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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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wurde mir zu einer Wohltat des Herzens, es brachte neues Leben auf die Farm, es wurde die Stimme der Farm, »die Seele des Waldes, Frau Nachtigall«. Zuweilen kam Denys unerwartet ins Haus, wenn ich auf der Kaffeeplantage oder im Maisfeld war, brachte neue Platten mit und stellte das Grammophon an. Wenn ich bei Sonnenuntergang heimritt, strömte die Melodie durch die klare kühle Abendluft auf mich zu und sagte mir an, daß er da war, als hätte er mir von weitem entgegengelacht, wie er’s öfters tat. Die Schwarzen liebten das Grammophon und umstanden lauschend das Haus; einige von meinen Hausboys hatten ihre Lieblingsstücke und baten mich, sie zu spielen, wenn ich allein mit ihnen zu Hause war. Kamantes Vorliebe verharrte seltsamerweise mit unbeirrbarer Hingabe bei Beethovens Adagio aus dem Es-Dur-Klavierkonzert; als er mich das erste Mal darum bat, machte es ihm einige Schwierigkeiten, es mir so zu beschreiben, daß ich begriff, welches Stück er meinte.
    Denys und ich dagegen kamen in unserem Geschmack nicht überein. Denn ich liebte die alten Komponisten, während Denys, gleichsam um den Mangel an Übereinstimmung mit der Gegenwart höflich wieder auszugleichen, sich in allen Künsten an das Modernste hielt und auch in der Musik nur das Neueste zu hören liebte. »Ich würde gegen Beethoven nichts sagen«, meinte er, »wenn er nicht so abgeleiert wäre.«
    Denys und ich hatten, sooft wir gemeinsam auszogen, großes Glück mit Löwen. Manchmal kam er von einer Jagdsafari von zwei oder drei Monaten verdrossen heim, weil es ihm nicht gelungen war, den Europäern, die er mitgenommen hatte, einen anständigen Löwen vorzuführen. In der gleichen Zeit waren zu mir die Massai gekommen und hatten mich gebeten, einen bestimmten Löwen oder eine Löwin, die ihnen das Vieh raubten, abzuschießen, und Farah und ich waren ausgezogen, hatten in ihren Manyattas kampiert, hatten gepaßt und gelauert, waren in der Morgenfrühe umhergestreift und hatten nicht einmal die Spur eines Löwen entdecken können. Aber wenn Denys und ich ausritten, dann waren die Löwen der Steppe zur Stelle, als erwarteten sie uns, wir trafen sie bei ihrer Mahlzeit oder sahen sie über die trockenen Flußbetten wechseln.
    Eines Neujahrsmorgens vor Sonnenaufgang fuhren Denys und ich die Narokstraße entlang, so rasch es der frische Schotter erlaubte.
    Denys hatte tags zuvor einem Freunde, der mit einer Jagdgesellschaft nach Süden gezogen war, seine schwere Büchse geliehen. Spätabends war ihm eingefallen, daß er vergessen hatte, ihm einen besonderen Handgriff zu erklären, durch den der Stecher ausgeschaltet werden konnte. Er war nun ernstlich besorgt deswegen, weil er fürchtete, der Jäger könne aus dieser Unkenntnis irgendwie zu Schaden kommen. Uns fiel nichts Besseres ein, als so früh wie möglich aufzubrechen, auf der neugebauten Straße abzuschneiden und die Jagdgesellschaft in Narok abzufangen. Die sechzig Meilen Weges führten durch ein unwirtliches Gelände, aber die Jagdgesellschaft reiste auf der alten Straße und konnte nicht allzu schnell vorwärts kommen, da sie schwerbeladene Lastwagen mit sich führte. Bedenklich war nur, daß wir nicht wußten, ob die neue Straße schon bis nach Narok durchgeführt war.
    Die frühe Morgenluft des afrikanischen Hochlandes ist von so eindringlicher Kälte und Härte, daß einen immer wieder die gleiche Vorstellung befällt: man sei nicht auf der Erde, sondern in dunklem, tiefem Wasser und rase auf dem Boden des Meeres dahin. Man weiß nicht einmal gewiß, ob man sich überhaupt bewegt, ob der Kältedruck gegen das Gesicht nicht von einer Tiefseeströmung herrührt und das Auto nicht wie ein träger elektrischer Fisch still am Meeresgrunde ruht und mit den zwei leuchtenden Augen seiner Scheinwerfer vor sich hin starrt und das Leben der Tiefsee an sich vorübergleiten läßt. Die Sterne scheinen so groß, weil es nicht die wirklichen Sterne sind, sondern Spiegelungen, die auf der Oberfläche des Wassers flimmern. Längs des Weges auf dem Meeresgrunde tauchen, dunkler als ihre Umgebung, immerfort lebendige Gebilde auf, springen in die Höhe und tauchen ins lange Gras. Wie wenn Krabben und Strandflöhe im Sande ihrer Fährte zögen. Gegen Sonnenaufgang wird das Licht klarer, der Meeresboden hebt sich zum Wasserspiegel empor, steigt hervor, ein neuerschaffenes Eiland.
    Wirbel von Gerüchen fegen rasch vorüber, der herbe, kräftige Duft der Olivenbüsche, der laugige Geruch verbrannten Grases, plötzlich

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