Jenseits von Timbuktu
jemand anstieÃ, lieà sich schlieÃlich aufatmend in den Metallstuhl fallen und schaute sich um.
Zu ihrer Linken saÃen vier tiefverschleierte Muslima in schwarzen Burkas, die mit weit ausholenden Gesten und blitzenden dunklen Augen hinter den Gesichtsgittern in einer ihr unbekannten Sprache redeten. Vom Nebentisch zu ihrer Rechten kamen Klicks und dunkle, langgezogene Laute. Es klang wie Zulu, dachte sie und drehte sich halb um.
Zwei muskulöse Schwarze saÃen am Tisch, ganz entspannt. Ãber den nackten Oberkörper hatten sie ein Leopardenfell geworfen, statt Hosen baumelte ihnen eine Art Rock aus Wildkatzenschwänzen bis zu den Knien, blonde Kuhschwanzquasten bedeckten ihre Waden. Einer trug einen breiten Perlenkragen und eine Krone aus den schwarzweiÃen Stacheln, die Anita sofort als die von Stachelschweinen erkannte, der andere ein Stirnband aus mit Federn verziertem Leopardenfell, zusätzlich hatte er sich aber auch noch eine Baseballkappe aufgestülpt. Verkehrt herum. Beider Uhren waren aus Gold und sehr klotzig. Vor beiden stand eine Flasche Cola. Einer tippte rasend schnell eine
SMS in sein Mobiltelefon, der andere hatte seines am Ohr und zischte und klickte in seiner Sprache.
Anita blieb wortwörtlich der Mund offen stehen.
»Das sind Sangomas«, erklärte Maurice, der sie im Café gesichtet und ihre Blickrichtung bemerkt hatte. »Zulu-Medizinmänner, traditionelle Heiler oder Hexer  â wie Sie wollen.«
Anita starrte die beiden seltsamen Männer entgeistert an. »Hexer? Ist das ein Witz?«
Maurice schüttelte den Kopf, gleichzeitig bedeutete er der rot gekleideten Kellnerin, dass er sofort wieder gehen würde und deshalb nichts trinken wolle. »Kein Witz. So ist es. Sie besitzen in der Zulukultur ungeheure Macht.«
Ungläubig schielte Anita zu den beiden Zulus hinüber. »Haben die sich verkleidet, oder laufen die immer so rum?«
Spott funkelte in den bernsteinfarbenen Augen. »Wenn sie geschäftlich unterwegs sind, schon.«
Ein Kichern kitzelte Anitas Kehle, aber sie konnte es unterdrücken. Sie war sich nicht sicher, wie empfindlich dieser Maurice war, der offensichtlich zumindest zum Teil ein Zulu zu sein schien, und sie wollte ihn nicht verletzen. AuÃerdem schaute er so aufrichtig drein, dass ihr langsam dämmerte, dass er vielleicht doch nicht vorhatte, sie zu veräppeln. »Was ⦠was ist denn deren Geschäft?« , fragte sie und zwang sich, ein ernstes Gesicht zu machen.
Maurice zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Die Zulus gehen zu ihnen, wenn sie einen Fürsprecher bei ihren Ahnen brauchen oder wenn sie krank sind, die Zukunft vorausgesagt haben wollen oder wenn sie ein Muti brauchen, das dafür sorgt, dass sie reich und berühmt werden. Oder die Frau bekommen, die sie wollen.«
»Tatsächlich?« Anita konnte die Augen nicht von den Sangomas nehmen. »Welches Muti bekomme ich denn, wenn ich reich und berühmt werden will?« Sie konnte nicht verhindern, dass Spott in ihre Stimme kroch.
Ein belustigtes Lächeln umspielte seine vollen Lippen. »Der Sangoma beschafft sich die Hand oder das Gehirn eines erfolgreichen Mannes oder einer berühmten Person und bereitet daraus mit Kräutern eine Medizin zu, die Sie dann trinken müssen.«
»Hören Sie auf, mich zu veralbern.«
Maurice legte eine Hand auf sein Herz und verdrehte die Augen. »Tu ich nicht! Ehrenwort! So etwas passiert wirklich. Wenn Sie das Muti nicht trinken wollen, vergräbt der Sangoma das Gehirn vielleicht vor Ihrem Haus. Gehört zu unserer Kultur.«
»Kultur? Das kann nicht Ihr Ernst sein!« Sie sah ihn ungläubig an, aber Mauriceâ Miene blieb offen und aufrichtig. Entweder zeigte er ein preiswürdiges Pokergesicht, oder er erzählte ihr tatsächlich die Wahrheit.
»O ja, das ist durchaus mein Ernst«, sagte er. »Wir Zulus zahlen eine Menge Geld für solche Mutis. Die meisten Sangomas sind inzwischen ziemlich wohlhabend. Die beiden haben drauÃen auf dem Parkplatz vermutlich einen Luxusschlitten stehen und wohnen in groÃen Häusern in einem der teuren Vororte.«
Anita verschlug es die Sprache. Maurice hatte von »wir Zulus« gesprochen. Zwar war sie sich immer noch sicher, dass er sich über sie lustig machte, und die Vorstellung, dass hier so etwas geschehen konnte, erschien ihr völlig unmöglich, aber es hatte sie doch eine
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