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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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nicht nach orthodoxem Ritus von einem Mohammedaner durchschnitten ist. Diese Regel war auf Jagdzügen häufig recht hinderlich, wenn man wenig Proviant mitführte und die Ernährung der Leute mit erlegtem Wild bestreiten mußte. Wenn man ein Kongoni schoß und es fiel, stürzten die Mohammedaner wie Wölfe auf es zu, um ihm noch rechtzeitig, bevor es verendete, die Kehle zu durchschneiden; erwartungsvoll und mit fiebernden Augen sah man ihnen nach, denn wenn sie sich mit hängenden Armen und Köpfen herunterbeugten, dann hieß es, daß das Kongoni verendet war, bevor sie es erreicht hatten, und daß man noch ein Kongoni anpirschen mußte, wenn die Mannschaft nicht verhungern sollte. Als ich zu Beginn des Krieges mit meinem Ochsenkarren auszog, traf ich am Abend vor der Abfahrt zufällig oben in Kijabe den mohammedanischen Scherif und fragte ihn, ob er meine Leute nicht für die Dauer des Jagdzuges von dem Gesetz befreien könne. Der Scherif war ein junger, aber weiser Mann; er sprach mit Farah und Ismael und erklärte sodann: »Diese Dame ist eine Jüngerin von Jesus Christus. Wenn sie ihr Gewehr abdrückt, wird sie sprechen oder zumindest in ihrem Herzen sagen: ›Im Namen Gottes.‹ Dies wird ihre Kugel ebenbürtig machen dem Messer eines rechtgläubigen Mohammedaners – so lang, als diese Reise währt. Ihr könnt das Fleisch der Tiere essen, die sie schießt.«
    Das Ansehen der christlichen Religion hat in Afrika durch die gegenseitige Unduldsamkeit der christlichen Konfessionen viel gelitten.
    Zu Weihnachten hatte ich, solange ich in Afrika lebte, die Gewohnheit, zur französischen Mission hinüberzureiten und die Mitternachtsmesse zu hören. Es war um diese Jahreszeit meist heiß – wenn man durch die Akazienpflanzungen ritt, hörte man das Läuten der Missionsglocken weithin durch die klare warme Luft. Eine Menge froher, bewegter Menschen war, wenn man ankam, auf dem Platz bei der Kirche versammelt; die französischen und italienischen Kaufleute aus Nairobi waren hinausgekommen, die Nonnen von der Klosterschule waren zugegen, und die Eingeborenengemeinde erschien in fröhlichen Festgewändern. Die schöne große Kirche strahlte von Hunderten von Kerzen und von großen Transparenten, die die Patres selbst verfertigt hatten.
    Als es in dem ersten Jahr, seit Kamante in meinem Hause war, Weihnachten wurde, sagte ich ihm, ich würde ihn, da er auch ein Christ sei, mit zur Mette nehmen, und erzählte ihm in der Weise der Patres von all dem Schönen, das er dort sehen würde. Kamante hörte sich alles an, bewegte es in seinem Herzen und holte seine besten Kleider hervor. Als aber der Wagen vor der Türe stand, kam er in großer seelischer Erregung wieder und sagte, er könne unmöglich mitfahren. Er wollte mir keinen Grund sagen und wich meinen Fragen aus; schließlich rückte er heraus. Nein, er könne nicht mitgehen, er habe jetzt erst gehört, daß es die französische Mission sei, zu der ich ihn mitnehmen wolle, und er sei vor dieser Mission so dringend gewarnt worden, als er im Krankenhaus gewesen sei. Ich setzte ihm auseinander, das sei doch ein Mißverständnis, er müsse gleich mitkommen. Aber bei diesen Worten fing er vor meinen Augen an zu erstarren; wie bei einem Sterbenden verdrehten sich seine Augen, daß nur das Weiße hervorsah, auf dem Gesicht trat der Schweiß heraus. »Ich komme nicht mit. In der großen Kirche, das weiß ich, ist eine Msabu, die ist ›mbaia sana‹ – furchtbar böse.« Als ich das hörte, wurde ich sehr betrübt, aber ich sagte mir, daß ich ihn nun bestimmt mitnehmen mußte, damit ihn die Jungfrau selbst erleuchten möchte. Die Patres hatten in ihrer Kirche eine lebensgroße Figur der Heiligen Jungfrau aus Pappmasse, ganz in Weiß und Blau, und auf die Schwarzen machten Statuen in der Regel einen tiefen Eindruck, während es ihnen schwerfällt, die Darstellung eines Gemäldes zu verstehen. Ich versprach also Kamante, ihn zu schützen, und nahm ihn mit, und als er in die Kirche eintrat, immer dicht an meinen Fersen, vergaß er alle seine Bedenken. Es war die schönste Christmette, die ich je in der Mission miterlebt habe. In der Kirche stand eine große Krippe, eine Grotte mit der Heiligen Familie, frisch aus Paris importiert, von leuchtenden Sternen aus einem blauen Himmel erhellt, mit hundert Spielzeugtieren, hölzernen Kühen und schneeweißen baumwollenen Lämmern in etwas merkwürdigen Größenverhältnissen, die sicherlich in den Herzen der Kikuju helle Begeisterung

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