Jenseits von Afrika
Verwalters beantworten. Meine Hausboys fragten mich, was ich täte; als ich ihnen erzählte, ich versuchte, ein Buch zu schreiben, da nahmen sie es für einen letzten Versuch, die Farm durch die harten Zeiten zu retten, und bekundeten ihren Anteil daran. Sie kamen herein und standen lange Zeit da und beobachteten den Fortgang; in dem getäfelten Zimmer hatten ihre Köpfe so ganz die Farbe der Täfelung, daß es abends aussah, als wären es nur weiße Gewänder, die, an die Wand gelehnt, mich umstanden.
Mein Eßzimmer sah nach Westen und hatte drei lange Fenster, die sich auf die gepflasterte Terrasse, den Rasen und den Wald öffneten. Das Land senkte sich hier zum Fluß hinab, der die Grenze zwischen mir und den Massai bildete. Der Fluß selbst war vom Hause aus nicht zu sehen, aber man konnte seinen gewundenen Lauf an dem Band der großen dunkelgrünen Akazien verfolgen, die seine Ufer begleiteten. Drüben stieg das waldige Land wieder empor, und über den Wäldern lagen die grünen Steppen, die bis zum Fuß des Ngonggebirges reichten.
»Wäre mein Glaube so stark, daß er Berge versetzen könnte – dies wäre der Berg, den ich zu mir rufen würde.«
Der Wind wehte von Osten, die Türen meines Eßzimmers lagen windab und waren immer offen. Darum stand die Westseite des Hauses bei den Schwarzen in Gunst, sie wählten ihre Wege so, daß sie hier vorüberkamen, um mit dem, was drinnen vor sich ging, in Fühlung zu bleiben. Aus dem gleichen Grunde brachten die kleinen Hirtenjungen ihre Ziegen hierher und ließen sie auf dem Rasen weiden.
Diese kleinen Buben, die mit ihren elterlichen Ziegen und Schafen die Farm durchstreiften und nach Weideplätzen suchten, waren in gewisser Weise das Bindeglied zwischen dem Leben in meinem zivilisierten Hause und dem Leben der Wildnis. Meine Hausboys mißtrauten ihnen und sahen es nicht gern, wenn sie in die Zimmer kamen, aber die Kinder hatten eine echte Liebe und Begeisterung für Kultur, und für sie barg sie keine Gefahren, denn sie konnten ihrer, wann sie Lust hatten, wieder entraten. Das tragende Symbol der Kultur war für sie eine alte deutsche Kuckucksuhr, die im Eßzimmer hing. Inmitten eines Gebüsches von roten Rosen riß zu jeder vollen Stunde ein Kuckuck sein Türchen auf und schoß daraus hervor, um mit heller frecher Stimme die Zeit zu verkünden. Sein Erscheinen war für die jugendlichen Bewohner der Farm jedesmal ein neues Vergnügen. Am Stand der Sonne schätzten sie genau ab, wann der Mittagsruf fällig war, und um Viertel vor zwölf konnte ich sie von allen Seiten auf das Haus zuströmen sehen, hinter sich einen Schwanz von Ziegen, die sie nicht allein zurückzulassen wagten. Die Köpfe der Kinder und der Ziegen schwammen durch das Buschwerk und das lange Gras des Waldes wie die Köpfe von Fröschen in einem Teich. Sie ließen ihre Ziegen auf dem Rasen und kamen lautlos auf ihren nackten Füßen heran; die größeren waren zehn, die kleinsten zwei Jahre alt. Sie benahmen sich musterhaft und beachteten eine Art selbsterfundenes Besuchszeremoniell, das darin bestand, daß sie ungehindert im Hause umhergehen durften, solange sie nichts anfaßten, sich nicht setzten und nicht unangesprochen den Mund aufmachten. Wenn der Kuckuck hervorgestürzt kam, ging eine lebhafte Welle von Entzücken und verhaltenem Lachen durch die Schar. Zuweilen geschah es auch, daß einer von den kleinen Hirten, dem das Gefühl von Verantwortung für seine Ziegen abging, am frühen Morgen ganz allein hereinkam, sich lange vor die Uhr hinstellte, die stumm und verschlossen dahing, und ihr auf kikuju in langsamem Singsang eine Liebeserklärung vortrug und gemessenen Schrittes wieder davonging. Meine Hausboys lachten über die Hirtenbuben und trauten den Kindern zu, daß sie dumm genug wären, den Kuckuck für lebendig zu halten.
Doch kamen sie selber herein, um zu schauen, wie die Schreibmaschine arbeitete. Kamante stand bisweilen abends eine Stunde lang an der Wand, seine Augen, schwarze Tropfen unter den Lidern, gingen rastlos hin und her, als meinte er, auf die Art so viel von der Maschine lernen zu können, daß er sie auseinandernehmen und wieder zusammensetzen könnte.
Eines Abends blickte ich auf und begegnete seinen tiefen aufmerksamen Blicken; nach einer Weile fing er zu reden an.
»Msabu«, sagte er, »glaubst du, daß du ein Buch schreiben kannst?« Ich erwiderte, daß ich das nicht wisse. Will man sich ein Gespräch mit Kamante recht vorstellen, so muß man sich vor jedem Satz
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