mehr in Verwunderung versetzte: Dass ihr jemand geholfen hatte oder dass es ein Firune war.
    »Nichts zu danken«, sagte er. »Budford ist eine schreckliche Stadt. Ich hoffe, Ihnen ist nichts passiert.« Er klang freundlich, auch wenn seine Stimme leise und knurrend war. Elane schüttelte den Kopf. Das Dokument! Sie ging mit zittrigen Beinen die kurze Treppe hinunter und suchte hektisch die Straße mit den Augen ab.
    »Wo ist es?«, stieß sie hervor. »Das Dokument! Wo ist es nur?« Tränen der Verzweiflung schossen ihr in die Augen. Der Umschlag war fort. Kaltes Grausen ergriff sie und kurz wunderte sie sich darüber, dass ihr ein verlorenes Dokument mehr zusetzte als eine knapp entgangene Vergewaltigung. Vermutlich dachten die beiden Männer nicht anders, denn sie zogen verwundert die Stirn kraus.
    »Ein Dokument? Ist Ihnen nicht wohl, Lady?«, fragte der zweite Mann. Elane wandte ihm den Kopf zu. Er war Valane, aber keineswegs entsprechend gekleidet. Um seine Beine schlotterte eine viel zu große abgetragene Hose. Er wirkte müde und krank. Elane kam sein Gesicht bekannt vor, doch sie wusste ihn nicht einzuordnen.
    »Ich bin nach Budford gekommen, weil ich ein Geschäft abwickeln musste. O b armherziger Gott, mach, dass das nicht wahr ist!« Sie griff sich in die Haare und drehte sich einmal um die Achse. Fassungslosigkeit und Panik schüttelten sie. Sie konnte unmöglich zurückkehren in den Palast. Jonneth würde sie töten.
    »Jetzt beruhigen Sie sich doch erst einmal«, sagte der Firune. »Was ist ein Stück Papier im Vergleich zu Ihrem Leben?«
    Elane hätte ihm für die Aussage am liebsten ins Gesicht geschlagen, doch sie war ihm zu Dank verpflichtet. Er konnte ja nicht ahnen, dass dieses Dokument ihr Leben bedeutete. Elane atmete tief durch und zwang sich, Ruhe zu bewahren.
    Der Firune wechselte einen Blick mit dem Valanen und wandte sich wieder an Elane. »Wenn ich es nicht so eilig hätte, würde ich Sie zu einer Tasse Tee im Grünen Gockel einladen«, sagte er.
    Elane starrte ihn mit offenem Mund an wie eine

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