Jenseits von Timbuktu
verlasse. Viel Glück. Over and out.« Das Handy verstummte.
Jill gab Mark das Telefon zurück. »Okay, wir machen uns jetzt auf die Suche. Wir gehen zu zweit, jeder nimmt sein Gewehr mit. Musa und Mark, ihr nehmt euch dieses Gebiet vor.« Mit der Hand beschrieb sie einen weiten Kreis, der das ansteigende Gebiet rechts des Wegs umfasste. »Philani und ich suchen die Umgebung des Ufers ab.«
Für eine Sekunde schloss sie die Augen und schickte ein StoÃgebet zum Himmel, obwohl sie sich im Laufe ihres Lebens weit von ihrer Religion entfernt hatte. Dann reckte sie den Arm hoch. »Hambani! Geht los!«
Mark und Musa schwärmten schweigend aus. Jill und Philani kletterten über Geröll und Gestrüpp hinunter zur Uferzone. Im Abstand von zehn Metern bewegten sie sich nach einem strengen Gittermuster über den Abhang hinunter zum Fluss. Hinter jeden Felsen schauten sie, stocherten in dunklen Nischen unter Gesteinsformationen herum, räumten mannshohes Gestrüpp unter den Palmen weg und waren dabei immer auf der Hut vor Schlangen. Um diese Jahreszeit waren sie besonders zahlreich und besonders aktiv. Und besonders giftig.
Am Ufer angekommen, suchten sie den Schlick nach FuÃspuren ab, fanden aber auÃer den Hufspuren eines Flusspferds und langzehigen Krallenabdrücken von Reihern nichts, selbst mitten im versumpften Flussbett nicht, kehrten um und marschierten im gleichen Abstand wieder den Abhang zur StraÃe hoch.
Nachdem sie schon über eine Stunde lang unterwegs waren und Jill der Schweià in Strömen den Nacken hinunterlief, blieb Philani auf einmal wie angewurzelt stehen. Er kratzte sich am Kopf, schob dabei seinen Hut fast bis über die Nase, räusperte sich und murmelte etwas, was Jill nicht verstand.
Ungeduldig beobachtete sie ihn, wusste sofort, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Er stand da wie das personifizierte schlechte Gewissen. »Was ist, raus mit der Sprache!«, blaffte sie
ihn gröber an, als sie eigentlich beabsichtigte. Ihre Nerven lagen blank.
Philani schüttelte den Kopf, kratzte sich wieder und wich ihren Augen aus.
Fast hätte sie mit den Zähnen geknirscht. »Philani, ich habe keine Zeit für derartige Mätzchen!« Sie musste sich beherrschen, ihn nicht anzuschreien und zu schütteln.
Der Zulu hatte seinen Hut abgenommen und drehte ihn in der Hand. Dabei verfolgte er den Weg eines Pillendrehers, der seine Mistkugel über den Pfad rollte. »Sie hat jemanden gesehen â¦Â« Er hustete verlegen.
»Du hast etwas gesehen? Was?« In ihrer Stimme kämpfte aufkeimende Hoffnung mit glühender Ungeduld.
»Ãh, nein ⦠ich meine, ich nicht, aber Niyona glaubt, dass sie gestern ein Kind gesehen hat â¦Â« Er betrachtete konzentriert seine staubverkrusteten Schuhe.
Jetzt packte Jill ihn doch am Arm und schüttelte ihn heftig. »Sie hat was?«, schrie sie.
»Ein Kind gesehen, glaubt sie zumindest.«
Sie lieà ihn los und stemmte die Arme in die Hüften. Ihre blauen Augen funkelten gefährlich. »Und warum hast du mir nichts davon gesagt? Spätestens vorhin?«
Philanis Blick klebte an seinen Schuhen. Er zuckte seine beeindruckenden Schultern, kratzte sich erneut am Kopf und schwieg beredt.
»Du hast es ihr nicht geglaubt, oder? Du hast einfach nicht zugehört. Weil sie eine Frau ist?« Die Antwort konnte Jill in seinem Gesicht lesen, und die machte sie noch wütender, obwohl sie wusste, dass seine Haltung tief in seiner Kultur verwurzelt war. »Wie lange bist du schon Ranger bei mir? Du weiÃt, dass du alles, auch die unbedeutendste Kleinigkeit melden musst.« Sie beherrschte sich nur mühsam. »Hat deine Frau gesagt, wo genau sie das ⦠jemand gesehen hat?«
»Bei der groÃen Felswand«, flüsterte Philani und stülpte sich seinen Hut wieder auf. Seine Augen flackerten über die Umgebung. Er schwitzte heftig.
Jill schwang ihr Gewehr, zeigte wortlos hinunter zur Furt und marschierte los. Der groÃe Zulu folgte ihr mit betretenem Gesichtsausdruck und hängenden Ohren. Vor der niedrigen Brücke, die über die schmale Stelle des Flusslaufs führte, blieb sie stehen.
»Geh runter und schau unter der Brücke nach. Aber gründlich, hörst du! Ich will, dass du jeden Stein umdrehst.«
»Yebo, Mama«, antwortete er zackig und sprang ins schlammige Flussbett.
Jills Miene blieb trotz dieser respektvollen
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