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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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in hohem Maße abweisend. Ihre Schutzmauer gegen andere Leute.
    Dirk Konrad, der sonst eher außerordentlich selbstsicher und so ziemlich jeder Situation gewachsen war, konnte nur hilflos stottern. »Sorry … tut mir leid … war … gefühllos von mir.«
    Â»Stimmt«, sagte Anita knapp und wandte sich wieder von ihm ab.
    Aber er gab nicht auf, probierte es mit einem treuherzigen Augenaufschlag. »Kommen Sie nachher zur Abschlussparty? Wir haben das ganze Hotel gemietet, und ich kann Ihnen garantieren, dass Hochstimmung herrschen wird. Es wird ein üppiges, sicher außerordentlich leckeres Buffet geben, jede Menge Getränke und gute Musik. Ich lade Sie auf einen Versöhnungschampagner ein. Also, wie ist es?« Er bedachte sie mit einem siegesgewissen Grinsen und legte ihr die Hand auf den Arm.
    Anita zuckte zusammen, fühlte sich von ihm bedrängt. Sie schaute kurz über die Schulter. »Ich mache mir nichts aus Champagner.«
    Betont widmete sie sich wieder der vorbeifliegenden Landschaft. Zu lange hatte sie sich in innerer Isolationshaft befunden, und bei ihrem jetzigen Seelenzustand war ihr nicht nach der schrillen Fröhlichkeit einer Party. Sie rieb sich die Stelle, auf der seine Hand gelegen hatte. Ihre seelische Haut war so dünn geworden, dass sie Berührungen kaum ertragen konnte. Auch physische nicht.
    Der Kameramann schnitt eine verständnislose Grimasse, sah Marina Muro an, hob beide Hände in einer Geste der Kapitulation und ließ Anita danach in Ruhe.
    Im Hotel angekommen, holte sich Anita einen Salat und Brot vom Buffet und schloss sich danach in ihrem Zimmer ein. Sie verschlief die Party, obwohl es dabei so laut zuging, dass die Gläser auf der Minibar klirrten.

3
    Ãœ ber tausend Kilometer weiter östlich, mitten im hitzeknisternden Busch von Zululand, lehnte Jill Rogge in der Tür ihres Geländewagens, das Gewehr über die Schulter gehängt, in der rechten Hand eine Flasche mit Wasser, aus der sie gelegentlich trank. Obwohl sie unter dem dichten Blätterdach eines Marulabaums geparkt hatte, schwitzte sie. Das kurzärmelige Hemd ihrer Khakiuniform hatte einen großen, dunklen Schweißfleck auf dem Rücken, und die Nässe lief ihr in den Kragen. Sie stellte die Wasserflasche auf der Motorhaube ab, beugte sich hinunter und krempelte ihre Hose bis zu den Knien auf. Ihr Hemd öffnete sie um zwei weitere Knöpfe und nahm ihren Buschhut ab. Flüchtig beneidete sie ihren Mann, der sein Haar immer auf zwei Millimeter schor. Sie lockerte ihres mit einer Hand auf und wedelte sich mit dem Hut Kühlung zu. Es würde ein höllenheißer Tag werden.
    Die Luft vibrierte vom Schrillen der Zikaden, Palmwedel raschelten leise, hier und da schrie ein Vogel. Alle anderen Tiere schienen sich trotz der frühen Stunde bereits zum Hitzeschlaf in die Tiefe des Buschs zurückgezogen zu haben. Nur Dutzende von Schwalben schossen schweigend an ihr vorbei und schnappten sich die Fruchtfliegen, die  – vom süßlich fruchtigen Duft angelockt  – die heruntergefallenen gelben Marulafrüchte umschwärmten. Jill sah auf ihre Armbanduhr. Philani müsste gleich hier sein.
    Der Standpunkt auf dem Parkplatz bot ihr den besten Überblick über die Gegend, und noch einmal ließ sie den Blick Meter für Meter über die Umgebung schweifen, aber wieder vergebens.
Nichts rührte sich, nicht einmal die Pavianfamilie, die seit Langem hier residierte, ließ sich blicken. Wieder regten sich in ihr Zweifel, ob sie nicht einer optischen Täuschung aufgesessen war. Sie starrte hinüber zu der Palme, unter der sie den Schatten gesehen hatte, ließ die kurze Szene als Film vor ihrem inneren Auge ablaufen, kam aber wieder zu keinem anderen Ergebnis. Da war etwas gewesen.
    Motorengeräusch und Knirschen von Reifen auf dem geröllübersäten Weg unterbrach ihre Überlegungen. Sekunden später kam Philani im offenen Geländewagen über die Kuppe. Als er Jills ansichtig wurde, bremste er sacht neben ihr und sprang vom Fahrersitz. Sein Uniformhemd, das ebenfalls die aufgestickte Silhouette eines Nashorns und den Namenszug INQABA auf dem Ärmel trug, war offen, die Haut darunter glänzte wie geöltes Ebenholz. Mit blitzenden Zähnen grinste er unter seinem Schlapphut hervor. Es war leicht zu verstehen, warum die jungen Mädchen des Dorfes hinter ihm her waren. Und nicht nur die.

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