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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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indischen Bekannten, deren Lastautos den Verkehr nach Tanganjika besorgten, sie zu fragen, ob einer der Laster ihn vielleicht überholt habe oder ihm begegnet sei. Aber niemand wußte etwas von ihm.
    Ein halbes Jahr später überraschte mich ein eingeschriebener Brief aus Dodoma, wo ich niemanden kannte. Der Brief war von Emmanuelson, er enthielt die fünfzig Rupien, die ich ihm früher geliehen hatte, als er außer Landes gehen wollte, und Farahs vier Rupien. Außer dem Gelde – es war das letzte, das ich je im Leben wiederzusehen erwartet hätte – sandte mir Emmanuelson einen langen vernünftigen und reizenden Brief. Er hatte in einer Bar in Dodoma eine Stellung als Kellner gefunden – weiß Gott, was man in Dodoma eine Bar nannte – und befand sich wohl. Es zeigte sich, daß er die Gabe der Dankbarkeit besaß, denn er erinnerte sich an jede Einzelheit des Abends auf der Farm und sprach immer wieder davon, daß er sich da wie unter Freunden gefühlt habe. Er erzählte mir genau, wie seine Wanderung verlaufen war. Von den Massai wußte er viel Gutes zu sagen. Sie hatten ihn auf der Straße gefunden und bei sich aufgenommen, sich freundlich und gastfrei gezeigt und ihn den größten Teil der Strecke auf weiten Umwegen in ihrem Schutz reisen lassen. Er hatte sie, wie er schrieb, mit Berichten über seine Abenteuer in allen möglichen Ländern so gut unterhalten, daß sie ihn gar nicht gehen lassen wollten. Emmanuelson verstand von der Massaisprache kein Wort, er muß ihnen seine ganze Odyssee pantomimisch vorgeführt haben.
    Es schien mir passend und sinnreich, daß Emmanuelson bei den Massai Zuflucht gesucht hatte und daß sie sich seiner angenommen hatten. Die echten Aristokraten und die echten Proletarier allein verstehen etwas vom Tragischen. Für sie ist es der tiefste Wesensgrund Gottes und der Schlüssel – der kleinere Schlüssel des Daseins. Sie unterscheiden sich darin von den Bürgern aller Klassen, die das Tragische nicht wahrhaben, es nicht dulden wollen, für die das Wort tragisch soviel wie unangenehm bedeutet. Viele Mißverständnisse zwischen den weißen Siedlern des Mittelstandes und den Eingeborenen erwachsen aus diesem Irrtum. Die mürrischen Massai sind Aristokraten und Proleten zugleich; sie erkannten wohl sofort in dem schwarzgewandeten Wanderer die tragische Gestalt, und der tragische Held kam zu ihnen wie zu den Seinen.

Freunde zu Gast
    Die Besuche von Freunden auf der Farm waren glückliche Ereignisse in meinem Leben, und die Farm wußte das.
    Wenn eine von Denys Finch-Hattons langen Safaris sich dem Ende zuneigte, kam es vor, daß morgens ein junger Massai, lässig auf eines seiner langen schlanken Beine gestützt, vor meinem Haus stand. »Bedâr ist auf dem Heimweg«, verkündete er. »Er wird in zwei oder drei Tagen hier sein.« Nachmittags erschien dann ein kleines Squattertoto aus dem Grenzgebiet der Farm, hockte sich auf die Wiese und wartete. Wenn ich hinaustrat, sagte es: »Da ist ein Volk von Perlhühnern unten an der Krümmung des Flusses. Willst du für Bedâr, wenn er kommt, welche schießen, dann komm ich abends, wenn die Sonne untergeht, und zeig dir, wo sie sind.«
    Die großen Wanderer unter meinen Freunden sahen, glaub ich, den Reiz der Farm darin, daß sie etwas Beständiges hatte und stets die gleiche war, sooft sie kamen. Sie hatten weite Länder durchstreift und an mancherlei Orten ihre Zelte errichtet und abgebrochen, nun freuten sie sich, in meinen Auffahrtsweg einzubiegen, der unwandelbar war wie die Bahn der Sterne. Es machte ihnen Freude, von vertrauten Gesichtern begrüßt zu werden, denn ich hatte, solange ich in Afrika lebte, immer dieselben Dienstboten. Während ich auf der Farm mich sehnte hinauszukommen, kehrten sie zurück und sehnten sich nach Büchern und frischbezogenen Betten und der schattigen Kühle eines großen abgeschirmten Raumes; sie hatten sich an ihren Lagerfeuern die Freuden des Farmlebens ausgemalt, und wenn sie ankamen, überfielen sie mich mit Fragen: »Hast du deinem Koch beigebracht, omelettes à la chasseur zu backen – und sind die Platten des ›Petruschka‹ mit der letzten Post gekommen?« Sie kamen und blieben im Hause, auch wenn ich fort war, und Denys bewohnte es einmal, solange ich in Europa war. »Mein Waldheim«, nannte es Berkeley Cole.
    Zum Dank für die Wohltaten der Zivilisation brachten mir die Abenteurer Trophäen ihrer Jagden mit: Leoparden- und Gepardenfelle, die in Paris zu Pelzmänteln verarbeitet werden wollten,

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