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Jericho

Jericho

Titel: Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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lächelte, und so lächelte sie zurück. Die Basis des Vertrauens zwischen uns war durch die kleine Geste hergestellt.
    Douglas stand auf. »Ich werde Ihnen frische Kleidung besorgen«, sagte er.
    Sie bekam von ihm ein Hemd und eine kurze Hose, die noch in seiner Reisetasche steckte. Nur Schuhe hatten wir nicht für sie. Die schmutzigen Leinentreter mußten eben noch halten.
    Judith wandte uns den Rücken zu, als sie das Badetuch fallen ließ. Als Kavaliere schauten wir weg und erst wieder hin, als sie auf uns zukam, mit leicht gerötetem Kopf.
    Sie war keine Schönheit im Sinne der bunten Hochglanz-Magazine, aber sie war eine junge Frau, die durch ihren natürlichen Charme bestach. Ihr Gesicht besaß noch etwas Kindliches.
    »Geht es Ihnen jetzt besser?« fragte ich.
    Sie nickte. »Ja, es geht. Sie sind John, nicht?«
    »So heiße ich.«
    Judith streckte mir die Hand entgegen. »Darf ich mich noch einmal herzlich bei dir bedanken?«
    »Keine Ursache, es war…«
    »Doch John, es war toll.« Da ich mich erhoben hatte, fiel es ihr leicht, mich auf beide Wangen zu küssen. Ich hielt sie dabei fest, und sie kam mir zerbrechlich vor.
    Daß wir uns duzten, fand ich gut. Irgendwo waren wir ja auch eine verschworene Gemeinschaft, und Judith nahm neben Abe Platz. »Kann ich noch etwas trinken?«
    »Gern, was denn?«
    »Saft?«
    »Den haben wir noch. Wasser ist leider nicht mehr da. Du auch einen Schluck, John?«
    »Ja.«
    Judith Hill hatte den Kopf gesenkt und schaute auf ihre übereinandergelegten Hände. »Jetzt wollt ihr bestimmt von mir erfahren, wie es in Jericho gewesen ist…«
    »Sicher.«
    »Schlimm!« flüsterte sie und seufzte. »Sehr schlimm sogar.« Dann tranken wir beide zugleich. »Wer einmal dort ist, der… der kommt nicht wieder frei. Er muß sich den Gesetzen des Propheten beugen.«
    »Propheten?« wiederholte ich.
    »Ja — oder Meister. So müssen wir ihn anreden.«
    »Wie bist du überhaupt in diese verfluchte Wüstenstadt gekommen?« fragte Abe.
    »Ich fiel rein. Ich komme aus Kalifornien, aus L. A. Ich war das Leben in dieser Stadt satt, traf auf Menschen, die mir von Jericho berichteten, und ich ging mit.«
    »Ist denn die Zeit der großen Verführer und Sektenchefs nicht vorbei?«
    Sie lächelte. »Im Prinzip schon, John. Ich war eben zu naiv.«
    »Und du hast die Gesetze und Regeln dort mitgetragen?« erkundigte ich mich.
    »Im Anfang schon.« Sie räusperte sich und suchte nach Worten. Ich dachte inzwischen an einen anderen Fall, der sich vor Jahren zugetragen hatte. An Deadwood, die Stadt der Särge. [1]
    Dort hatten wir etwas Ähnliches erlebt.
    »Wie ging es weiter.«
    »Man muß dem Meister gehorchen. Man muß alles tun, was er verlangt. Macht man es nicht, ist man verloren, so wie ich.«
    »Was war deine Tat?«
    »Ich… ich wurde zu ihm gerufen. Für fast alle ist es eine Ehre. Auch ich dachte so. Dann erfuhr ich, daß ich ihm zu Willen sein sollte, er wollte mit mir ins Bett.« Sie hatte einen roten Kopf bekommen. Die Erinnerung daran wühlte sie auf.
    »Hast du dich geweigert?« fragte Abe Douglas.
    Judith senkte den Kopf. Sie verkrampfte die Hände ineinander. »Es war furchtbar«, flüsterte sie. »Ich habe mich geweigert. Ich hatte plötzlich das Gefühl, wenn ich ihn anblickte, in die Hölle schauen zu können. Er widerte mich an. Er war schlimm. Ich… ich konnte nicht und bin aus seinem Haus geflohen.«
    »Was geschah weiter?«
    »Ich war eine Verlorene.«
    »Konntest du nicht fliehen?«
    Sie schaute Abe an, als sie den Kopf schüttelte. »Nein, das war nicht möglich. Keiner kann weg. Es gibt keine Fahrzeuge. Wenigstens nicht für uns. Wenn ich es zu Fuß versucht hätte, wäre es ihnen immer gelungen, mich einzuholen.«
    »Was geschah statt dessen?«
    »Ich war Freiwild. Ich wurde ausgestoßen. Gewisse Leute zeigten mit dem Finger auf mich. Ich war plötzlich ein mannstolles Weib, eine Hexe, wenn ihr versteht.«
    »Jericho hat dann beschlossen, dich zu töten?«
    »Ja, John, so war es. Man steckte mich in den Käfig auf dem Marktplatz, wo mich jeder sehen konnte. Sie kamen und spien mich an. Dann schafften sie mich in den Wagen und brachten mich weg. Ich sollte am Todesfelsen sterben. Irgendwann würden die Geier kommen und meine Leiche fressen und zerhacken.«
    Was wir da gehört hatten, gefiel uns gar nicht. Ich wunderte mich auch darüber, daß sie so allein gestanden hatte, und wollte wissen, ob sich kein Widerstand regte.
    »Gegen Jericho?«
    »Klar.«
    »Nein, überhaupt

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