Jenseits von Timbuktu
und atmete schwer. Das Abbild einer zutiefst verängstigten Frau.
»Hör auf, dich aufzuspielen, hier geht es nicht um dich«, zischte Flavio Schröder. »Wer also ist dieser Mensch, Nils?«
»Er hat nichts mit Ihnen zu tun, und Sie sind in keinerlei Gefahr. Hier handelt es sich um eine sehr persönliche Sache. Es tut mir nur leid, dass Sie das alles hier mitbekommen haben.« Er streckte Jill die Hand hin. »Komm, Honey.«
»Moment mal, Nils.« Dirk hielt ihn am Arm fest. »Anita ist morgen wieder bei ⦠Maurice. Was ist, wenn sie Pienaar begegnet �«
Anita registrierte sehr erleichtert, dass er in letzter Sekunde vermied zu erwähnen, wen sie eigentlich besuchen würde. »Dirk,
bitte â¦Â«, unterbrach sie ihn. »Ich kann für mich selbst reden. Aber es stimmt. Falls ich diesen Mann noch einmal treffen sollte, muss ich wissen, mit wem ich es zu tun habe.« Erwartungsvoll wandte sie sich den Rogges zu.
Nils aber schob den Stuhl zurück und stand auf. »Später ⦠entschuldige, ich muss meine Frau â¦Â«
Dirk schlug mit der Hand auf den Tisch. »Verdammt, jetzt hör aber auf, Nils! Droht Anita Gefahr, wenn sie Pienaar über den Weg läuft? Ja oder nein? Du kannst jetzt unmöglich einfach weggehen, ohne etwas zu sagen â¦Â«
Jill sah hoch. Ihre tiefblauen Augen waren rot gerändert, das Make-up verschmiert, ihr schwarzes Haar verschwitzt. Sie zog ihren Mann zurück. »Dirk hat recht. Setz dich wieder hin, ich werde es ihnen kurz erklären.«
»Das macht es nur noch schlimmer für dich«, sagte Nils eindringlich. »Der ganze Dreck wird wieder hochkommen, das weiÃt du.«
Jill schenkte ihm ein kurzes Lächeln. »Ist schon gut, Liebling. Es ist schon alles hochgekommen, als Anita mir den Gruà ausgerichtet hat. Er ist in unserer Nähe. Ich muss mich dem stellen, und Anita muss wissen, wer ⦠Pienaar ist. Ob sie will oder nicht, sie ist mit hineingezogen worden und hat in gewisser Weise Anrecht auf eine Erklärung. AuÃer dir kennt keiner die ganze Geschichte. Nicht einmal unsere Feunde Neil Robertson und Vilikazi Duma.« Sie streichelte ihm zärtlich über die Wange. »Wer weiÃ, vielleicht verschwinden die Albträume, wenn ich endlich einmal darüber spreche.«
Sie räusperte sich, faltete die Hände auf der Tischdecke, heftete ihre Augen fest darauf und begann mit schleppender Stimme zu reden.
»Len Pienaar war Kommandant einer geheimen Eliteeinheit von Polizeioffizieren, die für die Geheimpolizei politische Morde ausführten. Man nannte ihn nur die Verkörperung des Bösen,
und ich kann versichern, dass diese Bezeichnung auÃerordentlich akkurat ist.«
Am Tisch wurde es schlagartig totenstill, alle lehnten sich gebannt vor. Jill dämpfte ihren Ton weiter, wohl um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Die Gäste an den Nachbartischen hatten sich schon bei ihrem Zusammenbruch mit einer Mischung aus Besorgnis und Neugier herumgedreht, um zu sehen, was da vorgefallen war. Es wurde getuschelt, Blicke flogen hin und her, Hälse waren gereckt, jemand öffnete verstohlen seine Digitalkamera.
Nils legte ihr die Hand auf den Arm. »Wart mal einen Moment.« Er stand auf, hob eine Hand und lächelte breit in die Runde auf der Veranda. Sofort hatte er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. »Ich sehe, Sie sind besorgt, aber es ist alles in Ordnung. Meine Frau hat nur zu wenig Flüssigkeit zu sich genommen, und ihr ist von der Hitze schlecht geworden. Nehmen Sie sich das also als Beispiel, und vergessen Sie nie, genügend Wasser zu trinken. Danke für Ihre Aufmerksamkeit, und nun guten Appetit und einen schönen Abend.«
Befreites Gemurmel begrüÃte seine Worte, es wurden sofort mehrere Bestellungen für Mineralwasser und Fruchtsäfte bei den Kellnerinnen aufgegeben, und die Unterhaltung drehte sich wieder um Safari-Abenteuer.
»So, jetzt haben wir Ruhe.« Nils setzte sich wieder und nickte seiner Frau zu.
Jill räusperte sich noch einmal. »Die Verkörperung des Bösen«, fuhr sie fort, hielt dabei den Blick weiterhin auf die gefalteten Hände geheftet. »Besser kann man Pienaar nicht beschreiben. Es gab eine Farm in Südafrika namens Vuurplaas  â heute wird sie als eine Art Denkmal erhalten, warum, kann ich nicht verstehen. Es war eine Folterfabrik, wo systematisch
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