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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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namens Marina Muro entzogen hatte und einige Schritte entfernt auf sie wartete.
    Â»Meine Güte, da fällt mir etwas ein«, rief Anita. »Bei Maurice habe ich einen Typen getroffen, von dem ich dich sehr herzlich grüßen soll. Dich und ausdrücklich Kira und Luca. Sein Name ist Len Pienaar. Kennst du ihn?«
    Es war, als hätte jemand Jill Rogge stehend k. o. geschlagen. Versteinert stand sie da und starrte Anita an. Ihre Lippen bewegten sich wie im Krampf. »Mich und die Kinder?«
    Â»Ausdrücklich.« Anita nickte. »Kira und Luca. Er schien euch gut zu kennen.«
    Â»Sag den Namen noch einmal.« Jills Worte waren kaum zu verstehen. Ihre Stimme gehorchte ihr offenbar nicht richtig.
    Â»Len«, antwortete Anita, erstaunt über die Reaktion. »Len Pienaar.«
    Â»Beschreib ihn bitte«, krächzte Jill mühsam. Die Hände hatte sie geballt, die Knöchel schimmerten weiß.
    Â»Groß, massig, fast fett, kleiner Kopf, fiese Augen, Mund wie ein Schlitz. Hellblaue Kniestrümpfe. Er hatte einen Kamm darin stecken. Eklig.« Anita legte den Kopf schief. »Ach ja, und sein linker Arm ist amputiert.«
    Der Effekt ihrer Worte war furchtbar. Entsetzt beobachtete sie, wie die stets besonnen und beherrscht wirkende Eigentümerin von Inqaba unkontrolliert anfing zu zittern. In Wellen liefen die Anfälle durch den schlanken Körper hindurch. Die Bilder, die sie augenscheinlich jetzt vor sich sah, mussten schrecklich sein, so verzerrt war ihre Miene, so unübersehbar groß war ihre offensichtliche Angst.
    Nils war mit wenigen Schritten neben seiner Frau, schlang einen Arm um sie, zog einen Stuhl heran und ließ sie behutsam
darauf nieder. Dann drehte er sich um und stieß einen gellenden Pfiff aus. Sekunden später schoss Thabili aus der Küche und schaute sich empört um.
    Nils hob den Arm. »Thabili! Hier!« Dann feuerte er einen Stakkato-Satz in Zulu ab, worauf Thabili zum Büro stürzte. Nils fixierte Dirk mit einem Blick, der Stahl hätte schneiden können. »Was ist hier eben passiert, Dirk?«
    Anita räusperte sich betreten. »Ich kann das erklären. Gestern traf ich einen Mann auf der Farm von Maurice. Als ich Inqaba erwähnte, ließ er Ihrer Frau und Ihren Kindern herzliche Grüße ausrichten. Und zwar nachdrücklich. Grüße an die schöne Jill und Kira und Luca. Das habe ich weitergegeben. Der Mann heißt Len Pienaar. Er hilft Maurice mit den Löwen, hat er gesagt.«
    In abgeschwächter Form hatte die Erwähnung dieses Namens auf Nils eine ähnliche Wirkung wie vorher auf seine Frau. »Die Verkörperung des Bösen«, flüsterte er und ging neben Jill in die Knie. Sanft nahm er ihre Hände in seine und schob sein Gesicht ganz dicht an ihres. »Ich passe auf euch auf, Honey. Hörst du? Niemand kommt an euch heran, und schon gar nicht dieses Schwein. Das schwöre ich!«
    Jills Lippen waren weiß, ihre Unterlippe bebte. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. »Kira ist bei Lucy. Wir müssen sie sofort abholen.«
    Â»Ich mache das. Du bleibst hier bei Luca. Außerdem werden wir noch heute Bodyguards für euch einstellen. Roly und Poly lassen wir nachts frei im Haus laufen, und sie bekommen zum letzten Mal mittags etwas zu fressen, damit sie nicht nachts ihren Verdauungsschlaf halten und zu faul sind, aufzupassen. Und wir sollten uns überlegen, den Terrorzaun wieder zu installieren.«
    Jill klammerte sich an seine Hände. »Herrgott, der Terrorzaun? Ich war so verdammt froh, als ich ihn endlich abreißen konnte. Es war, als wären wir in einem Hochsicherheitsgefängnis
eingeschlossen … Vergitterte Fenster … Der meterhohe elektrische Zaun, und die Pistole immer griffbereit in meinen Jeans, das Gewehr neben meinem Bett … Und dann diese ständige Angst …« Jills Stimme versagte ihr den Dienst. Sie verstummte.
    Anita musterte sie mitfühlend. Sie hatte von diesen sogenannten Terrorzäunen gehört. Doppelzäune, die elektrische Drähte krönten und in deren breitem Zwischenraum Hunde und Wachleute patroullierten. Vor der politischen Wende dienten diese Zäune als Abwehr von Überfällen von Freiheitskämpfern  – Terroristen in der Umgangssprache der Apartheidregierung.
    Â»Ich will das nicht, nicht noch einmal«, flüsterte Jill jetzt mit geballten Händen, die nicht aufhörten

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