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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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ihn zögernd. Eine weißliche Masse, bröckelig, nicht cremig wie Kartoffelbrei, schwamm in einer dünnen Soße. »Was ist … Phuhtu?«, fragte sie mit gerümpfter Nase.
    Â»Maisbrei.« Kira langte hungrig zu, rollte den Brei mit den Fingern zu einer Kugel, stippte sie in die Soße und steckte sie in den Mund. Mit der anderen hand wedelte sie die Fliegen weg, die sich hungrig auf ihre Mahlzeit stürzten.
    Tiki lächelte zufrieden und strich scheu über Kiras weiche Locken. Es war diese Geste, die in Anita die Hoffnung aufkeimen ließ, dass Tiki nichts mit Pienaar zu tun hatte, dass sie, wenn sie es geschickt anstellte, die junge Frau wohl auf ihre Seite bringen könnte. Das aber konnte nur mit Kiras Hilfe geschehen.
    Naki, der auf ein paar Worte seiner Mutter hin die Hütte verlassen hatte, kam jetzt mit den zwei Bechern zurück. Anita nahm dem Jungen einen dankbar ab. Sie verbrannte sich die Lippen an dem scheußlich schmeckenden, brühheißen Getränk, aber sie
schlürfte es herunter. Etwas Kaltes wäre ihr lieber gewesen, aber sie hatte sich vorgenommen, alles zu essen und alles zu trinken, was man ihr anbot, um bei Kräften zu bleiben. Sie hatte keine Vorstellung, wie lange Pienaar sie hier noch festhalten würde.
    Und was er mit ihr vorhatte. Und mit den Kindern. Mit Kira.
    Der Maisbrei blieb ihr im Hals stecken. Was stand ihr bevor? Albtraumhafte Bilder – Videosequenzen aus der Tagesschau von Mädchen, die misshandelt und vergewaltigt worden waren – überfielen sie. Von denen, die das überlebt hatten, und von denen, die ihren Verletzungen erlegen waren. Der Anblick ihrer zerbrochenen Körper hatte sie schon zur Zeit der Ausstrahlung im Fernsehen nächtelang verfolgt.
    Angst krallte sich in ihr fest. Es gelang ihr kaum, ihr Entsetzen in den Griff zu bekommen, ein Flackern von Panik blieb, egal, wie sehr sie sich bemühte, sich zusammenzureißen. Zitternd wischte sie die Blechschüssel aus und lutschte die restliche Soße von den Fingern. Sie stellte die Schüssel ab und griff nach dem Tee. Den noch warmen Becher in der Hand, musterte sie Tiki. Die Zulu war ausgesprochen hübsch. Schlank, aber nicht dünn, ihr Gesicht herzförmig, die Augen wie glänzend schwarze Kirschen, und wenn sie lachte, zeigte sie Grübchen in den Wangen. Anita schätzte sie auf Anfang zwanzig. Höchstens.
    Wenn sie Tiki dazu bewegen könnte, draußen, möglichst weit entfernt von ihrer Hütte, für Abwechslung zu sorgen, würde das Kira und ihr vielleicht so viel Zeit verschaffen, dass ihre Flucht gelingen könnte. Ihr fiel Jabulile ein. Busis Tochter wollte sie auf keinen Fall zurücklassen. Aber ein Entkommen zu dritt erschien ihr so gut wie unmöglich. Ihr Blick sprang zu Naki, der vor Kira kauerte und leise mit ihr redete. Ob man ihn zu Jill schicken könnte? Oder herausfinden, ob sein Vater Africa ein Handy hatte, das er ihnen heimlich bringen konnte?
    Das Letztere verwarf sie sofort. Das würde Naki in Gefahr bringen. Der Teebecher war leer, und sie reichte ihn Tiki. Die
Zulu warf ihr ein schnelles, verschwörerisches Lächeln zu. Dann duckte sie sich unter dem Rinderfell hindurch nach draußen, ließ aber in der Öffnung einen breiten Spalt, sodass Anita trotz der Kürbiskiste, die sofort wieder den Ausgang versperrte, den freien Platz vor der Hütte, die Kühe und einen Teil des übrigen Hofs überschauen konnte.
    Sie erblickte Africa, der gerade damit beschäftigt war, armdicke Metallrohre in einen Erdhaufen zu rammen. Abwesend sah sie ihm zu, während ihre Gedanken nur darum kreisten, wie sie die Flucht bewerkstelligen konnte. Kurz darauf erschien Tiki in ihrem Blickfeld, die einen Krug auf dem Kopf balancierte. Einen Moment beobachtete die Zulu mit offensichtlicher Verwirrung das Treiben ihres Mannes.
    Â»Woher hast du die Rohre?«, fragte sie laut und stemmte die Arme in die Hüften. »Geklaut, oder? Und wo?«
    Africa warf ihr einen mürrischen Blick zu. »Von der Baustelle an der Straße. Die brauchen die nicht.« Wieder rammte er eines der Rohre in einen weichen Erdhaufen.
    Tiki schaute ungläubig drein. »Ach, und wieso steckst du sie in den Boden?«, rief sie. »Glaubst du, die schlagen Wurzeln?«
    Africa knurrte unwirsch. »So rollen sie nicht den Abhang runter«, sagte er schließlich. »Nun lass mich in Ruhe. Geh kochen, ich hab

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