Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Raum und Zeit

Jenseits von Raum und Zeit

Titel: Jenseits von Raum und Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
Vom Netzwerk:
Raumanzug verwertet worden. Allein schon der metabolische Monitor war sein Geld wert. Mein Kompaß führte mich einen langgestreckten Berghang hinauf, auf dem ich in einer Stunde die Schneegrenze erreichen würde. Die Bäume endeten erst ein paar tausend Fuß weiter, wo die meerblauen Gletscher begannen. Zum erstenmal sah ich den Himmel von Vangard: tiefes Blau, das sich über den eisgekrönten Gipfeln, die wie eine Versammlung von Königen da« Land beherrschten, zu Violett verdunkelte.
    Nach der ersten Wegstunde legte ich eine Pause ein, gab mir eine Spritze Nährstoff, schluckte ein bißchen Wasser und lauschte, wie die Ewigkeit an mir vorbeistrich. Ich mußte an die ersten Kolonisten denken, die in den primitiven Anfängen der Raumfahrt ins Universum vorstießen, in eine Welt, die ihnen genauso unbekannt war wie einst Kolumbus der amerikanische Kontinent. Neun Jahre waren sie durch den Raum geflogen, und dann hatten sie auf Vangard eine Bruchlandung vollführt. Ich mußte daran denken, wie sie hinausgetreten waren in diese schweigende, kalte Welt – Männer, Frauen, vielleicht auch Kinder. Und sie wußten, daß es für sie keine Rückkehr gab. Und ich dachte daran, wie sie sich mit dieser Tatsache abgefunden – und weitergelebt hatten. Sie waren harte, mutige Menschen gewesen, aber ihre Härte und ihr Mut entstammten einer anderen Welt. Jetzt gab es nur mehr die andere Art – meine Art. Damals hatten sie die Zähigkeit von Pionieren besessen, vollgestopft mit unbegründeten Hoffnungen, Entschlußkraft und großen Ideen über die Zukunft. Meine Härte und mein Scharfsinn war bereits in vielen Welten erprobt. Ich war zäh wie eine Ratte. Aber die Welt, die mich jetzt umgab, zerrte doch an meinen Nerven.
    »Es ist die Stille«, sagte ich laut. »Sie bedrückt dich.« Aber der Klang meiner Stimme war zu schwach, um gegen die riesengroße Leere aufzukommen. Ich erhob mich und wanderte zum nächsten Felsblock.
     
5.
     
    Drei Stunden später hing die Sonne immer noch am selben Fleck, ein grüner Schimmer, der durch die Wipfel leuchtete und hie und da ein Loch fand, um einen kalt gleißenden Strahl auf den rostroten Nadelboden zu werfen. Ich hatte bereits vierzig Kilometer zurückgelegt, als ich den Bussard sah. Der Ort, den ich suchte, konnte nicht mehr weit entfernt sein. Ich war etwas müde trotz des niedrigen Luftdrucks, des Stromkreislaufs in meinem Luxusanzug, der mir die halbe Last jeder Muskelbewegung abnahm, und des Zeugs, das der automatische Medizinkanister in genau bemessener Quantität in meinen Arm träufelte.
    In dieser Beziehung hatte ich wirklich Glück. Daheim hätte ich zwei Wochen in einem Erholungsheim verbringen müssen, um die Nachwirkungen meiner unsanften Landung zu überwinden. Mit diesem Gedanken heiterte ich mich auf, während ich an einem Baumstamm lehnte und die angereicherte Konservenluft einatmete, die in meinem Raumanzug gespeichert war, Ich zwang mich zu positiven Gedanken, um den kleinen Lichtern Widerstand zu leisten, die vor meinen Augen wirbelten. Ich war noch immer damit beschäftigt, als ich das Geräusch hörte …
    Es war wirklich sonderbar. Zeit meines Lebens war ich von Lärm umgeben, und die paar Stunden in dieser schweigenden Welt hatten meine Sinne so geschärft, daß ich die geringfügigsten Luftschwingungen wahrnahm. Und als ich den leisen Schrei hörte, der so klang, als würde ein Seevogel nach seinem Weibchen rufen, sprang ich von meinem Baumstamm weg, wie wenn ich mich daran verbrannt hätte. Mit gespreizten Beinen und vorgeneigtem Kopf stand ich da und lauschte angespannt.
    Der Schrei wurde immer lauter, kam näher mit einer Geschwindigkeit, die mir den Rückzug unmöglich machte. Ich blickte mich um, suchte einen jungen Baum, den ich bequem erklettern konnte, aber diese Tannen schienen schon alt geboren zu sein. Der tiefste Zweig hing fünfzig Fuß hoch über mir. Ich konnte mich nur zwischen ein paar tausend Stämmen verstecken. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es wäre besser, dem Etwas, das dieses Geräusch verursachte, draußen auf offenem Land zu begegnen. Dann würde ich es wenigstens ebenso früh sehen wie es mich. Ich wußte, daß es irgend etwas Lebendes war und sich von Fleisch ernährte. Eine schwache Instinktstimme, die noch von meinen Urahnen stammte, sagte mir das.
    Eine Drehung meines Handgelenks beförderte mein Miniatur-Maschinengewehr auf meine Handfläche, und dann wartete ich. Der Schrei klang immer lauter und angstvoller, wie das Klagen

Weitere Kostenlose Bücher