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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Schlangen- und Eidechsenhäute für Schuhe und Marabufedern.
    Um ihnen eine Freude zu machen, probierte ich in ihrer Abwesenheit merkwürdige Rezepte aus alten Kochbüchern aus und mühte mich, in meinem Garten europäische Blumen zu ziehen. Einmal, als ich in meiner Heimat war, schenkte mir eine alte Dame in Dänemark zwölf schöne Pfingstrosenknollen, die ich nicht ohne Schwierigkeiten über die Grenze brachte, denn die Einfuhr von Pflanzen wurde streng überwacht. Als ich sie einsetzte, schossen bald eine Menge dunkelkarmesinroter, gewundener Triebe heraus, an denen sich allmählich viele zarte Blätter und rundliche Knospen bildeten. Die erste Blüte, die sich öffnete, hieß Duchesse de Nemours; es war eine große, einzelne weiße Pfingstrose, sehr edel und üppig, und sie strömte eine Fülle frischen süßen Duftes aus. Als ich sie abschnitt und in meinem Wohnzimmer ins Wasser stellte, blieb jeder Weiße, der eintrat, unwillkürlich verblüfft stehen. Es war eine Prachtpfingstrose! – Aber kurz darauf verwelkten alle übrigen Knospen und fielen ab, und ich bekam nie mehr als die eine Blüte zu sehen. Einige Jahre später sprach ich mit dem Gärtner der Lady MacMillan in Chiromo über Pfingstrosen. »Uns ist es nicht gelungen, in Afrika Pfingstrosen zu ziehen«, sagte er, »und es wird uns nicht gelingen, ehe es uns nicht glückt, eine importierte Knolle zum Blühen zu bringen und von dieser Blüte Samen zu nehmen. Auf die Art allein haben wir Delphinium in der Kolonie eingeführt.« So hätte ich die Pfingstrose in Afrika einführen und so berühmt werden können wie die Herzogin von Nemours selbst, und ich hatte den künftigen Blütenflor vernichtet und meine einzige Blüte abgepflückt und ins Wasser gestellt. Ich habe oft davon geträumt, ich sähe die weiße Pfingstrose wachsen, und mich gefreut, daß ich sie also doch nicht abgeschnitten hätte.
    Auch Bekannte von anderen Farmen im Lande und aus der Stadt kamen zu uns. Hugh Martin vom Vermessungsamt kam aus Nairobi heraus, um mich zu unterhalten; er war ein geistreicher Mann, mit der ausgefallensten Literatur der Welt vertraut. Er hatte ein geruhsames Leben als Verwaltungsbeamter im Osten hinter sich und hatte dort unter anderem ein ihm angeborenes Talent entwickelt: auszusehen wie ein maßlos feistes, chinesisches Götzenbild. Er nannte mich »Candide« und war selbst auf der Farm eine Art kurioser Doktor Pangloß, sicher und friedvoll verwurzelt in seinem Glauben an die Gemeinheit und Verächtlichkeit der menschlichen Natur und des Weltalls und zufrieden dabei – denn warum sollte es nicht so sein? Er rührte sich kaum aus dem großen Sessel, wenn er sich einmal darin niedergelassen hatte. Mit seiner Flasche und seinem Glase vor sich strahlte er geruhsam glänzenden Angesichts seine Theorien vom Leben aus, wie ein phosphoreszierendes Gewächs aus Stoff und Geist, ein dicker Mann, im Frieden mit der Welt, im Schoße des Teufels gebettet, ausgezeichnet durch jenen Schimmer von Adrettheit, den die Jünger Satans vor manchen Jüngern des Herrn voraushaben.
    Der junge langnasige Gustav Mohr aus Norwegen kam plötzlich abends von der Farm, die er jenseits von Nairobi zu verwalten hatte, ins Haus gestürmt. Er war ein eingefleischter Farmer und hat mir bei meiner Arbeit mit Wort und Tat mehr als irgendein anderer im Lande geholfen, mit einer schlichten tatkräftigen Bereitschaft, als wäre es ganz selbstverständlich, daß Farmer oder Skandinavier einander zu dienen hätten. Da kam er nun angeschossen, hergeschleudert durch die innere Glut seiner Seele wie ein Stein aus einem Vulkan. Er werde verrückt, erklärte er, in einem Lande, in dem man von einem Manne erwarte, daß er von Gesprächen über Ochsen und Sisalhanf sein Leben fristen könne, sein Geist verhungere, und er könne es nicht länger ertragen. Mit dem ersten Schritt ins Haus fing er zu reden an und redete fort bis nach Mitternacht, über Liebe, Kommunismus, Prostitution, Hamsun, die Bibel und vergiftete sich ununterbrochen mit einem scheußlich schlechten Tabak. Er aß kaum, er hörte nicht zu, er schrie, wenn ich versuchte, ein Wort einzuwerfen, glühend von einem inneren Brande, mit seinem hageren wilden Kopf in die leere Luft hämmernd. Viel war in ihm, dessen er sich entledigen mußte, und unterm Sprechen wurde es nur immer mehr. Plötzlich, gegen zwei Uhr nachts, war es aus. Dann saß er eine Weile still da, mit einem demütigen Blick, wie ein Genesender im Garten eines Krankenhauses,

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