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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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innezuhaben. Unter normalen Umständen hätte Kjoren ihn ausgelacht, während er ihn mit einer Hand zerquetschte. Doch Nathan führte ein Gewehr mit sich, also ersparte er sich seine Kommentare. Obwohl ... Vielleicht war es keine schlechte Idee, sich gleich an Ort und Stelle erschießen zu lassen, anstatt am Strang qualvoll zu ersticken. Mit jeder Stunde, die verstrich, liebäugelte er mehr mit der Vorstellung. Er brauchte dem Wiesel nur ins Gesicht zu spucken, das würde ihn vermutlich schon hinreichend provozieren.
    Ein anderer Soldat hieß Joff. Er hatte eine krumme Nase, vermutlich war sie von jemandem zu Brei geschlagen worden. Kjoren nannte ihn Krähe. Der Mann auf dem Pferd hieß Ben. Er sah aus, wie einer, den man gemeinhin als Durchschnittstypen bezeichnete. Er sprach nicht viel, weshalb es Kjoren schwerfiel, ihm einen passenden Beinamen zu geben. Den Namen des Mannes, der den Eselskarren führte, kannte er nicht. Aber da er einen verdrehten Fuß hatte, nannte er ihn schlicht Krüppel. Und dann war da natürlich noch Wayne, der Geier. Er gehörte zu den Männern, die ihn brutal aus Bjarts Hütte geprügelt hatten. Kjoren hasste ihn am meisten. Die restlichen Männer erhielten keine Namen. Sie beschäftigten sich nicht mit den Gefangenen, sondern trotteten schweigend hinterher.
    Am Abend des dritten Tages – Kjoren hatte keine Ahnung, wo genau zwischen Feddys und Valana sie sich befanden – gingen einige der Männer mit den Gewehren zur Jagd. Vermutlich waren sie es satt, sich von schimmeligem Brot und Trockenfleisch zu ernähren. Dieser Fraß schien für ihre Gefangenen gerade gut genug. Nur sieben Männer blieben beim Nachtlager, während die anderen durch die karge Graslandschaft streiften. Sie lagerten weit abseits der Straße. Der schneidende Wind zeugte von der Nähe des Abgrunds. Kjoren und Bjart lagen zusammengerollt auf dem feuchten Gras und versuchten vergeblich, etwas Schlaf zu finden. Stille erfüllte das Lager. Kjoren lauschte. Die verbliebenen Männer dösten im Schein des mickrigen Feuers. Sie befürchteten nicht, dass ihre Gefangenen versuchen könnten zu entkommen. Wie weit sollte ein aneinander gefesseltes Paar im Dunkel der Nacht schon kommen? Zudem war ihnen sicher nicht entgangen, dass der alte Bjart bereits am Rande seiner Kräfte war.
    Bjart robbte näher an ihn heran. Er lag auf dem Rücken, beobachtete den wolkenverhangenen Himmel und versuchte verzweifelt, seine Schmerzen zu ignorieren.
    »Hey«, flüsterte Bjart. Er vermied es , seinen richtigen Namen zu nennen. Kjoren warf zuerst ihm und dann den Soldaten einen flüchtigen Blick zu. Ihnen war es verboten, miteinander zu reden.
    »Was?«, flüsterte er zurück.
    »Ich wollte dich schon die ganze Zeit etwas fragen.« Bjarts Kopf lag nun dicht neben seinem. Kjoren bemerkte, dass seine Augen jeglichen Glanz verloren hatten. »Du sagtest, Svorolf wäre der Name deines Vaters.« Im Laufe ihrer Reise waren sie, ohne sich viel zu unterhalten, von einem höflichen Sie zum kameradschaftlichen Du übergegangen – bis sie starben.
    Kjoren runzelte die Stirn. Wie konnte Bjart für so etwas riskieren, von den Soldaten bei einer verbotenen Unterhaltung erwischt zu werden?
    »Ja, stimmt.«
    »Dein Vater war ebenfalls Mitglied des Geheimbundes.«
    Kjoren stieß die Luft zwischen den Zähnen aus. »Das weiß ich, ich durfte seine Strafe für ihn ausbaden!« Er wusste nicht, ob er Stolz oder Wut empfand. Bjart nickte. Als könnte er seine Gedanken lesen sagte er: »Du musst dich für nichts schämen oder Groll empfinden. Dein Vater ist ein anständiger Kerl.« Bjart lächelte das erste Mal seit Tagen. »Wir Firunen müssen doch zusammenhalten, nicht wahr?«
    Kjorens Blick irrte zur Seite.
    Noch immer rührten die Soldaten sich nicht. Er nickte Bjart zu. Kjoren hatte nie viel darüber nachgedacht, ob es einen Unterschied zwischen den Rassen gab, aber die Ereignisse der vergangenen Wochen hatten ihn beinahe dazu getrieben, böse Vorurteile gegen alle Valanen zu hegen. Er war froh, dass er in Bjart einen Leidensgenossen gefunden hatte.
    »Kjoren, ich möchte dich um etwas bitten«, sagte Bjart. Das Lächeln gefror auf seinen Lippen und wich einer ernsten Miene, in die sich tiefe Sorgenfalten gruben. »Sie wissen von dem Tagebuch des Königs, und sie wissen von der Formel. Sie haben uns belauscht und werden mich foltern, weil sie glauben, ich wüsste mehr. Sie werden mich für mein Mitwirken an den Verbrechen am valanischen Königshaus töten, auf

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