Jeremy X
haben.« Nun wies auch er mit dem Finger auf zwei seiner Mannschaftskameraden - allerdings war sein Zeigefinger fast so groß wie Gannys ganze Hand. »June und Frank bleiben hier.«
»Warum?«, wollte Ganny sofort wissen. »Meinst du, wir brauchen hier Wachhunde?«
Hugh lächelte. »Ganny, Sie könnten bei Ihren Verhandlungen tatsächlich Erfolg haben, wissen Sie? Und wenn dem so ist, warum noch weitere Zeit verschwenden? Während wir weg sind, können June und Frank schon das Fundament für alles legen, was dann kommen wird. Sie sind beide sehr erfahrene Ingenieure.«
Das Lächeln von June und Frank hatte beinahe schon etwas Selbstgefälliges. Und es war auch nicht schwer zu erraten, warum dem so war. Die Art und Weise, wie die meisten der derzeit partnerlosen Männer und Frauen die beiden äußerst attraktiven Neuzugänge betrachteten, ließ vermuten, dass keiner der beiden im Laufe der kommenden Monate bis zur Rückkehr ihrer Mannschaftskameraden unter ungewünschter Keuschheit würde leiden müssen.
Zum Teil war das auch der Grund gewesen, weswegen Hugh gerade diese beiden seiner Kameraden ausgewählt hatte. Allerdings waren June Mattes und Frank Gillich wirklich beide sehr erfahrene Ingenieure, und sie würden sehr gute Arbeit dabei leisten, auf Parmley Station die Grundlagen für all das zu schaffen, was erforderlich wäre, wenn Hughs Plan tatsächlich aufgehen würde. Doch er vermutete, es wäre diesem Prozess durchaus zuträglich, wenn man dabei auch noch großzügig sein Wohlwollen zur Schau stellte.
Ein geistreicher Manticoraner hatte einmal angemerkt, die Beowulfianer seien die Habsburger der Interstellar-Ara, bloß dass sie sich nicht mit so lästigen Kleinigkeiten wie Eheschließungen aufhielten. In dieser Bemerkung lag genug Wahrheit, dass Hugh laut gelacht hatte, als er es hörte. Er selbst war kein geborener Beowulfianer. Doch er hatte seit seiner Kindheit in jener Gesellschaft gelebt und sich daher einen Großteil ihrer Gepflogenheiten zu eigen gemacht.
Eigentlich sogar alle, abgesehen von ihrer allgemeinen Gleichgültigkeit jeglicher Religion gegenüber. Was das betraf, behielt Hugh die Überzeugungen derjenigen bei, die ihn aufgezogen hatten, auch wenn er selbst sich keiner Konfession zugehörig fühlte.
Als er noch sehr jung gewesen war - eigentlich war er kaum der Zuchtkammer entstiegen -, hatte ein Sklaven-Paar Hugh adoptiert. Natürlich war auch diese Adoption gänzlich formlos erfolgt - und Gleiches galt auch für die ›Eheschließung‹ dieses Paares. Manpower erkannte keinerlei Beziehungen zwischen seinen Sklaven an und legitimierte sie auch in keiner Weise.
Trotzdem gingen damit gewisse praktische Konsequenzen einher. Selbst aus dem Blickwinkel von Manpower betrachtet, hatte es durchaus seine Vorzüge, wenn Sklaven sich darum kümmerten, die Neuzugänge aus den Zuchtkammern aufzuziehen, statt dass Manpower selbst diese Aufgabe übernehmen musste. Auf jeden Fall war es deutlich billiger. Also war Manpower durchaus willens, derartige Sklaven-Paare zusammenbleiben zu lassen, und sie durften auch ihre ›Kinder‹ behalten. Zumindest bei einigen Sklaven-Linien. Jeglichen Sklaven, die dafür vorgesehen waren als Hausdiener zu arbeiten - und natürlich erst recht Sexualobjekten -, wurden derartige Verbindungen nicht zugestanden. Doch bei den meisten Arbeiter-Linien war es ziemlich bedeutungslos. Derartige Sklaven wurden meist in größeren Gruppen an Kunden verkauft, die zahlreiche Arbeitskräfte gleichzeitig benötigten. Normalerweise war es durchaus möglich, die ›Familien‹ solcher Sklaven im Rahmen derartiger Transaktionen mehr oder minder intakt zu halten, schließlich hatten sowohl der Käufer als auch der Verkäufer daran begründetes Interesse. Wenn die Sklaven ihre Kinder selbst aufzogen, war das auch für den Käufer der Arbeitskräfte einfach kostengünstiger.
Wie die meisten Arbeitssklaven auch war das Paar, das Hugh adoptiert hatte, zutiefst religiös gewesen. Und ebenso wie die meisten anderen Arbeitssklaven hatten sie sich dem Autentico-Judaismus verschrieben. Mit diesen Gebräuchen, diesem Glauben und den Ritualen war Hugh aufgewachsen. Und auch wenn er mittlerweile die meisten Gebräuche und Rituale nicht mehr praktizierte und auch an dem Glauben selbst zweifelte, war er doch nicht in der Lage, die Überzeugung abzuschütteln, das alles sei mehr als nur ein Aberglaube aus der Zeit, in der die Menschheit sich noch in Stämmen organisiert hatte - anders als viele
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