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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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ihrer Verdienste eine Kuh zum Geschenk bekommen würden. Berkeley ließ sie lange warten, was sie, glaube ich, auch ganz in der Ordnung fanden; zunächst wurde nur ein Lehnstuhl auf die Wiese hinausgetragen und vor dem Hause aufgestellt; auf ihm gedachte er bei der Verteilung der Medaillen zu sitzen. Als er schließlich hinaustrat, wirkte er inmitten der schwarzen Versammlung ungemein licht, rotblond und helläugig. In Miene und Haltung war er nur noch der vollendete fesche, muntere, schneidige Offizier; ich erlebte es mit Staunen, daß Berkeley, dessen Gesicht soviel auszudrücken vermochte, im Notfall auch absolut nichtssagend aussehen konnte. Ihm folgte Jama, angetan mit einem kostbaren arabischen Gewand, bestickt mit Gold und Silber – Berkeley hatte es eigens für die Feier angeschafft –, und trug die Schachtel mit den Medaillen.
    Berkeley stellte sich zu seiner Rede vor dem Sessel auf, und seine zierliche kleine Gestalt hatte etwas so ansteckend Straffes und Aufrechtes, daß die Alten sich einer nach dem anderen erhoben und ihm gegenübertraten, seinem Blick mit ernsten Augen begegnend. Was die Rede besagte, weiß ich nicht, denn er sprach Massai. Es klang, als verkünde er den Massai in knappen Worten, daß ihnen eine unfaßliche Gunst zuteil werde und die Ursache dieses Ereignisses ihr eigenes, unsagbar rühmenswertes Verhalten sei. Da es aber Berkeley war, der sprach, und da den Gesichtern der Massai nicht das geringste zu entnehmen war, konnte es auch etwas ganz anderes heißen, etwas, worauf ich nie verfallen wäre. Als er geendet hatte, ließ er, ohne einen Augenblick innezuhalten, Jama mit der Schachtel vortreten und entnahm ihr die Medaillen, verlas feierlich der Reihe nach die Namen der Massaihäuptlinge und überreichte ihnen die Medaillen mit gnädig ausgestrecktem Arm. Die Massai nahmen sie stumm, mit ausgestreckter Hand, von ihm entgegen. Diese Zeremonie konnte so vollkommen nur von zwei Partnern edlen Blutes und altererbter Tradition vollzogen werden – möge es kein Demokrat für ungut nehmen.
    Eine Medaille ist ein schwieriges Geschenk für einen nackten Mann, er hat nichts, woran er sie anhängen kann, und die alten Massaihäuptlinge standen da und hielten sie in der Hand. Nach einer Weile trat ein ganz alter Mann auf mich zu, hielt mir seine Hand mit der Medaille hin und bat mich, ihm zu sagen, was auf ihr zu sehen sei. Ich erklärte es ihm, so gut es ging. Die Silbermünze zeigte auf der einen Seite eine Britannia und auf der anderen die Worte: »Der große Krieg für die Kultur.« Ich habe späterhin englischen Freunden von der Überreichung der Medaillen erzählt, und sie haben mich gefragt: »Warum war denn nicht das Bild des Königs auf den Medaillen? Das war ein großer Fehler.« Ich kann das nicht finden; mir scheint, die Medaillen durften nicht allzu wertvoll erscheinen; ich glaube, die Auszeichnung war durchaus richtig bemessen. Etwas dem Ähnliches mag ja wohl auch uns bevorstehen zu der Zeit, da unser Lohn groß sein wird im Himmel.
     
    Als Berkeley krank wurde, war ich im Begriff, auf Urlaub nach Europa zu fahren. Er war damals Mitglied der gesetzgebenden Kammer der Kolonie, und ich telegraphierte ihm: »Willst du nicht, solange die Kammer tagt, in Ngong wohnen? Bring Wein mit.« Er telegraphierte zurück: »Botschaft kam vom Himmel. Eintreffe mit Wein.« Aber als er auf der Farm erschien, den Wagen voll Weinflaschen, da war ihm nicht nach Trinken zumute. Er war sehr blaß und manchmal sogar recht still. Sein Herz war schwach, und er lebte nur mit Jamas Hilfe, der gelernt hatte, ihm seine Spritzen zu verabfolgen; viel ernste Sorgen lasteten auf ihm, er mußte fürchten, seine Farm zu verlieren. Und doch verwandelte seine Gegenwart mein Haus in einen auserwählten, köstlichen Winkel der Welt. »Jetzt bin ich so weit, Tania«, sagte er mit ernster Miene, »daß ich nur noch in den allerbesten Autos fahren, die feinsten Zigarren rauchen und die auserlesensten Jahrgänge trinken kann.« Während dieses Besuches erzählte er mir eines Abends, der Arzt habe ihm befohlen, sich ins Bett zu legen und einen Monat liegenzubleiben. Ich sagte ihm, wenn er den Befehl befolgen und sich einen Monat lang in Ngong hinlegen wollte, so würde ich meine Reise aufgeben und bei ihm bleiben, um ihn zu pflegen, und nächstes Jahr nach Europa fahren. Er dachte eine Weile über meinen Vorschlag nach. »Meine Liebe«, sagte er, »das kann ich nicht. Wenn ich’s täte, dir zuliebe – wie würde ich mir

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