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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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hatte sehr kurzes, stumpf braunes Haar, seltsam bernsteinfarbene Augen und ein einnehmendes Lächeln. Sein helles Hemd hing locker über der Hose, die nackten Füße steckten in Leinenslippern. Er zog ein schuldbewusstes Schuljungengesicht.
    Â»Können Sie aufstehen?«, stotterte er hilflos. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Unbeholfen mühte er sich, sie mit einem Griff unter ihre Achseln zu stützen. Es misslang ihm. »Herrje, das tut mir wirklich leid. Warten Sie, ich hole einen Sanitäter … wir können Sie ins Krankenhaus bringen … Himmel, wie dumm von mir …«
    Â»Was ist hier los?« Dirk Konrad, der Anitas Missgeschick offenbar erst jetzt bemerkt hatte, hatte sein Gepäck bei Andy Kaminski stehen lassen und war herübergelaufen. »Hat der Sie verletzt?« Sein Ton war aggressiv, die Bewegung, mit der er das Kinn
vorschob, auch. Mit zusammengekniffenen Augen fixierte er den Übeltäter.
    Anita hatte den deutlichen Eindruck, dass Dirk Konrad dem anderen im nächsten Moment die Nase einschlagen würde. Sie verdrehte die Augen. Eine Schlägerei war jetzt genau das, was ihr noch fehlte! Versuchsweise richtete sie sich auf, aber als die Halle zu einem vielfarbigen Karussell wurde, das sich um das karamellfarbene Gesicht und die bernsteinfarbenen Augen drehte, musste sie sich sofort wieder am Gepäcktrolley festhalten. »Nein … ist nicht so schlimm … wirklich nicht … es ist nur mein Kopf …«, stammelte sie und hob abwehrend die Hände.
    Dirk ließ von dem Mann ab und sah sich die dicke blaue Beule auf ihrem Kopf an, aus der ein dünner Faden Blut sickerte. »Halten Sie doch endlich mal still«, raunzte er fast unfreundlich, aber sein besorgter Ausdruck sprach eine andere Sprache. Seine Fingerspitzen glitten überraschend zart über die Schwellung. »Ist Ihnen schlecht?«, fragte er. »Sehen Sie doppelt? Brauchen Sie einen Arzt?«
    Â»Nein, nein und nein«, stieß Anita hervor. »Ich habe keine Gehirnerschütterung. Sicher nicht.« Dass ihr furchtbar übel war, erwähnte sie nicht. Das konnte auch eine simple Schreckreaktion sein.
    Der Kameramann ignorierte ihren Einwurf und hielt ihr seine Hand mit gespreizten Fingern hin. »Wie viel Finger sind das?«
    Â»Fünf natürlich«, sagte sie unwirsch.
    Â»Ich fahre Sie in die Ambulanz vom Krankenhaus«, mischte der andere Mann sich ein. »Ich heiße übrigens Maurice. Es freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Anita, der der Kopf viel zu wehtat, als dass sie gesellschaftliche Floskeln hervorbringen konnte, nickte nur knapp. »Mich nicht«, knurrte sie.
    Der Mann, der sich Maurice nannte, winkte nach einem weiteren
betroffenen Blick auf sie hektisch einen Schwarzen in orangeroter Weste heran. In einer Anita völlig unverständlichen Sprache, die mit Klick- und Zischlauten gespickt war, unterbrochen von lang gezogenen, gutturalen Konsonanten, rief er ihm etwas zu. Prompt schob der Mann kurz darauf einen Rollstuhl heran. Obwohl sie sich lautstark wehrte, darauf bestand, dass sie völlig in Ordnung sei, packte Maurice sie unter einem Arm und hob sie ohne viel Federlesens hinein.
    Â»He!«, brüllte Dirk Konrad und wollte ihn davon abhalten, aber Anita saß bereits im Rollstuhl.
    Â»Besser so?« Maurice stellte ihr den Laptop auf den Schoß.
    Â»Wie man’s nimmt. Irgendjemand scheint mir die Schädeldecke aufzumeißeln.« Anita fasste sich an die Stirn, war aber insgeheim ganz froh, sitzen zu können.
    Neben ihr fuhr das Transportband an, und die ersten Koffer polterten unter der Kunststoffschürze hervor. Ihrer war einer der ersten. »Das ist meiner!«, rief sie und sprang unwillkürlich auf, sank aber sofort wieder ächzend auf den Stuhl zurück. »Mist, verdammter …«, stöhnte sie.
    Â»Den haben wir gleich!« Maurice drängte sich energisch durch die Wartenden hindurch, schnappte sich den Koffer, stellte ihn auf Anitas Trolley und legte ihre schwarze Jacke ordentlich gefaltet darüber. »Haben Sie noch mehr Gepäck?«
    Sie schüttelte unvorsichtigerweise den Kopf und zog darauf prompt eine schmerzverzerrte Grimasse. »Ich hatte ein Auto für mich vorbestellt, aber ich traue mich jetzt nicht, zu fahren. Wie komme ich jetzt bloß zu diesem Wildreservat … Inqaba heißt es doch, nicht?« Ihre Frustration war

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