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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Hause einnehme. Ich stimmte auch diesem zu, aber Choleim Hussein nahm nach einer kleinen Weile die Angelegenheit zögernd noch einmal auf. Noch ein Punkt sei zu klären, nur einer noch. Wo der hohe Priester hinkomme, da erfordere es die Sitte, daß ihm ein Geschenk überreicht werde. In einem Hause wie dem meinen dürfe es nicht weniger als hundert Rupien betragen. Aber auch darum brauchte ich mich nicht zu sorgen, fügte er schnell hinzu, das Geld sei von den Mohammedanern von Nairobi gesammelt worden, er bitte mich nur, es dem Priester zu überreichen. Würde dann der Priester, fragte ich, nicht glauben, das Geschenk sei von mir? Darauf war Choleim Hussein keine Antwort zu entlocken; es gibt Momente, in denen ein Farbiger sich nicht erklären kann, und ginge es um sein Leben. Ich lehnte zunächst die Rolle, die mir zugedacht war, ab, aber als ich die tief enttäuschten Gesichter Husseins und Farahs sah, die soeben noch voller Hoffnung geleuchtet hatten, gab ich meinen Stolz preis und sagte mir, der hohe Priester möge glauben, was ihm gefalle.
    An dem Tage, da der Besuch stattfinden sollte, hatte ich ihn ganz vergessen und war aufs Feld gegangen, um meinen neuen Traktor zu versuchen. Titi, Kamantes kleiner Bruder, wurde nach mir geschickt. Der Traktor machte einen derartigen Lärm, daß ich nicht hören konnte, was er zu sagen hatte, und es war so schwierig, den Motor anzukurbeln, daß ich nicht wagte, ihn abzustellen. Titi rannte auf dem Felde wie ein kleiner Hund, keuchend und schnaufend, in den tiefen Furchen und durch die dicken Staubwolken nebenher, bis wir am Ende des Ackers zum Stehen kamen. »Die Priester sind gekommen«, schrie er mir zu. »Welche Priester?« fragte ich zurück. »Alle Priester«, erklärte er stolz, »sie sind in vier Wagen gekommen, sechs in jedem.« Ich ging zum Hause zurück und erblickte, als ich näher kam, einen Schwarm weißgewandeter Gestalten auf der Wiese, als hätte sich ein Zug großer weißer Vögel rings ums Haus niedergelassen oder als wäre eine Schar von Engeln aufs Haus herabgestiegen. Eine ganze Klerisei schien von Indien herübergekommen zu sein, um die Flamme der Orthodoxie in Afrika zu schüren. Doch fiel es nicht schwer, die würdige Gestalt des hohen Priesters zu erkennen, der, von zwei Untergebenen und, in respektvollem Abstand, von Choleim Hussein geleitet, auf mich zuschritt. Er war ein ganz kleiner alter Mann, mit einem Gesicht so zart und fein, als wäre es aus sehr altem Elfenbein geschnitzt. Das Gefolge trat herzu, um unserer Begrüßung beizuwohnen, und zog sich sodann zurück, die Unterhaltung des Gastes mir allein überlassend.
    Wir konnten kein Wort miteinander sprechen, denn er verstand weder Englisch noch Suaheli, und ich kannte seine Sprache nicht. Wir mußten uns durch Zeichen unserer hohen gegenseitigen Achtung versichern. Man hatte ihm, wie ich merkte, das Haus bereits gezeigt; alles Geschirr, das wir besaßen, war hervorgeholt und im Geschmack der Inder und Somali mit Blumen verziert worden. Ich führte ihn zu der steinernen Bank im Westen. Da überreichte ich ihm unter atemloser Spannung der Zuschauer die hundert Rupien; sie waren in ein grünes Taschentuch geschlungen, das Choleim Hussein gehörte.
    Ich war etwas voreingenommen gegen den alten Priester, der so heikel schien, und als ich sah, wie alt und wie klein er war, fürchtete ich einen Augenblick, die Situation möchte ihn in Verlegenheit setzen. Aber als wir so in der Nachmittagssonne beieinandersaßen, ohne eine Unterhaltung zu versuchen, uns nur in freundschaftlicher Gesinnung zugewandt, da fühlte ich wohl, daß ihn überhaupt nichts in Verlegenheit setzen konnte. Er vermittelte nur den Eindruck der Ruhe und völligen Sicherheit. Er hatte etwas Höfisches und lächelte und nickte, als ich ihm die Berge und die mächtigen Bäume zeigte, als nehme er an allem Anteil und sei außerstande, sich über irgend etwas zu wundern. Ich konnte nicht dahinterkommen, ob diese Wohlgefügtheit aus einer Unkenntnis des Bösen in der Welt oder aus einer tiefen Wissenschaft und Ergebung herrührte. Denn ob es keine giftigen Schlangen in der Welt gibt oder ob man durch Einführung stärkerer Giftdosen in das Blut einen Zustand vollkommener Unverletzlichkeit erreicht, läuft schließlich auf das gleiche hinaus. Der sanfte Gesichtsausdruck des alten Mannes hatte etwas von einem kleinen Kinde, das noch nicht sprechen gelernt hat, das sich für alles interessiert und aus seiner Natur heraus unfähig ist, sich

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