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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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über etwas zu wundern. Es war, als hätte ich die Nachmittagsstunde auf der steinernen Bank in Gesellschaft eines sehr kleinen Kindes, eines kleinen Prinzen, des Christkinds eines alten Meisters verbracht und von Zeit zu Zeit die Schaukel der Wiege mit der Seele angestoßen. Auf den Gesichtern sehr alter Damen der großen Welt, die alles erlebt und durchschaut haben, liegt zuweilen der gleiche Ausdruck. Es ist kein männlicher Gesichtszug, er paßt zu Windeln und Schleppkleid und paßte sehr gut zu dem schönen weißen Kaschmirgewand meines alten Gastes. Die einzige Person in Männerkleidern, bei der ich ihn sonst gesehen habe, war ein weißer Clown in einem Zirkus.
    Der alte Mann war müde und wollte nicht aufstehen, als die anderen Priester von Choleim Hussein an den Fluß hinabgeführt wurden, um die Kaffeeaufbewahrung zu besichtigen. Selbst einem Vogel so ähnlich, schien er sich auch für Vögel zu interessieren. Ich hatte damals einen zahmen Storch im Hause und hielt eine Schar von Gänsen, die nicht geschlachtet wurden, sondern nur da waren, um mich ein wenig an Dänemark zu erinnern. Der alte Priester interessierte sich sehr für sie und wies in die vier Himmelsrichtungen, um herauszubekommen, woher sie stammten. Auf der Wiese machten die Windhunde den paradiesischen Charakter des Nachmittags vollkommen. Ich hatte geglaubt, Farah und Choleim Hussein hätten sie in den Zwinger gesperrt, denn Choleim Hussein war als treuer Mohammedaner in ständiger Besorgnis, wenn er geschäftlich auf der Farm zu tun hatte. Aber sie wanderten frei umher zwischen den weißgewandeten Dienern Allahs, wahrlich wie die Löwen bei den Lämmern. Es waren die Hunde, von denen Ismail behauptete, sie kennten einen Mohammedaner am Aussehen.
    Bevor er Abschied nahm, schenkte mir der hohe Priester zur Erinnerung an seinen Besuch einen Ring mit einer Perle. Ich hatte auch das Bedürfnis, ihm außer der Scheingabe der Rupien etwas zu schenken, und schickte Farah auf den Speicher nach der Haut eines Löwen, der kurze Zeit zuvor auf der Farm erlegt worden war. Der alte Mann faßte nach einer der großen Pranken und probierte, leuchtenden Blickes, die Schärfe einer Klaue an seiner Wange.
    Als er fort war, fragte ich mich, ob er wohl in seinen feinen edlen Kopf jede kleinste Kleinigkeit im Umkreis der Farm aufgenommen habe oder überhaupt nichts. Etwas muß er wohl bemerkt haben, denn drei Monate später bekam ich einen Brief aus Indien, der völlig falsch adressiert und auf der Post irregelaufen war. Ein indischer Fürst bat mich darin, ihm einen der »grauen Hunde« zu verkaufen, von denen ein hoher Priester ihm berichtet habe, und selbst den Preis zu bestimmen.

Die Somalifrauen
    Von einer Gruppe von Gästen, die auf der Farm eine große Rolle spielten, kann ich nicht allzuviel berichten, weil es ihnen nicht angenehm wäre: von Farahs Frauen.
    Als Farah heiratete und seine Frau aus Somaliland auf die Farm brachte, folgte ihr ein munterer, zarter, kleiner Schwarm schwärzlicher Tauben, ihre Mutter, ihre jüngere Schwester und eine junge Kusine, die in der Familie aufgewachsen war. Farah erzählte mir, das sei so Landessitte. Heiraten werden in Somaliland von den ältesten der Sippe je nach Stand, Reichtum und Ansehen der jungen Leute abgeschlossen; in den besten Familien sehen sich Braut und Bräutigam vor dem Hochzeitstage nicht. Doch sind die Somali ein ritterlich gesinntes Volk und geben ihre Jungfrauen nicht schutzlos preis. Es ziemt sich, daß der junge Ehemann die ersten sechs Monate nach der Vermählung seinen Wohnsitz ins Dorf seiner Frau verlegt; in dieser Zeit kann sie sich noch selbständig als Hausherrin im vertrauten und ihr wohlgesinnten Kreise betätigen. Zuweilen freilich kann er nicht abkommen; dann lassen es sich die Verwandten der Braut nicht nehmen, sie eine Zeitlang in die Ehe zu begleiten, selbst wenn sie sich dazu von zu Hause losreißen und eine Reise in ferne Länder machen müssen.
    Der Kranz von Somalifrauen in meinem Haushalt wurde später vervollständigt durch ein kleines mutterloses Mädchen, das Farah zu sich nahm, nicht ohne, wie mir scheint, des Vorteils zu gedenken, den sie ihm zur Zeit ihrer Vermählung einbringen mochte – dem Vorbild Mardochais mit Esther folgend. Diese Kleine war ein ungewöhnlich lebhaftes und überschwengliches Kind, und es war seltsam, zuzuschauen, wie mit den Jahren die älteren Mädchen es in die Hand nahmen und es mit allem Bedacht zu einer Jungfrau comme il faut heranbildeten.

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