Jenseits von Timbuktu
murmelte Dirk und schaute durchs Seitenfenster nach drauÃen, damit sein Freund seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte.
»Unsinn, du bist verknallt. So habe ich dich noch nie erlebt.
Wo ist der zynische Dirk, der jede Frau bedenkenlos sitzen lässt, wenn sie nicht in sein Leben passt? Wie ist es, würdest du für sie dein Vagabundenleben aufgeben?«
Dirk starrte weiter nach drauÃen, aber er sah nicht die sonnenverbrannte Landschaft, die kleinen Hirtenjungs, die mit hellen Schreien ihre Herden durchs Grasland trieben, die Frauen, die neben ihren roh gezimmerten Verkaufsständen, auf denen sich Ananas und Avocados türmten, unter einem Baum schliefen oder mit ihren Freundinnen schwatzten, Frauen, die einfach ihr Leben lebten, eingebettet in ihre Familie, ihren Clan. Er spürte nicht die Seelenruhe, die dieses Land ausströmte.
Er sah sich auf irgendeinem Flughafen in irgendeinem Land, im Hintergrund die brüllenden Triebwerke der Flugzeuge, Reisetasche über die Schulter geworfen, Sonnenbrille auf der Nase, vor ihm ein neuer Film, ein neues Land, neue Menschen, und er sah die Frau, irgendeine von den vielen, die er gekannt hatte, hinter der Absperrung in der Menschenmenge stehen und ihm sehnsüchtige Luftküsse hinterherschicken. Sah sich, wie er ihr den Rücken zukehrte. Für immer. Sah, dass sie es wusste, sah, dass ihr das Herz brach. Saà er im Flugzeug, hatte er meist schon ihren Namen vergessen und flirtete mit der hübschesten Stewardess.
Weg von hier woandershin, das war bisher sein Lebensmotto gewesen. Wie würde es sein, wenn er jeden Tag im selben Bett neben derselben Frau aufwachen würde? In Gedanken baute er sich ein Haus, eines mit viel Land drum herum, mit groÃen Fenstern und sonnendurchfluteten Räumen. Mit Anita mittendrin. Und plötzlich wusste er es. Ganz ohne Zweifel.
»Würde ich.«
Nils sah ihn von der Seite an. »Weià sie das?«
Dirk schwieg vielsagend und schaute aus dem Fenster.
»Oha« war der einzige Kommentar seines Freundes.
Riaan riss das Rindsfell vom Eingang der Hütte weg und befahl Anita barsch, mit den Mädchen herauszukommen. »Ein bisschen hoppla, wenn ich bitten darf!«, fuhr er Anita an. »Beweg dich, sonst komm ich rein und treib euch raus.«
Die Mädchen hatten ihn verstanden und waren bereits aufgestanden. Anita verlieà die Hütte als Erste. Die gleiÃende Morgensonne blendete sie so stark, dass sie die Augen schlieÃen musste, die prompt zu tränen anfingen.
»Hör auf zu flennen, meine SüÃe, deine kleine Freundin ist wieder da, nun bist du nicht mehr allein. Alles ist gut!«
Anita blinzelte aufgeschreckt in die Helligkeit und konnte einen kurzen Aufschrei nicht unterdrücken. Jills Tochter hockte vor ihr auf dem Boden. Die Bermudas und das Oberteil waren zerrissen und schlammverschmiert, ihre Haut mit blutigen Kratzern übersät, auf denen bereits die ersten SchmeiÃfliegen ihre Mahlzeit suchten. Die Kleine befühlte ihren rechten Knöchel, der leicht geschwollen war. Als Zungu sie auf die Beine stellen wollte, balancierte sie auf einem Bein und fauchte ihn dabei wie eine Wildkatze an. Zungu lachte und setzte sie hart auf dem Boden ab.
»Na, jetzt zufrieden?« Pienaar grinste süffisant. Er stieà sie an. »Ab in den Lieferwagen mit dir.«
Anita blieb stehen, die Arme in die Hüften gestemmt, das Kinn gehoben, und in ihrer Miene war nicht der geringste Anflug von der Angst zu entdecken, die ihr fast die Luft nahm. »Nicht ohne die Kinder.« An ihm vorbei traf sich ihr Blick mit dem von Kira. Die Tränen, die an Kiras Wimpern glitzerten, das Zittern ihrer Lippen, schnitten ihr ins Herz.
Pienaar legte den Kopf schief und schaute sie mit zusammengekniffenen Augen an, und langsam verzog sich der schmale Mund zu einem unangenehmen Lächeln. Sein Blick bekam etwas Kalkulierendes. Anita erkannte sofort, dass sie einen Fehler begangen hatte. Von jetzt an würde er die Kinder als Druckmittel
benutzen. So war dieser Widerling gestrickt. Stumm, mit gesenktem Kopf, stieg sie in das fensterlose Innere des Wagens, bemüht zu signalisieren, dass sie keinen Widerstand mehr leisten würde. Er sah ihr, die Hände über seinem beachtlichen Wanst verschränkt, mit einem schrägen Grinsen nach. Einem zufriedenen Grinsen, und sie fragte sich, was er von ihr fordern könnte. Doch ihr fiel nichts ein, höchstens Geld für
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