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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Eßtisch kreuzten, wenn die beiden Berkeley und mir servierten, das Schlimmste ahnen. Spätabends kam es uns bisweilen in den Sinn, was wir wohl täten, wenn wir morgens herauskämen und Farah und Jama beide steif und kalt mit Dolchen in der Brust dalägen. In der Hinsicht kannten die beiden Erzfeinde keine Furcht und kein Bedenken, von Blutvergießen und Vernichtung hielt sie nur ihre jeweilige Anhänglichkeit an Berkeley und mich zurück. »Ich traue mich nicht«, sagte Berkeley, »Jama heut abend zu sagen, daß ich mich umbesonnen habe und diesmal nicht nach Eldoret gehe, wo die junge Dame lebt, die er liebt. Denn dann wird sein Herz gegen mich zu Stein werden, es wird ihm gleich sein, ob meine Kleider gebürstet sind oder nicht, und er wird hinausgehen und Farah umbringen.« Aber Jamas Herz wurde nicht zu Stein. Er war schon lange bei Berkeley, und Berkeley sprach oft von ihm. Er erzählte mir, wie er einmal bei einer Sache, in der sich Jama im Recht glaubte, aus der Haut gefahren war und ihm eine runtergehauen hatte. »Aber im selben Augenblick, kann ich dir sagen«, erzählte Berkeley, »hatte ich genauso einen Hieb im Gesicht sitzen.« – »Und wie ging das aus?« fragte ich. »Zum Glück«, sagte Berkeley, »verstand ich mich besser aufs Boxen als er und erledigte ihn.« Nach einer Weile setzte er hinzu: »Es war nicht so schlimm. Er ist zwanzig Jahre jünger als ich.« Der Vorfall hatte der Stellung des Herrn und des Dieners keinen Eintrag getan. Jama wahrte eine leicht gönnerhafte Haltung gegen Berkeley, wie sie die meisten Somalidiener gegen ihre Herrschaft bezeigen. Nach Berkeleys Tod wollte Jama nicht mehr im Lande bleiben und zog zurück nach Somaliland.
    Berkeley besaß eine große, nie gestillte Liebe für das Meer. Es war ein Lieblingstraum von ihm, daß er und ich, wenn wir einmal reich wären, eine Dau kaufen und als Kauffahrer nach Lamu, Mombasa und Sansibar reisen sollten. Wir hatten den Plan genau entworfen und unsere Mannschaft aufgestellt, nur reich wurden wir nie.
    Sowie Berkeley müde oder unwohl war, verfiel er in seine Sehnsucht nach dem Meer. Dann jammerte er über seine Dummheit, daß er ein Menschenalter Gott weiß wo, aber nicht auf dem Wasser gelebt habe, und fluchte erbärmlich. Einmal, als ich nach Europa fuhr, war er wieder in dieser Stimmung; um ihm eine Freude zu machen, dachte ich mir aus, zwei Schiffslaternen mitzubringen, ein Steuerbord- und ein Backbordlicht, und sie am Eingang meines Hauses aufzuhängen. Ich erzählte es ihm. »Ja, ja, das wäre gut«, sagte er, »dann würde das Haus gleichsam ein Schiff werden. Aber sie müssen wirklich zur See gewesen sein.« In Kopenhagen kaufte ich in einem Schifferladen an einem der alten Kanäle ein paar alte, große, schwere Schiffslaternen, die viele Jahre lang die Ostsee befahren hatten. Wir steckten sie zu beiden Seiten der Tür auf, die nach Osten wies, und freuten uns, daß sie richtig saßen, wenn man sich die Erde in ihrer Drehung durch den Äther vorstellte; es konnte keine Kollisionen geben. Diese Lampen haben Berkeleys Herzen gutgetan. Er kam oft sehr spät und meist in erheblichem Tempo angefahren; wenn dann die Lichter brannten, fuhr er ganz langsam um die Kurve des Auffahrtweges, um den kleinen roten und grünen Stern recht auf sich wirken und alte Erinnerungen, Bilder von Seefahrten, wieder aufleben zu lassen, als nähere er sich wirklich auf dunkler Flut einem stillen Schiff. Wir machten ein Signalsystem aus, vertauschten die Lampen oder nahmen eine weg, damit er schon vom Walde aus sehen konnte, in welcher Stimmung er seine Gastgeberin antreffen würde oder was für ein Essen er zu erwarten hätte.
     
    Berkeley war wie sein Bruder Galbraith Cole und sein Schwager Lord Delamere einer der früheren Siedler, ein Pionier der Kolonie, und aufs engste vertraut mit den Massai, die damals der herrschende Stamm des Landes waren. Er hatte sie gekannt, bevor die europäische Zivilisation, die sie in der Tiefe ihres Herzens mehr als irgend etwas anderes auf der Welt verachteten, ihnen die Wurzeln gekappt und sie aus ihrer schönen Heimat im Norden vertrieben hatte. Er konnte mit ihnen in ihrer Sprache von der vergangenen Zeit sprechen. Wenn Berkeley auf der Farm war, kamen die Massai über den Fluß, um ihn zu sehen. Die alten Häuptlinge hockten sich zu ihm und beredeten ihre Sorgen mit ihm, seine Späße brachten sie zum Lachen – es war, als ob Steine lachten.
    Berkeleys Verhältnis und Freundschaft mit den Massai war es

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