Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
Vom Netzwerk:
Kikuju hätten ihr Bestes hergegeben, den Massai ihre Kraft und Gewandtheit im Tanzen zu zeigen. Aber es kam nicht dazu: es gibt Dinge, die lassen sich nicht erzwingen, wenn auch alles voll des besten Willens ist.
    Was geschah, weiß ich nicht. Plötzlich schwankte der Ring und riß entzwei, ein gellender Schrei ertönte, in wenigen Sekunden war der ganze Platz vor uns eine einzige Masse rennender und drängender Menschen. Schläge klatschten, Körper fielen zu Boden, und hoch über den Köpfen blitzte ein Gewoge von Speeren. Wir sprangen alle auf, sogar die weisen Alten in der Mitte krabbelten auf ihren Holzstoß, um zu sehen, was vor sich ging.
    Als sich die Bewegung legte und die stürmische Menge sich wieder teilte, fand ich mich im Mittelpunkt des Schwarmes, von einem kleinen freien Raum umhegt. Zwei von den alten Squattern traten auf mich zu und erklärten mir zögernd, was geschehen war – wie die Massai Gesetz und Ordnung gestört hätten und wie die Dinge jetzt lägen: ein Massai und drei Kikuju waren schwer verwundet, »in Stücke gehauen«, wie sie sagten. Ob ich wohl nun, fuhren sie fort, bereit sei, sie wieder zusammenzunähen? Sonst würden sie alle noch viel Verdruß vom Serkali zu gewärtigen haben. Ich fragte den alten Mann, was denn den Kriegern abgehauen worden sei. »Der Kopf«, erwiderte er stolz mit dem Instinkt des Schwarzen, aus einer Katastrophe das Äußerste herauszuholen. Gleichzeitig kam auch schon Kamante über den Platz und brachte eine lang eingefädelte Stopfnadel und meinen Fingerhut. Ich zögerte noch, da kam mir der alte Ereri zuvor. Er hatte sieben Jahre im Gefängnis gesessen und dabei das Schneidern gelernt. Er schien schon gelauert zu haben auf eine Gelegenheit, seine Kunst zu üben und vorzuführen; er übernahm die Operation und wurde sogleich zum Mittelpunkt des Interesses. Es gelang ihm auch, die Wunden zu flicken, die Patienten genasen unter seinen Händen, und er bildete sich später nicht wenig auf seine Leistung ein. Kamante teilte mir allerdings im Vertrauen mit, die Köpfe seien nicht abgeschlagen gewesen.
    Da die Anwesenheit der Massai bei dem Tanze gesetzwidrig war, mußten wir lange Zeit den verwundeten Massai in der Gast-Gesindehütte verbergen. Er erholte sich und verschwand schließlich eines Tages, ohne Ereri mit einem Wort zu danken. Es ist, glaube ich, eine harte Zumutung für einen Massai, von einem Kikuju verwundet und geheilt zu werden.
    Als die Nacht der Ngoma sich dem Ende zuneigte und ich nochmals hinausging, um nach den Verwundeten zu fragen, sah ich im grauen Morgenschein noch immer die schwelenden Feuer. Einige junge Kikuju machten sich an ihnen zu schaffen, sprangen herum und steckten lange Scheite in die Glut; ein uraltes Squatterweib befehligte sie, die Mutter Wainainas. Sie veranstalteten einen Zauber, der die Massai unfähig machen sollte, bei den Kikujumädchen in der Liebe Erfolg zu haben.

Ein Gast aus Asien
    Die Ngomas waren gesellige Veranstaltungen, die sich aus der Tradition und dem Zusammenleben mit den Nachbarn ergaben. Im Laufe der Zeit erschienen erst die jüngeren Brüder und Schwestern und später die Söhne und Töchter der ersten Tänzer auf dem Tanzplatz.
    Aber wir hatten auch Gäste aus fernen Ländern. Der Monsun wehte von Bombay herüber. Weise und vielerfahrene Männer kamen auf Schiffen fernher aus Indien gereist und besuchten die Farm.
    In Nairobi lebte ein großer indischer Holzhändler namens Choleim Hussein, mit dem ich in der ersten Zeit, als ich Land rodete, geschäftlich viel zu tun hatte. Er war ein eifriger Mohammedaner und ein Freund Farahs. Eines Tages erschien er bei mir und bat, einen hohen Priester aus Indien als Gast mitbringen zu dürfen. Er sei übers Meer herübergekommen, erzählte Choleim Hussein, um die Gemeinden von Mombasa und Nairobi zu inspizieren, und den Gemeinden liege viel daran, ihm den Aufenthalt recht angenehm zu machen, und da könnten sie sich nichts Besseres denken als einen Besuch auf der Farm. Ob ich das erlauben wolle? Als ich sagte, der Gast werde willkommen sein, setzte mir Choleim Hussein auseinander, der hohe Rang und die Heiligkeit des alten Mannes verböten ihm, etwas zu essen, was in Töpfen gekocht sei, aus denen Ungläubige gegessen hätten. Aber ich brauchte mich darum nicht zu sorgen, beeilte er sich zu erklären, die mohammedanische Gemeinde von Nairobi werde das Mahl richten und rechtzeitig hinausschicken, wenn ich nur gestatten wolle, daß der hohe Priester es in meinem

Weitere Kostenlose Bücher