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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Lebensmut verloren.
    »Hör auf, mit Absicht Zeit zu schinden. Das bringt uns nicht weiter.«
    »Du hörst dich an wie eine Mutter, die ihr Kind für seine Nachlässigkeit tadelt.« Er seufzte leise. »Weshalb sollte ich mich beeilen? Wir wissen doch noch nicht einmal, wohin wir gehen wollen.« Leroy rieb sich mit der Handfläche über das Gesicht. Er seufzte abermals. »Am liebsten wäre mir, wir gingen zurück nach Feddys und sehen nach, ob sie meinen Vater mitgenommen haben. Die Ungewissheit macht mich krank.«
    Elane blies die Wangen auf und stieß ein abfälliges Geräusch aus. »Du hast dich jahrelang nicht um deine Eltern gesorgt, weshalb ausgerechnet jetzt? Außerdem können wir nichts für ihn tun. Ich wette, sie haben ihn mitgenommen, um mehr Informationen aus ihm herauszubekommen. Wahrscheinlich haben sie unser Gespräch belauscht. Jaham würde über Leichen gehen, um seine Macht zu vergrößern. Wir haben nur eine einzige Chance: Wir müssen dieses dumme Tagebuch aus dem Kloster holen, bevor Jaham es tut.« Elane spürte unzählige feine Stiche in der Brust. Sorgte sich Leroy denn überhaupt nicht um Kjoren? Elane verbot sich den Gedanken. Es gab tatsächlich Wichtigeres, als sich um einen Firunen zu sorgen. Es war töricht, ihm hinterherzutrauern, denn hier ging es schließlich um alle Firunen und um vieles mehr.
    Leroy lachte, kalt und unecht. »Wie stellst du dir das vor? Soll ich mich allein gegen eine Armee stellen? Außerdem interessiert es mich nicht, was Jaham vorhat. Soll er die Firunen doch alle versklaven.« Er verschränkte die Arme vor dem Körper wie ein trotziges Kind.
    Eine Blase der Empörung stieg in Elane auf und platzte. »Erst sind es die Firunen, dann der Rest der Welt. Du kannst dich selbst gern belügen, aber ich kaufe dir deine gespielte Gleichgültigkeit nicht ab. Du hast ein besseres Herz, als du zugeben willst.« Leroy ließ ihre Worte unkommentiert.
    Elane verschloss die Tür der Hütte, strich sich das grobe Leinenhemd glatt und wandte sich nach Nordwesten. Die Sonne ging gerade erst auf, dichte Nebelfelder waberten über dem feuchten Grasland. Wenige Atemzüge später hörte sie hinter sich die Schritte von Leroy. Ein erleichtertes Gefühl machte sich in ihr breit.
    »Und was willst du jetzt genau machen, Fräulein Weltenretterin?« Hohn und Spott trafen sie nicht unvorbereitet.
    »Ich habe einen Plan«, sagte sie und reckte das Kinn in die Höhe, um ihre Würde zu behalten. »Und ich hoffe, dass du mir folgen wirst. Ich gehe nach Valana und sehe nach, ob ein Luftschiff vor Anker liegt, das mich nach West-Fenn bringt, von wo aus ich mich auf den Weg zu diesem Kloster machen werde.« Elane wunderte sich über ihren Tatendrang. Sie erkannte sich kaum wieder. Die Entbehrungen der vergangenen Tage hatten sie nicht etwa zermürbt, sondern aufleben lassen. Sie fühlte sich frei von den Zwängen bei Hofe, frei von den Demütigungen.
    Leroy lachte und diesmal aus vollem Herzen. »Hast du Geld? Und woher willst du wissen, dass man in Valana nicht auch nach uns sucht?«
    Elane blieb stehen, drehte sich zu Leroy um und holte einen kleinen Brustbeutel aus ihrem Ausschnitt hervor. »Ich habe kein Geld, denn Jonneth hat mir nie welches gegeben. Aber ich habe einen Freischein für die Benutzung von Luftschiffen.« Sie zog ein kleines quadratisches Stück Papier aus dem Beutel und wedelte damit vor Leroys Nase herum. Er lächelte sprachlos und sie freute sich diebisch mit ihm.
    Jonneth konnte nichts von dem auf ihren Namen ausgestellten Fahrschein wissen, den sie vor vielen Jahren von Adoran bekommen hatte. Sie hatte ihn immer eng am Körper getragen, nicht seiner Funktion wegen, sondern weil es ein Geschenk ihres Onkels gewesen war. Beinahe hätte sie ihn vergessen, denn sie hatte sich an den kleinen ledernen Beutel, der an einer Schnur um ihren Hals hing, im Laufe der Jahre gewöhnt.
    Für den Rest des Tages sprachen sie nur noch wenig, aber zumindest hatte Leroy es aufgegeben, sich zu beklagen. Er jammerte auch nicht mehr darüber, dass er seinen Vater im Stich gelassen hatte. Er folgte ihr ohne Murren und Klagen. Sein Wille schien gebrochen. Er hatte keine Wahl. Er musste endlich erkannt haben, wie wichtig es war, dem Letzten Willen seines Vaters nachzukommen. Bjart hatte Leroy darum gebeten, sein Bestes zu geben, um das Land vor dem Absturz zu bewahren. Leroy schien ein aufrichtiger Kerl zu sein, in dem Ehre und Stolz wohnten, auch wenn die Eigenschaften oftmals von anderen, weniger

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