Jerry Cotton - 0501 - Hochzeitsnacht mit einem Moerder
Anhieb fanden. Da alle Räume oberhalb der vierten Etage ausschieden, da ferner niemand aus dem Fenster eines Büros schießen kann, in dem sich Clerks und Stenotypistinnen aufhalten, blieben nur die Räume übrig, die allgemein zugänglich waren. Auf jedem Korridor gab es Waschräume und Toiletten für das Publikum. Wir brauchten uns nur um diejenigen zu kümmern, deren Fenster auf die Kreuzung bückten. Dabei blieben nur vier Waschräume übrig. Jeder war von innen verschließbar und damit ein ebenso Ungestörter Anstand wie der Neubau gegenüber der Dewick-Villa in der Sanfird- Avenue.
Wir fanden die Spuren des Schützen im Waschraum auf der zweiten Etage. Das Fenster stand offen. Die Messinghülsen lagen auf dem gekachelten Boden.
Phil hob die Hülsen auf. »Er gibt sich keine Mühe, die Fährte zu verwischen. Er bückt sich nicht einmal. Bequemer als hier konnte er die Hülsen nirgendwo loswerden.«
Vom Fenster aus ließ sich die Kreuzung voll überblicken, In dichten Rudeln schoben sich die Autos vorwärts.
»Gar nicht einfach, aus dieser Meute einen bestimmten Wagen herauszufinden«, stellte Phil fest.
»Nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick aussieht«, widersprach ich. »Er wußte, aus welcher Richtung der Chevrolet kam. Selbstverständlich kannte er alle Merkmale und die Nummer. Höchstwahrscheinlich benutzte er ein Zielfernrohr. Er konnte also die Nummer genau lesen, und wenn er Dewicks Chevrolet schon beim Einbiegen die 5. Avenue entdeckte, so blieben ihm zwanzig bis dreißig Sekunden Zeit zum Feststellen der Nummer, zum Zielen und zum Feuern.«
»Trotzdem hat er nur den Reifen getroffen!« Phil schüttelte den Kopf. »Wenn ich der Mann wäre, der Dewick aus dem Wege räumen will, so würde ich mich schleunigst nach einem anderen Killer umsehen.«
***
Sid Carowsky, der Kaschemmenbesitzer, massierte die Billardkugel seines kahlen Schädels. Mißmutig blickte er Andrew Pommer an. »Was fragst du mir Löcher in den Bauch? Gestern bist du gekommen und hast gefragt. Heute stehst du schon wieder hier. Bin ich eine Auskunftei?«
»Es ist wichtig für mich, Sid! Ich muß diesen Mann finden. Hier in deiner Kneipe lernte ich ihn kennen, ungefähr vor einem Jahr. Du mußt dich doch daran erinnern!«
»Erinnere mich an nichts!« Der Kaschemmenwirt wurde wütend. »Besser, alles schnell zu vergessen. Ich erinnere mich nur an den, der seine Drinks nicht bezahlt.«
»Sid, ich habe dir den Mann genau beschrieben!«
»Genau! Genau! Du hast gesagt, er ist groß, hat breite Schultern, trug diese oder jene Kleidung. Tausend Männer Sehen so aus.« Er machte eine kurze, scharfe Handbewegung. »Ich kenne den Mann, den du suchst, nicht. Rede nicht mehr von ihm, oder ich werfe dich hinaus. Was willst du trinken?« Seufzend bestellte Pommer einen Gin. Carowsky goß ausgesucht schlecht ein, drehte dem Ganoven seine breite Kehrseite zu und staubte die Flaschen im Regal ab.
Pommer starrte trübe in sein Glas. Der Mann, von dem er sich Rettung aus seinen Schwierigkeiten versprach, schien unauffindbar zu sein. Ohne ihn ließ sich der große Plan nicht verwirklichen, denn sich selbst traute Pommer nicht zu, einen Mord so zu organisieren, daß er von einem Unfall nicht zu unterscheiden war.
Während er noch seinen Gedanken nachhing, öffnete sich die Kaschemmentür. Er sah sich nach dem Eintretenden um. Als er ihn erkannte, empfand er das dringende Bedürfnis, sich klein und unauffällig zu machen. Obwohl er nie mit Ciro Beska in Berührung gekommen war, fürchtete er ihn. Er wußte, daß Beska ein Berufskiller war.
Carowsky kam hinter seiner Theke hervor und marschierte zu dem Tisch, an den sich Beska gesetzt hatte. »Hast du einen Wunsch, Ciro?« fragte er mit ausgesuchter Höflichkeit.
»Koch mir eine Tasse Kaffee.« Carowsky hantierte noch in der kleinen Küche, die hinter der Theke lag, als der Mann im Trenchcoat in die Car Inn kam.
Beim Anblick des Fremden, der wie üblich die dunkle Brille und den tief in die Stirn gezogenen Hut trug, blieb Andrew Pommer der Atem weg. Damals hatte der Mann, der ihm vorschlug, Regina Tweed zu heiraten, offen sein Gesicht gezeigt, und er, Pommer, hatte sich dieses Gesicht deutlich genug eingeprägt, um es trotz dunkler Brille und hochgestelltem Kragen wiederzuerkennen.
Hastig drehte er sich der Theke zu. Er zog den Kopf zwischen die Schultern. Er lauschte auf die Schritte des Mannes. Der Fremde verharrte hinter seinem Rücken. Er spürte seinen Blick zwischen den
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