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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Kraft gegen den Sog stemmte. Ein Strudel von Bildern zog sie unaufhaltsam hinunter in bodenlose Schwärze. Franks Gesicht schwamm in der Dunkelheit, sie hörte seinen Aufschrei und dann den Aufprall vom Mastbaum und dieses grauenvolle Geräusch, als wäre eine Kokosnuss geplatzt.
    Â»Ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht …«, sagte sie schweigend vor sich hin, zum Schluss sagte sie es sogar laut. »Ich will nicht, ich will nicht!« Die Worte verdichteten sich in ihrem Kopf zu einem rasenden Wirbel. Sie klammerte sich daran, konzentrierte sich nur darauf, wollte nicht in den Sumpf dieser fürchterlichen Tage abgleiten. Irgendwo hatte sie über die Taktik gelesen, und meistens funktionierte die gnädigerweise auch. Aber heute gelang es ihr nicht. Der Strudel riss sie mit sich.
    Â»Ich will nicht …«, schluchzte sie laut.
    Â»He, was ist los mit Ihnen?« Die raue Stimme von Dirk Konrad, dem Kameramann, drang zu ihr durch. Er beugte sich von seinem Sitz in luftiger Höhe herunter und berührte sie an der
Schulter. »Sie sind weiß wie die Wand geworden. Sonnenstich, was? Kein Wunder. Passiert hier immer wieder. Vermutlich hocken Sie sonst immer nur drinnen vor Ihrem Computer und schreiben, oder? Und getrunken haben Sie sicherlich auch nicht genug.«
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob er seinen Buschhut in den Nacken und schnippte mit den Fingern.
    Â»Lotti, bring mal einen Eisbeutel her!«, brüllte er. »Und eine Flasche Wasser, und zwar schnell.«
    Dirk ließ genießerisch seinen Kennerblick über die Autorin laufen.
    Gute Figur. Sehr gute Figur. Biegsam wie ein Bambusstängel. Ihre Haltung zeigte eine natürliche Eleganz. Der Typ, der noch in einem Kartoffelsack umwerfend aussehen würde. Sie stammte aus Norddeutschland, so viel wusste er, aber sehr nordisch wirkte sie wahrhaftig nicht. Irgendjemand unter ihren Vorfahren musste aus südlichen Regionen kommen. Spanien oder Italien vielleicht, dem zarten Goldton ihrer Haut nach zu urteilen. Ihre Stimme passte dazu. Eine warme Altstimme, sanft wie das Schnurren einer Katze. Er liebte Katzen.
    Ihr Haar war dick und glänzend, ein schimmerndes Goldbraun mit hellen Sonnenreflexen. Es war stufig geschnitten, im Nacken länger, kürzer an den Seiten mit einem dichten, schrägen Pony, der ihr ständig über die Augen fiel, den sie dann mit einer ungeduldigen Bewegung aus der Stirn schleuderte. Weiches Haar, das man streicheln wollte, dachte er. Jetzt allerdings war es dunkel vor Schweiß und vom Strohhut platt gedrückt.
    Sein Blick wanderte weiter. Ein voller Mund mit klaren Konturen. Gott sei Dank nicht zu klein. Frauen mit schmalen kleinen Mündern fand er unattraktiv. Und dann ihre Augen. Gleich beim ersten Treffen hatte ihr Leuchten ihn fasziniert. Als Fotograf natürlich. Seitdem debattierte er mit sich, wie er die Farbe beschreiben solle. Hellblau? Das klang zu flach, zu langweilig.
Türkis? Aquamarin? Welcher Edelstein besaß dieses durchsichtig irisierende Blaugrün? Bei nächster Gelegenheit würde er in Wikipedia nachsehen. Auf jeden Fall nahm er sich vor, das Lachen, das er hinter ihrem ernsten, fast gequälten Ausdruck ahnte, wieder hervorzukitzeln.
    Sein Assistent, ein rothaariger, klapperdürrer Mensch von schier unendlicher Länge, beugte sich zu ihm hinunter. »Na, wieder auf der Pirsch?«, flüsterte er mit hämischem Unterton. »Du hast dein Raubtiergrinsen im Gesicht. Wen hast du im Visier? Doch nicht die Muro!«
    Aber dann folgte er Dirk Konrads Blickrichtung, und seine Brauen schossen in die Höhe. »Donnerwetter  – die schöne Anita Carvalho. Wenn du meinen Rat willst, lass lieber die Finger von ihr. Ich habe so eine Ahnung, dass das Komplikationen geben könnte. Mit der ist irgendetwas nicht in Ordnung.«
    Â»Halt den Rand«, gab Dirk Konrad ruhig zurück. Dann rief er laut: »Lotti, wird’s bald? Beweg dich mal!«
    Â 
    Lotti, ein junges Mädchen mit praller, schokoladenbrauner Haut und seelenvollen Augen, die herrlich singen konnte, war für die regelmäßige Zufuhr von Getränken zuständig. Jetzt spazierte sie mit der den Afrikanern eigenen Gemächlichkeit ins Zelt der Cateringfirma, kam nach einer Weile mit einer tropfenden Plastiktüte heraus, schlenderte hinüber zu Anita und klatschte ihr den nassen Eisbeutel in den Nacken.
    Der Kälteschock nahm ihr fast den

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