Jeremy X
Kieselsteinen, die durch einen Schacht geschüttet werden.
Auch der Gesichtsausdruck überraschte Brice. In dem groben, schwerfälligen Gesicht war unverkennbar Humor zu erkennen. Und auch noch von der ganz entspannten Sorte. Brice hätte eher damit gerechnet, in diesem Gesicht Ähnlichkeiten mit seiner Vorstellung von einem Troll zu finden, wahrscheinlich noch vermengt mit unbändigem Zorn.
»Ich ... öhm, Brice Miller. Und die beiden Jungs - Kinder - bei mir sind James Lewis und Ed Hartman.«
»Und wo seid ihr hergekommen?«
»Öhm ... na ja. Eigentlich leben wir hier, Sir.«
»Nicht hier!«, rief Ed. Er kreischte es eher. Er und James waren mittlerweile auch aus dem Abteil gekrochen.
»Nein, nein, nein«, stimmte Brice eilends zu. »Ich habe nicht gemeint, dass wir hier leben. Nicht bei den Sklavenhändlern.«
»Den verdammten, dreckigen Sklavenhändlern.« Das war James' Beitrag, sehr hastig hervorgestoßen.
»Wir leben ... woanders. Auf der Station, meine ich. Bei Ganny Butry und den anderen von uns.«
»Und wer ist ›Ganny Butry‹?«
»Sie ... öhm, ist die Witwe von dem Kerl, der Parmley Station gebaut hat. Michael Parmley. Das war mein Urgroßvater. Sie ist meine Urgroßmutter.« Mit dem Daumen wies er auf James und Ed. »Und ihre auch. Wir sind alle irgendwie miteinander verwandt. Abgesehen von den Leuten, die wir adoptiert haben.«
»Die waren Sklaven, die wir gerettet haben«, setzte Ed hinzu.
»Von den verdammten, dreckigen Sklavenhändlern«, warf James ein.
Eine der Frauen dieser Einheit erhob sich aus ihrem Kniestand - die dralle, die sich als eine der Sexualobjekte ausgegeben hatte. Irgendwie hatte sie ein Schrapnellgewehr in die Hände genommen und sah ganz danach aus, als wisse sie sehr genau, wie man damit umging. Verdammt sollten die amoklaufenden Hormone eines Vierzehnjährigen sein! Brice war nicht einmal ansatzweise versucht, ihre Brüste anzustarren. Die letzten beiden Männer, die sich in ihrer Gegenwart irgendwie unverschämt verhalten hatten, waren jetzt tot.
»So viel zum Thema ›die besten Pläne von Mäusen und Menschen‹«, sagte sie. »Was machen wir jetzt, Hugh?«
Zu Brice' Erleichterung ließ der riesenhafte Soldat vor ihm die Waffe sinken.
»Ich weiß es noch nicht«, sagte er. Dann sprach er in sein Com. »Warte noch mit den Atomraketen, Richard. Wie sich herausstellt, befinden sich doch noch Zivilisten auf der Station.«
Die Antwort konnte Brice nicht hören. Doch einige Sekunden später zuckte der muskelbepackte Soldat - der anscheinend ›Hugh‹ hieß - die Schultern. »Keine Ahnung. Ich frag ihn.
Wie viele seid ihr hier, Brice?«
Brice zögerte. »Öhm ... ungefähr zwei Dutzend.«
Hugh nickte und sprach wieder in sein Com. »Er sagt ›zwei Dutzend‹. Macht 'nen guten Eindruck, ist loyal seinen Leuten gegenüber, also wird er höchstwahrscheinlich lügen. Ich gehe davon aus, dass es mindestens dreimal so viele sind. Bei einer neuen Suche solltet ihr die wohl aufspüren können, wo ihr jetzt wisst, dass es etwas zu finden gibt. Und bevor du anfängst zu jammern: nein, das ist kein Tadel. Wenn der Junge die Wahrheit sagt und das alles Nachfahren von Parmley sind, dann hatten die Jahrzehnte Zeit, sich hier ordentlich zu verstecken. Ist doch kein Wunder, wenn wir sie dann bei einer Standardsuche nicht finden.«
Brice holte tief Luft. Er sah keinen Grund, das Unausweichliche noch aufzuschieben.
»Ah ... Mr. Hugh, Sir? Gehören Sie zum Audubon Ballroom?«
Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Soldaten aus. Es war breit und herzlich, und es schien ganz natürlich zu sein.
»Nein, gehören wir nicht - und das sollte dich sehr erleichtern.« Er schüttelte den Kopf, lächelte dabei aber immer noch. »Komm schon, Brice. Sehen wir aus, als wären wir dämlich? Es ist doch völlig unmöglich, dass so ein ganzer Stamm wie eurer hier mehr als ein halbes Jahrhundert durchgehalten hat, ohne irgendeine Art Abkommen mit den Sklavenhändlern zu treffen. Wahrscheinlich habt ihr euch von denen bestechen lassen, damit sie euch nicht belästigen. Vielleicht habt ihr denen auch ein bisschen Wartungsarbeit abgenommen.«
»Wir haben nie irgendetwas für die getan!«, betonte Ed.
Hugh drehte sich zu ihm herum und blickte auf ihn herab. »Aber ihr habt Geld genommen, oder?«
Ed schwieg. Brice überlegte sich, was er sagen könne, aber ... was gab es denn überhaupt zu sagen?
Außer ...
»Wenn wir nicht sterben wollten, hatten wir keine andere Wahl«, erklärte
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