Jerry Cotton - 0504 - Der Tiger
Auch an Leute, die ihm unangenehm werden könnten. Trotz deiner hübschen Pistole bist du also ohne Chance. Du hast deine Sache bis jetzt gut gemacht. Sogar hervorragend! Alle, die wir hier sind, erkennen das an. Verdammt noch mal, Leistungen dieser Art imponieren uns! Aber dein großer Bluff ist zu Ende, und das solltest du begreifen. Ich mache dir einen Vorschlag: Leg die Kanone auf den Tisch und verschwinde… keiner von uns wird dir folgen! Du trittst einfach aus unserem Leben, und wir vergessen, daß du uns aufs Kreuz gelegt hast!«
Ich grinste und leistete indessen blitzschnelle Gedankenakrobatik. Viel gab es jedoch nicht zu überlegen:
Ich konnte versuchen, ins Nebenzimmer zu entweichen und die Tür abzuschließen. Bestimmt befand sich nebenan ein Telefon. Ich wußte, daß Mr. Farlund in dieser Minute am Apparat saß und auf einen eventuellen Notruf wartete. Wenn ich mich jetzt meldete, würden binnen i:wei oder drei Minuten die Wagen mit den G-men auf kreuzen und das Gangsternest ausheben, sofern die Nestbrut uns den Gefallen tat, noch eine Weile hierzubleiben.
Die Frage war nur, was in diesen paar Minuten mit mir passieren würde. Und mit der Kassette im Hof. Bestimmt würde einer der Gangster wie ein geölter Blitz nach unten sausen, um den Behälter zu retten.
Meine Hand tastete an der Innenseite der Tür entlang. Ich fand den Schlüssel und zog ihn aus dem Schloß. Mit der Linken führte ich ihn von der Außenseite her wieder ein.
Die Gangster rührten sich nicht. Nur ihr flaches gepreßtes Atmen war zu hören. Brockley war der einzige, der die Situation auf seine Weise zu genießen schien.
Ich versagte es mir lediglich weiter zu grinsen. Die Situation konnte sich jeden Moment ändern. Mr. Farlund würde ich später benachrichtigen. Für mich kam es jetzt erst einmal darauf an, den Laden lebend zu verlassen und die Stahlkassette sicherzustellen.
»Hände in den Nacken. Einer nach dem anderen aufstehen!« kommandierte ich in eiskaltem Ton.
Diesmal war es ein Gangster namens Lloyd, der aus der Reihe zu tanzen und auf mich zu schießen versuchte. Ich erwischte ihn mit einer Kugel genauso präzise wie Ramsey. Lloyd fiel ächzend zurück. Er verfehlte dabei den Stuhl und landete auf dem Gesäß.
Ich begriff sofort: Das war ein Trick! Lloyd zog die Pistole mit der Linken, um mich vom Boden her zu erledigen. Es war für ihn betrüblich, daß er gleich mehrere Handikaps angehen mußte: Erstens schmerzte seine frische Wunde, zweitens konnte er mit der Linken nicht richtig zielen, und drittens war seine Schußposition denkbar ungünstig, denn ihm waren der Tisch, ein paar Stühle und die Beine seiner Gangkollegen im Weg.
Die Gangster hatten die Hände in den Nacken gelegt. Sie standen wie die Zinnsoldaten stramm. Ihre Augen sprühten noch immer Haß, aber dazwischen wetterleuchteten auch Furcht und Respekt. Ich hatte ihnen mehr als einmal bewiesen, daß es allemal riskant war, mit mir Ball zu spielen.
Lloyd drückte ab. Einer der Gangster jaulte wie ein getretener Hund, dann brach er in die Knie. Die für mich bestimmte Kugel hatte ihn ins Bein getroffen.
Slim explodierte vor Wut. Er war froh, für seine überreizten Nerven ein Ventil gefunden zu haben. »Du verdammter Idiot!« brach es aus ihm hervor. »Schmeiß sofort die Kanone weg!« Lloyd gehorchte zähneknirschend. »Schon besser«, sagte ich spöttisch. »Einer nach dem anderen tritt jetzt vor und läßt seine Kanone fallen. Dann geht er ins Nebenzimmer, und zwar schnell! Slim bleibt bis zuletzt, er bildet die Nachhut eures Vereins!«
Sie traten an wie zur Parade und reagierten wie Soldaten auf dem Kasernenhof. Eine Pistole nach der anderen landete auf dem Boden. Drei Gangster gaben an, keine Waffe bei sich zu haben. Das konnte ein Trick sein, aber ich ließ sie passieren, um nicht die Übersicht zu verlieren. Als letzter trat Slim über die Schwelle.
Lloyd lag noch immer am Boden. In seiner Griffnähe war die Pistole, die er hatte fallen lassen. Ich stellte mich auf die Zimmerschwelle, um die Gangster und auch Lloyd im Auge zu behalten.
»Aufstehen!« herrschte ich Lloyd an. Er gehorchte und trottete stöhnend an mir vorbei in Jefis Privatbüro.
Ein Teil der Gangster hatte sich in Höhe von Jefis Schreibtisch auf gestellt. Drei andere, darunter Slim, standen in unmittelbarer Nähe der Schwelle. Es war klar, was sie vorhatten:
Sobald ich versuchen würde, die Tür zu schließen, würden sie sich mit aller Kraft von innen dagegen werfen. Ich
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