Jenseits von Timbuktu
Jeans steckte er in die Buschstiefel, die ihm
Chrissie mit missbilligender Miene hingestellt hatte, und schnürte sie sorgfältig zu. Er hatte sie aus zwei Millimeter dickem Hippo-Leder extra nach seinen Vorgaben anfertigen lassen. Sie reichten ihm die halbe Wade hoch und boten den besten Schutz gegen unvorhergesehene Begegnungen mit Schlangen und ähnlich unangenehmen Bewohnern der unteren Buschregion.
Als er sich fertig angekleidet hatte, nahm er seinen altgedienten Revolver vom Nachttisch, steckte extra Patronen und eine starke Taschenlampe ein, prüfte, ob sein Telefon aufgeladen war, und verabschiedete sich mit einem schnellen Kuss von Chrissie. Sie hielt ihn zurück und fragte noch einmal, wohin er wolle.
»Timbuktu«, gab er widerwillig zur Antwort.
Die Zulu schaute perplex drein. »Timbuktu? Am Niger?«
»Unsinn. Ich meine Lias Farm. Jahrzehntelang hieà sie Timbuktu, und so nenne ich sie immer noch.«
»Was willst du da?« Chrissie hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
»Vilikazi meint, dass Jill mich brauchen würde, und ich kenne das Areal seit meiner Jugend wie meine eigene Westentasche.«
»Jill von Inqaba? «
Leon de Villiers nickte und beschied ihr etwas schroff, dass er ihr alles später erklären werde. Jetzt sei dazu keine Zeit. Bevor sie reagieren konnte, war er ihr aus der Tür entwischt und saà im Landrover. Im Rückspiegel sah er sie mit hängenden Schultern auf der Veranda stehen und ihm nachsehen. Er winkte ihr noch einmal zu und nahm sich vor, morgen Abend mit ihr essen zu gehen. In ein richtig schönes Restaurant. Und er würde seinen guten Anzug anziehen. Chrissie mochte so etwas. Er startete den Motor und rollte von seinem Grundstück.
Das Auto von Nils Rogge entdeckte er im Scheinwerferlicht sofort, obwohl es abseits geparkt war, und auch das Loch im Zaun. Aber von Jill und Nils war weit und breit nichts zu sehen, auch nichts zu hören. Er zog sein Telefon hervor und stellte mit
einiger Sorge fest, dass der Empfang lausig war. Trotzdem wählte er die Nummer von Nils, die er noch vom letzten Anruf gespeichert hatte.
»Ja«, meldete der sich gedämpft.
»Leon hier ⦠Nappy de Villiers«, setzte er hinzu, als seine Worte mit verblüfftem Schweigen begrüÃt wurden.
»Nappy? Was ⦠wie ⦠Ist was? Wir haben â¦Â«
Leon schnitt ihm das Wort ab. »Wir haben nicht viel Zeit. Hör mir einfach zu.« Er berichtete im Telegrammstil, was ihm Vilikazi gesagt hatte und dass womöglich zwei Männer auf dem Weg zu Pienaar waren. Mit dem Befehl, ihn zu töten. »Du kannst dir vorstellen, was passieren kann, wenn die Mädchen dazwischengeraten. Ich stehe hier vor einem Loch im Zaun, direkt dort, wo die Farmabfälle abgeladen werden. Es ist eine Art Hof â¦Â«
»Das Loch haben wir gemacht«, unterbrach ihn Nils. »Wir befinden uns auf dem Hof, und wir haben Kira gefunden und die anderen Mädchen auch. In einer Art Schuppen, fünf Minuten von diesem Hof entfernt.«
»Halleluja, es gibt doch noch einen Gott«, rief Leon mit Inbrunst. »Das sind wunderbare Neuigkeiten. Damit hat sich das mit Vilikazis Leuten wohl erledigt. Sind sie ⦠Ich meine, hat der Kerl �«
»Wissen wir noch nicht«, sagte Nils. »Sie scheinen bis auf Prellungen und Kratzer unversehrt zu sein. Aber die Angst der vergangenen Tage haben sie natürlich noch nicht abgeschüttelt. Thandi Kunene wartet auf Inqaba darauf, sie zu untersuchen.«
»Verstehe, du kannst jetzt nicht frei reden. Und die Hübsche? Anita? Sie ist hoffentlich auch aufgetaucht? Unverletzt und guter Dinge?«
»Nein, von ihr haben wir noch keine Spur gefunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Pienaar sie auf Timbuktu gefangen hält, ist sehr groÃ. Die Sache mit Vilikazis Leuten hat sich also noch
nicht erledigt, das heiÃt, Anita könnte immer noch zwischen die Fronten geraten. Und dann gnade ihr Gott!«
Leon spürte die Sorge hinter Nilsâ knappen Worten. »Ich kenne die Farm seit meiner Jugend in- und auswendig, und ich weià von einer Futterstelle für die Löwen tief im Herzen von Timbuktu . Dort gibt es ebenfalls ein Gebäude. Dorthin könnte Anita gebracht worden sein. Es ist so gut getarnt, dass man direkt davorstehen könnte und würde es trotzdem nicht erkennen.«
»Dirk ist auf der Suche nach ihr. Er ist allein
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