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Jerry Cotton - 0500 - Sterben will ich in New York

Jerry Cotton - 0500 - Sterben will ich in New York

Titel: Jerry Cotton - 0500 - Sterben will ich in New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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aus dem Gefängnis entlassen worden, Grason?«, fragte er kühl.
    »Vor sechs Wochen«, antwortete ich. Janes Mund öffnete sich langsam. Sie starrte mich mit aufgerissenen Augen an.
    »Aus welchem Grunde haben Sie gesessen? Selbstverständlich brauchen Sie mir nicht zu antworten.«
    Ich schob den Hut in den Nacken. »Kommt schon nicht mehr drauf an, Mr. Raskin! Sie hängten mir einen bewaffneten Raubüberfall an!«
    »Nein«, stöhnte Jane.
    Raskin lächelte. »Ich fürchte, Mr. Grason ist nicht das richtige Objekt für eine Kampagne gegen die Polizei.«
    »Aber er sieht nicht aus wie ein Verbrecher, Harold! Sieh dir sein Gesicht an.«
    »Für mich sieht er genauso aus wie ein schwerer Junge«, antwortete Raskin. »Goodbye, Grason!«
    »Sie hätten mir das früher sagen können«, meinte Jane traurig.
    »Ich habe meine Strafe verbüßt«, erwiderte ich. »Außerdem bin ich zu Unrecht verurteilt worden. Ich finde es scheußlich, dass man mir mein Pech immer wieder vorhält.«
    Ihr Gesicht hellte sich auf. »Eigentlich haben Sie Recht!« Sie wandte sich an ihren Chef. »Eigentlich hat er Recht, Harold. Wir sollten…«
    »Wir sollten unsere Zeit nicht mit ihm vergeuden«, unterbrach Raskin, der sich schon wieder gesetzt hatte. »Lass dich von ihm nicht bluffen.«
    »Entschuldigen Sie, Mr. Grason«, sagte sie bedauernd. »Es tut mir Leid.«
    »Es macht mir nichts aus. Ich bin es gewohnt, wegen meiner Vergangenheit verfolgt zu werden.« Ich zeigte das kummervolle Gesicht eines Neufundländers, dem immer die Knochen gestohlen werden. Während ich sprach, hantierte ich an der Kamera, die ich noch immer trug.
    Jane legte mir die Hand auf die Schulter. »Ich werde Ihnen helfen«, sagte sie eifrig. »Treffen Sie mich morgen. Wir wollen beraten, was wir unternehmen können. Sie erreichen mich unter der Nummer MO 6-5442.« Plötzlich schrie sie auf: »Berühren Sie nicht den Verschluss! Sie öffnen die Kamera!«
    Ihr Schrei kam zu spät. Die Rückklappe schlug auf. Jane riss mir den Apparat aus den Fingern. »Zum Teufel! Sie haben die Aufnahmen verdorben!«
    »Ich bin untröstlich, Miss Morteen«, stotterte ich. »Es geschah ganz unbeabsichtigt. Sicherlich ist es nicht so schlimm. Ihr Chef wollte die Bilder ja ohnedies nicht bringen.«
    »Höchste Zeit, dass Sie endlich gehen, Grason!«, sagte Raskin barsch.
    Ich zog mich zur Tür zurück. »Sollten Sie eine neue Aufnahme von mir machen wollen, Miss Morteen, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
    »Überflüssig!« Raskin blickte nicht von seinen Papieren auf. »Wir lassen uns einen Abzug vom Foto in Ihrer Strafakte machen. Und jetzt raus, zum Henker!«
    ***
    Am Abend saß ich im ›Shanghai‹, einem chinesischen Restaurant auf der 158. Straße, nur einige Häuserblocks vom 55. Polizeirevier entfernt. Ich stocherte in einem Chopsuey herum. Eine Barriere trennte die Küche vom Restaurant. Jenseits der Barriere wirkten ein chinesischer Koch und drei weibliche Gehilfen. Die Küchendünste zogen in dichten Schleiern über die Tische. Das Lokal war eine Kaschemme dritter Klasse.
    Auf den Stühlen und Bänken saßen Farbige aller Schattierungen, dazwischen weiße Tramps, die irgendwo einen halben Dollar aufgetrieben hatten. Ich selbst saß auf einer Bank mit dem Rücken zur Wand. Links neben mir lümmelte sich ein hünenhafter Neger, ein Mischling mit hellbrauner Haut und europäisch geschnittenem Gesicht. Er trug einen blauen Rollkragenpullover. Seine Hände lagen auf dem Tisch, große Hände mit schweren Gelenken und breiten Fingerkuppen. Ununterbrochen trommelte er den gleichen Rhythmus auf die Tischplatte. Er aß nicht. Vor ihm stand ein längst ausgetrunkenes Whiskyglas.
    Die ›Bronx-Night-Revue‹ erschien am frühen Abend zwischen sechs und sieben Uhr. Ich hatte mir ein Exemplar gekauft, bevor ich das ›Shanghai‹ betrat.
    Die Zeitung brachte ein Bild der Sackgasse, in der Frank Gay niedergeschlagen worden war. Ich nahm an, dass Jane Morteen dieses Foto geschossen hatte. Die Überschrift des dazugehörenden Artikels lautete: »Ein neues Opfer von Ripper II.« Nicht einmal ein Fragezeichen stand dahinter.
    Im Übrigen repetierte die Zeitung die blutigen Einzelheiten der früheren Morde des Killers, dem die Presse den Namen Ripper II gegeben hatte, weil die Brutalität seines Verbrechens an die Taten jenes Mörders erinnerte, der vor mehr als siebzig Jahren unter der Bezeichnung ›Jack The Ripper‹ London terrorisiert hatte. Drei ermordete und elf verschwundene

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