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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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sich sein Abbild in ihre Netzhaut brannte, fuhr nicht weit von ihrem Haus in die Baumkronen. Donner rollte über den Himmel, erschütterte die Erde, ihr Haus und ihren Körper. Es war apokalyptisch, und es machte ihr furchtbare Angst, weil sie die Auswirkungen nur zu gut kannte.
    Ãœberschwemmungen, Pfade, die zu reißenden Flüssen wurden, Schlammlawinen, Erdrutsche und Feuer. Bei jedem dieser gewaltigen Gewitterstürme brannten in Zululand Häuser ab, fast immer die grasgedeckten Hütten der Landbevölkerung, aber auch die Rieddächer vieler Lodges wurden nicht verschont. Auf Inqaba gab es eine Handvoll davon, und auch die Farmarbeiterunterkünfte waren oft mit Gras gedeckt. Die Bungalows hatten Blitzableiter auf dem Dach, die Hütten der Farmarbeiter aber nicht. Nicht mehr. Ursprünglich hatte Jill sie auch mit Blitzableitern versehen lassen, aber der Draht wurde immer wieder gestohlen, sodass sie es irgendwann einmal aufgegeben hatte, sie zu erneuern. Bei dem letzten Gewitter dieser Größenordnung hatte es zwei Tote gegeben. Eine Frau, eine Zulu, mit ihrem Baby. Der Blitz war in ihre Hütte gefahren und hatte sie betäubt. Sie war mit ihrem Kind verbrannt.
    Wie eine Momentaufnahme sah sie ihre Tochter vor sich, durchnässt, verängstigt, ungeschützt dem tobenden Unwetter ausgeliefert. Und Len Pienaar. »Herrgott, ich habe solche Angst«, wimmerte sie.
    Â»Ich weiß.« Nils zog sie noch fester an sich. »Du musst immer daran denken, dass unsere Kira ein ganz besonderes kleines Mädchen ist. Sie ist sehr clever und erfindungsreich, sie ist ein wirkliches Buschbaby und hat die besten Voraussetzungen, das Abenteuer unbeschadet zu überstehen.«
    Aber Jill hörte in seinen Worten die aufsteigende Verzweiflung,
spürte seine angespannten Muskeln und klammerte sich an ihn. Draußen zerschnitt ein weiterer Blitz die Nacht, und für eine Minute lauschte Jill schweigend dem harschen Trommeln der Regentropfen auf der Veranda.
    Â»Sie hat ihn getreten und gebissen, sagt Lucy«, flüsterte sie schließlich. »Ich bin so stolz auf sie.« Dann setzte die Wirkung der Tablette ein, und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Nils lag noch lange wach und wälzte jede Möglichkeit, Kira zu finden, im Kopf herum, und als das Schwarz der Nacht dem ersten Morgengrauen wich, hatte er nicht mehr als eine unruhige Stunde geschlafen. Eine erlösende Eingebung war ihm verwehrt geblieben.

18
    A nita sah mit entzündeten Augen zu, wie das tiefe Blauschwarz, das über ihr durchs dünne Grasdach schimmerte, langsam vom aufsteigenden Morgenlicht verdünnt wurde. Das Feuer hatte sie in der Nacht gelöscht, weil der Rauch als schwere Wolke im Raum hing und Kira und sie zum Husten reizte. Ansonsten hatte sie kein Auge zugetan. Vor Sorge, was Pienaar mit Kira und ihr vorhatte, und weil das Gewitter noch stundenlang getobt hatte. Der Regen war wie ein Wasserfall durchs schadhafte Dach gestürzt und dann hinter den Grasmatten durch ein Loch in der Wand, dort wo sie an den Boden stieß, wieder hinausgestrudelt. Jetzt rann nur noch ein dünner Wasserfaden herunter, der sich bereits in Tropfen auflöste. Der Donner war leiser geworden, die Blitze kamen seltener, und es hatte aufgehört zu regnen. Ein neuer Tag zog auf und damit neue Hoffnung.
    Während der Nacht hatte sie sich mit Kira auf die andere Seite der Hütte zurückgezogen, die anfänglich einen trockenen Schlafplatz bot, der aber jetzt durch Sprühnässe ziemlich ungemütlich geworden war. Ihr Haar kringelte sich in der feuchtigkeitsgeschwängerten Luft, ihr Oberteil und die Shorts waren ebenfalls durchnässt. Vorsichtig bewegte sie sich. Ihr Arm kribbelte, weil Kira darauflag, ihr Rücken schmerzte von dem Aufprall auf den Betonboden des Hofs, und in ihrem Kopf hämmerte ein Presslufthammer. Sie fühlte sich nicht sehr wohl. Jetzt regte sich die Kleine und setzte sich mit einem leisen Maunzen auf. Mit beiden Händen rieb sie ihre Augen und blinzelte Anita unter ihrem wirren Lockenschopf an.

    Â»Ich will nach Hause«, jammerte sie mit schlafschwerer Stimme.
    Sie klang wie ein kleines Mädchen, gar nicht mehr wie der Wildfang, dessen Spielplatz der afrikanische Busch war und der durch nichts unterzukriegen war. Voller Mitleid streichelte Anita ihr übers Haar und zermarterte sich dabei das Hirn, wie sie Usathane austricksen konnte. Kira hatte sich mittlerweile

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