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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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schärfer aus, als sie beabsichtigte. Aber ihr Kopf pochte, und das mit der Jacke ärgerte sie furchtbar. »Wo kann ich hier eine Anzeige bei der Polizei machen?«
    Maurice wedelte mit einer Hand. »Ach, glauben Sie mir, das bringt nichts außer Ärger und Zeitverschwendung. Sie sind doch bestimmt gut versichert, ihr Euro-Touristen seid das doch alle. Nehmen Sie die Euros und kaufen sich eine neue Jacke.«
    Anita geriet ernsthaft in Rage, worauf sich das Hämmern in ihrem Kopf verstärkte. »Ist das ein neuer Wirtschaftszweig hier?«, fuhr sie ihn erregt an. »Klauen und bei Ebay verkaufen?«
    Â»Die Dinge sind, wie sie sind. Die kann man nicht ändern. Die Leute sind arm. Wenn sie keinen Job haben, müssen sie trotzdem essen und eine Möglichkeit finden, zu überleben.« Maurice wirkte kein bisschen beleidigt oder gar gereizt. »Wollen Sie hinter mir herfahren?«, fragte er den Kameramann. »Die letzte Strecke bis Inqaba ist etwas kompliziert.«
    Anita brauchte einige Momente, um ihre Erregung niederzukämpfen. Als sie ruhiger war, drehte sie sich zu Dirk um. »Ehe wir da irgendwo in der Walachei herumirren … Es ist doch schon fast halb vier, hier wird es früh dunkel … wie lange fahren wir, Maurice?«
    Â»Drei Stunden, bei starkem Verkehr sogar länger. Sie werden Inqaba nicht vor Einbruch der Dunkelheit erreichen.«
    Dirk stimmte zu, obwohl er diesen Maurice gern loswerden wollte. Aber Nils Rogge hatte ihn eindringlich davor gewarnt, bei Nacht durchs ländliche Zululand zu fahren.
    Â»Ihr braucht nur eine Panne zu haben. Auf den Straßen reiht
sich Schlagloch an Schlagloch, da passiert das leicht. Oder jemand hat mit Absicht ein Hindernis auf die Straße gelegt und lauert im Gebüsch auf euch.«
    Und dann hatte Nils ihm an ein paar drastischen Beispielen in den lebhaftesten Farben ausgemalt, was ihm und seinen Mitfahrern in so einem Fall zustoßen könnte. »Merk dir eins«, hatte er ihn anschließend noch gewarnt. »Solltet ihr wirklich eine Panne haben, so ist der dringende Rat der Polizei, dass man aus dem Wagen springen, hundert Meter weiterlaufen, sich irgendwo verstecken und dann die Polizei anrufen soll.«
    Aus Zeitungsberichten wusste Dirk, dass Nils eher noch untertrieben hatte.
    Â»Okay. Danke. Warte hier, Andy, und pass auf unser Gepäck auf.« Die übergroße schwarze Tasche aus hieb- und stichfestem Kunststoffgewebe stellte ein kleines Vermögen an Kameras und Objektiven dar. »Wo wollen Sie warten, in der großen Halle oder draußen vor dem Gebäude?«, erkundigte er sich bei Anita.
    Â»In der Haupthalle, danke. Draußen ist es mir zu heiß. Und diesen albernen Rollstuhl brauche ich nicht mehr.« Sie stand auf, wartete mit zusammengebissenen Zähnen, bis die Halle aufhörte, sich um sie zu drehen, legte ihre voluminöse Umhängetasche ebenfalls auf den Gepäckwagen, drückte den Griff herunter und schob ihn auf die automatische Tür zu, die sich schmatzend vor ihr öffnete.
    Ohrenbetäubendes, vielsprachiges Stimmengewirr brandete Anita entgegen, Farben wogten vor ihren Augen, Schweißgeruch vermischt mit dem von Kokosöl und starkem Parfum stieg ihr in die Nase, und um sie herum strudelte das, was die Welt wohl die Regenbogennation nannte. Mühsam steuerte sie den schweren Kofferwagen um eine Gruppe Inder herum  – die Frauen in hauchzarten, bunten Saris und mit glitzernden Diamanten in den Nasenflügeln, ihre Männer in traditionellen weißen Gewändern mit reich verzierten Kappen  –, die alle laut
durcheinanderredeten. Eine schick nach der neuesten Mode gekleidete Afrikanerin, das Mobiltelefon am Ohr, rempelte sie an, entschuldigte sich aber mimisch, eilte dabei aber laut telefonierend weiter.
    Das nächste Hindernis waren zwei schwergewichtige schwarze Putzfrauen, die einen massiven Stau verursachten. Mitten in der quirligen Menge auf ihre Wischmopps gestützt, tauschten sie in höchsten Tönen Neuigkeiten aus, kreischten immer wieder vor Lachen auf, und Anita glaubte, dass ihr Kopf jeden Moment explodieren würde. Um den Lärm zu dämpfen, presste sie die Hände auf die Ohren, was aber überhaupt nichts half. Glücklicherweise entdeckte sie einen freien Stuhl in einem der Cafés. Energisch stieß sie ihren Wagen durch die Menge dorthin, entschuldigte sich mit einem Lächeln, wann immer sie

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