Jenseits von Timbuktu
beiden älteren Ranger machten ein grimmiges Gesicht, das von Africa drückte eine Mischung aus Aufsässigkeit und Angst aus. Philani trug einen Jutesack, der ziemlich voll zu sein erschien.
Neugierig sah Dirk den Rangern hinterher. Für ein paar Sekunden spielte er mit dem Gedanken, ihnen nachzugehen, um herauszufinden, was da vorgefallen war, und nach einer Sekunde
der Unentschlossenheit tat er genau das. Er lungerte am Haupthaus herum, gab vor, sich mit seiner Videokamera zu beschäftigen. Jill war inzwischen eingetroffen, und ihre aufgebrachte Stimme war durch ihr offenes Bürofenster klar zu verstehen. Sie warf dem Zulu lautstark vor, systematisch auf Inqaba gewildert zu haben.
Geier, wie Dirk hörte. Africa bestritt die Anschuldigungen vehement und wortreich. Doch so wie es schien, waren die Beweise erdrückend. Verstohlen spähte er durchs Fenster. Mark und Philani hatten abgeschnittene Geierköpfe, einen kopflosen Balg dieser riesigen Vögel, aber auch ein paar gröÃere Fleischstücke auf Jills Schreibtisch auf einer Zeitung ausgebreitet. Die Auseinandersetzung wurde noch lauter, die Gestik aggressiver, alle redeten durcheinander, bis Jill die drei Männer mit erhobener Hand zum Schweigen brachte.
»Africa, du ziehst auf der Stelle diese Uniform aus, händigst alle Schlüssel aus und verlässt Inqaba . Du wirst mein Land nie wieder betreten.«
Africas gesundes Auge sprühte vor hilflosem Zorn. »Ich brauche Geld!«, schrie er. »Wir haben nicht genug zu essen, und ich brauche Kinder, die mich in meinem Alter versorgen. Ich brauche eine zweite Frau, und ich will Chrissie haben, aber wovon soll ich das Lobola für sie denn bezahlen? Gute Frauen sind teuer heutzutage. Wie soll ich jetzt an Geld kommen?«
Jill warf die Hände in die Luft. »Ach, verschone mich mit diesem Mist«, fauchte sie. »Geld bekommt man für Arbeit. Du wilderst, tötest Lebewesen und stiehlst damit auch mein Geld, womit ich eigentlich deine Kollegen bezahlen will. Das werde ich nicht können, und dann müssen die hungern. Verschwinde, und wage es ja nicht, Inqaba jemals wieder zu betreten! AuÃerdem werde ich Anzeige wegen Wilderei gegen dich erstatten. Philani, begleite ihn zu den Rangerunterkünften und sieh zu, dass er alles ordnungsgemäà abgibt und Inqaba verlässt. Sag überall Bescheid,
dass er Hausverbot hat. Auch der Wildererpatrouille. Besonders der!«
Philani salutierte mit zwei Fingern an der Stirn, packte Africa, der viel kleiner war als er, am Oberarm und zerrte ihn weg. Dirk trat schnell in den Schatten zurück. Er wartete, bis Philani mit Africa die Veranda verlassen hatte, und begab sich danach zum Parkplatz.
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Dass sie an der vorletzten Weggabelung falsch abgebogen war, hatte Anita deswegen nicht mitbekommen, weil der Fahrtwind durch den schmalen Fensterspalt, den sie auch jetzt noch immer nicht bemerkt hatte, eine Fliege herreingeweht hatte. Geradewegs in ihren geöffneten Mund. Reflexartig schluckte sie, die Fliege geriet ihr in die Luftröhre, und in dem darauffolgenden krampfartigen Hustenanfall verriss sie das Steuerrad so, dass sie, ohne es zu merken, scharf rechts statt halb rechts abbog, und da war es geschehen.
Nachdem sie die Fliege schlieÃlich ausgehustet hatte und wieder Luft bekam, fuhr sie weiter die schmale StraÃe mit dem zerbröckelten Asphalt entlang, die eigentlich nur ein Pfad war. Es war heiÃ, das Licht flimmerte, und ihre Gedanken glitten ab. Das passierte ihr beim Autofahren ab und zu. Sie fuhr, lenkte, schaltete, reagierte korrekt auf den Verkehr, aber auf einer anderen Bewusstseinsebene gingen ihre Gedanken auf Wanderschaft. Kam sie zu sich, geriet sie manchmal in Panik, wenn sie feststellte, dass sie Kilometer zurückgelegt hatte, ohne es wahrzunehmen. Jetzt berührten ihre Gedanken Cordelia, sprangen zu ihrer Mutter und landeten bei dem, was ihr Vater getan haben sollte. Ihre Hände verkrampften sich am Steuerrad.
Der scharfkantige Stein ragte nur zwei Handbreit aus der roten Erde, aber es genügte, den Reifen ihres Wagens aufzuschlitzen. Das Steuer wurde ihr aus der Hand gerissen, der Wagen schleuderte ein, zwei Meter weiter und stoppte dann, als wäre er gegen eine Wand geprallt.
Anita wurde nach vorn geworfen, der Sitzgurt zog sich automatisch stramm und riss sie mit einem Ruck in die Gegenwart zurück. Ihr wurde klar, dass sie mit geborstenem Reifen auf einer
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