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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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ausgeplündert. Mir war, als säße ich zu Tisch mit Armand Duval oder dem berühmten Chevalier des Grieux. Er besaß viele hübsche Bilder der Otero und liebte es, von ihr zu sprechen. Einmal, als wir in Ngong miteinander tafelten, sagte ich zu ihm: »Wie ich höre, sind die Memoiren der schönen Otero jetzt erschienen. Kommen Sie auch darin vor?« – »Ja«, sagte er, »ich komme drin vor. Unter einem anderen Namen zwar, aber doch.« – »Was schreibt sie denn von Ihnen?« fragte ich. »Sie schreibt«, sagte er, »da sei ein junger Mann gewesen, der habe in einem halben Jahr Hunderttausende für sie vertan, aber er sei auf seine Kosten gekommen.« – »Und glauben Sie selbst«, fragte ich lachend, »daß Sie auf Ihre Kosten gekommen sind?« Er dachte eine Weile über meine Frage nach. »Ja«, sagte er, »ja, das bin ich.« Denys Finch-Hatton und ich feierten mit Mr. Bulpett seinen siebenundsiebzigsten Geburtstag mit einem Picknick auf dem Gipfel der Ngongberge. Als wir da oben saßen, kamen wir darauf zu sprechen, ob wir, wenn es uns freigestellt würde, richtige Flügel zu besitzen, die aber nicht wieder abgelegt werden dürften, das Angebot annehmen oder abweisen würden. Der alte Mr. Bulpett blickte über das unermeßlich weite Land zu unseren Füßen, die grünen Hänge des Ngong, das Rifttal im Westen, als bereite er sich vor, sofort auf- und darüberhin zu fliegen. »Ich würde annehmen, ich würde ganz bestimmt annehmen. Es gibt nichts, was ich lieber täte.« Nach einer Pause des Nachdenkens fügte er hinzu: »Aber ich glaube, ich würde es mir überlegen, wenn ich eine Dame wäre.«

Der edle Pionier
    Berkeley Cole und Denys Finch-Hatton durften mein Haus als Gemeinbesitz betrachten. Alles darin gehörte ihnen, und sie waren stolz darauf und brachten herbei, was ihnen zu fehlen schien. Sie versorgten das Haus auf echte Feinschmeckerart mit Wein und Tabak und ließen mit Bücher und Grammophonplatten aus Europa kommen. Berkeley kam oft, den Wagen vollgepackt mit Truthähnen, Eiern und Orangen, von seiner eigenen Farm auf dem Mount Kenia herüber. Sie hatten beide den Ehrgeiz, mich zum Weinkenner zu erziehen, und wandten viel Zeit und Sorge darauf. Die größte Freude machte ihnen mein dänisches Glas und Porzellan; sie bauten auf dem Tisch eine hohe durchsichtige Pyramide aus Gläsern und weideten sich an ihrem Anblick.
    Berkeley ließ sich, wenn er auf der Farm war, jeden Morgen um elf Uhr eine Flasche Champagner in den Wald hinausbringen. Einmal, als er sich von mir verabschiedete und mir dankte für die schönen Tage auf der Farm, fügte er hinzu, nur ein Schatten falle auf das Bild: die Gläser, aus denen wir unter den hohen Baumkronen unseren Wein getrunken hätten, seien gewöhnliche grobe Gläser. »Ich weiß, Berkeley«, sagte ich, »aber ich habe so wenig gute Gläser übrig, und die Boys werden sie mir zerschlagen, wenn sie sie so weit tragen müssen.« Er schaute mich ernsthaft an und hielt meine Hand fest. »Aber, Liebe«, sagte er, »es war doch so traurig.« Seitdem bekam er draußen im Walde immer meine schönsten Gläser.
    Es war eine wunderliche Sache mit Berkeley und Denys: ihre Freunde in England trauerten ihnen so bitter nach, als sie auswanderten, und in der Kolonie liebte und bewunderte sie jeder, und doch waren sie Heimatlose. Nicht, weil eine Gemeinschaft sie von sich stieß oder gar ein Ort in der Welt sie nicht leiden mochte, sondern die Zeit war es – sie gehörten nicht in ihr Jahrhundert. Kein anderes Volk außer England konnte sie hervorgebracht haben, aber sie waren verachtet, ihr England war ein England von einst, eine Welt, die es nicht mehr gab. In der Gegenwart hatten sie keine Heimat, sie wanderten von einem Ort zum andern und kamen so im Lauf der Zeit auch auf die Farm. Aber sie selbst merkten das nicht. Sie hatten sogar im Gegenteil ein Gefühl von Schuld dem Leben in England gegenüber, das sie verlassen hatten, als sei es, eben weil es sie langweilte, eine Pflicht, vor der sie ausgerissen seien, während ihre Freunde sie erfüllten. Wenn Denys auf seine Jugend zu sprechen kam – obwohl er immer noch so jung war – und auf seine Zukunft und die Ratschläge seiner Freunde in England, dann zitierte er Shakespeares Jacques:
     
    »Besteht ein dummer Tropf
    Auf seinem Eselskopf,
    Läßt seine Füll’ und Ruh
    Und rennt der Wildnis zu …«
     
    Aber er sah sich selbst nicht richtig und Berkeley auch nicht und vielleicht auch Jacques nicht. Sie glaubten, sie seien

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