Jenseits von Timbuktu
stillzustehen, lief er über die Veranda die Treppe hinunter, ein paar Meter den Pfad entlang, drehte um, sprang die Treppe wieder hoch, setzte sich an einen der Tische, trommelte mit den Fingern auf die Platte, schubste dann abwesend sein Mobiltelefon, dass es kreiselte, und bemühte sich dabei, seine Gedanken zu ordnen. Er zählte die Fakten auf.
Tatsache war lediglich, dass Anita nicht im Bungalow übernachtet hatte und dass sie auf ihrem Handy nicht zu erreichen war. Im Wohnzimmer hatte eine Leinenhose und ein ärmelloses Oberteil auf dem Sessel gelegen. Abgereist war sie offenbar nicht. Warum also machte er sich Gedanken?
»Was möchten Sie bestellen, Sir?«, fragte eine Kellnerin.
Er schaute hoch und schüttelte nur abwesend den Kopf. »Nichts, danke. Ich gehe gleich wieder.«
»Einen Tee vielleicht? Es ist wieder sehr heiÃ, da müssen Sie viel trinken.« Die Zulu hatte groÃe weiÃe Zähne und ein sehr hübsches Lächeln.
Erst jetzt bemerkte er, dass seine Haare schweiÃnass waren und ihm sein T-Shirt am Rücken klebte. Er bestellte ein groÃes Mineralwasser und einen Espresso. Die junge Schwarze notierte es sich und entfernte sich mit schlurfenden Schritten. Er nahm sein Mobiltelefon hoch und drückte die Anruftaste. Sekunden später warf er das Gerät so heftig hin, dass es über die Tischplatte rutschte. Wieder nichts, nicht einmal diese nervende metallische Frauenstimme.
»Auch keinen Empfang?«, fragte ein Mann mit Baseballkappe und blau-weià gestreiftem Poloshirt vom Nebentisch.
»Wie bitte?«
»Keinen Empfang.« Der Mann hielt sein Handy hoch. »Mausetot!«
Keinen Empfang? Hastig griff Dirk zu seinem Telefon und prüfte den Empfangsbalken im Display. Nichts. Nicht einmal ein einziger Strich. Er war so erleichtert, dass er nach Luft schnappen musste. Herrje, was für eine simple Erklärung. Fast wäre er aufgesprungen und hätte einen Freudentanz aufgeführt. Oder den Menschen am Nachbartisch geküsst.
Der Mann zog eine saure Grimasse. »Irgendwo sollen wieder Kabel geklaut worden sein, und schon sind wir von der AuÃenwelt abgeschnitten. Vom schönen neuen Kommunikationszeit-alter â plumps! â zurück in die Steinzeit.« Er war sichtlich erbost.
»Wennâs dringend ist, hat Jonas am Empfang noch ein Funkgerät oder vielleicht funktioniert sein Festnetztelefon«, bemerkte Dirk und fühlte richtige Zuneigung zu dem Mann.
»Ach, so dringend war es nicht. Es ist nur â im Prospekt hat gestanden, dass man hier überall Handyempfang hat, und das stimmt einfach nicht«, maulte der Mann. »Ich hab dafür bezahlt, dann will ich das auch haben.«
»Das ist Afrika.« Dirk lachte und barst fast vor Erleichterung. »Da weià man nie, was passiert! Dafür haben Sie auch bezahlt.«
Der Gast musterte ihn unsicher, stimmte dann aber in das Gelächter ein. »Je nun«, murmelte er.
Als seine Getränke serviert wurden, gab Dirk der Zulu ein viel zu hohes Trinkgeld, für das sie ihn sofort mit ihrem schönen Lachen belohnte. Immer noch ganz zittrig vor Erleichterung, trank er erst den Espresso und leerte dann das Wasser in einem Zug.
Cordelia hatte mit der Antwort gezögert. Vielleicht hatte sie ihm nicht die Wahrheit gesagt, und Anita hatte bei dem Gespräch neben ihr gestanden. Vielleicht wollte Anita einfach ungestört mit ihrer Schwester zusammen sein. Das erschien ihm als eine völlig einleuchtende Erklärung. Dies und der gestörte Handyempfang. Irgendwo auf dem Highway würde der Empfang sicherlich besser sein.
Er beschloss, dem alten Napoleon de Villiers einen Besuch abzustatten, hoffte, dass der ihn hereinlassen würde, auch wenn Anita nicht dabei war. Vielleicht würde ein guter Wein zur besseren Verständigung beitragen. Er erstand von Thabili eine Flasche hervorragenden Kapwein, die beeindruckend teuer war, und begab sich anschlieÃend, wieder unbeschwert vor sich hin pfeifend, zu seinem Geländewagen.
Auf dem Weg zum Parkplatz kamen ihm Mark und Philani entgegen. Sie hielten einen Zulu, der ebenfalls die Rangeruniform von Inqaba trug und den er nach näherem Hinschauen als den Neuen namens Africa erkannte, mit festem Griff an den Oberarmen gepackt hielten und marschierten mit ihm zum Haupthaus. Dem Mann lief Blut aus der Nase, und ein Auge war völlig zugeschwollen, das andere blutunterlaufen. Die
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