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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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völlig anderen Mann. Einen Mann mit eisernem Willen, einen Kämpfer. Einen, dem gewaltsamer Tod vertraut war. Scheu musterte sie ihn.
    Hatte er im Widerstand Bomben gelegt und Menschen umgebracht? Hatte er sie gefoltert, um Informationen aus ihnen herauszubekommen? Und was war mit Sarah, der gemütlichen schwarzen Großmutter, die völlig unbeeindruckt von jeglicher Gefahr nur mit einem Stock auf die bewaffneten Leibwächter losgegangen war und ihnen die Pistolen abgenommen hatte?
    Â»Und seine Frau?«, fragte sie.
    Jill lachte und schaute hinüber zu der Zulu, die sich damit abmühte, mit einem winzigen Spitzentaschentuch ihr großflächiges Gesicht abzuwischen und ihren überdimensionalen Hut zurechtzurücken, der ihr auf den Hinterkopf gerutscht war und sie wie ein smaragdgrüner Heiligenschein umrahmte.
    Â»Sarah? Sie ist ein Prachtstück. Durchtrieben und mutig, sehr intelligent, obwohl sie das geschickt verbirgt  – du kannst dir gar nicht vorstellen, wie überzeugend sie eine dumme Schwarze spielen kann. Sie ist geschäftstüchtig bis zur Schmerzgrenze und ganz und gar liebenswert. Früher hat sie, wie so viele schwarze Frauen, als Hausmädchen bei Weißen gearbeitet. Ihre erste Anstellung
war bei einer jungen Deutschen, die mittlerweile nicht mehr jung ist und jetzt bei Hamburg lebt. Die beiden sind Freundinnen geworden und bis heute geblieben.«
    Anitas Blick glitt hinauf zu dem glasfunkelnden Haus. »Das Haus gehört also ihnen? Vilikazi sagte, dass es sein Land sei.«
    Â»Das Land bis zum Hügel und alles, was du hier sehen kannst, gehört den Dumas.« Jill beschrieb einen weiten Kreis mit ihrer Hand. »KwaDuma heißt Ort des Duma. Das Haus da oben gehört seinem frischgebackenen Schwiegersohn und dessen Familie. Vor nicht allzu langer Zeit lebten die dort oben am Hang in einem Umuzi  – einem traditionellen Zulu-Hof mit Rundhütten und dem Viehgatter in der Mitte. Dann hat der Alte beschlossen, Bauunternehmer zu werden und hat jede Menge Staatsaufträge, unter anderem für eines der Fußballstadien, an Land gezogen.« Ein böses Lächeln kräuselte ihre Mundwinkel. »Und nun geht es ihnen … ziemlich gut. Man nennt seinesgleichen heute Black Diamonds. Schwarze Diamanten.«
    Anita bemerkte das Lächeln. »Heißt was?«, fragte sie befremdet.
    Jill wandte sich zur Seite und rief sich innerlich zur Ordnung. Gewisse Umstände in ihrem Land  – derart spektakuläre Erfolge beruhten im neuen Südafrika praktisch ausschließlich auf guten Beziehungen oder einer Position ganz oben in der Regierungspartei  – reizten sie inzwischen oft so, dass sie ihren Sarkasmus nicht zügeln konnte. Der hatte sich allerdings erst in den letzten paar Jahren so richtig herausgebildet.
    Als die Apartheidregierung hinweggefegt worden war, hatte sie wie so viele andere an das Wunder geglaubt, von dem sie zuvor nicht zu träumen gewagt hatte. Zur Vereidigung von Nelson Mandela war sie nach Kapstadt geflogen und hatte tränenüberströmt vor Begeisterung zugesehen, wie dieser Mann, der 27 Jahre seines Lebens dafür gegeben hatte, sein Land  – das auch ihr Land war  – vom Terror zu befreien, den Eid auf die Verfassung
geschworen hatte. Jahrelang hatte sie sich an diesen Traum vom Wunder geklammert. Aber eines Tages waren die ständigen Berichte über horrende Mordraten, die Tatsache, dass alle dreißig Sekunden eine Frau vergewaltigt wurde, die explodierenden Aids-Infektionen, die jahrelange Behauptung der Regierung, dass Rote Bete dagegen helfen würde, und auch die unverfrorene, lawinenartige Korruption einfach zu viel geworden. Die Ernüchterung hatte fürchterlich wehgetan. Tat sie heute noch. Aber Touristen wollten wunderbare Ferien in diesem traumhaft schönen Land mit freundlichen Eingeborenen machen und solche Dinge nicht hören.
    Â»Heißt gar nichts«, versetzte sie ruhig. »Er ist extrem erfolgreich, wie man sieht. Vom Ziegenhirten zum Multimillionär, ist doch eine tolle Sache. Eines der Märchen in unserem Land, das wahr geworden ist.«
    Dabei erinnerte sie sich nur zu gut daran, dass ihr eines Tages der Kragen geplatzt war und sie ihrer Enttäuschung über die neue Elite Nils gegenüber lauthals Luft gemacht hatte. Er hatte sie lange ruhig angesehen, ehe er ihr klargemacht hatte, dass ihre afrikanischen

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