Jerry Cotton - 0506 - Der Toeter und die grosse Angst
Motorhaube.
Er setzte sich wieder in den Wagen und versuchte zu starten. Schon bei der ersten Schlüsselumdrehung blieb der Strom erneut weg. Gayer fluchte. Immerhin wußte er jetzt, woran es lag. Die Kabelverbindung an einem der beiden Batteriepole war locker. Er wußte aus Erfahrung, daß oft schon ein paar Schläge mit einem Werkzeug genügen, um diesen Schaden zu beheben. Er wußte jedoch nicht, wo sich in dem Wagen das Werkzeug befand. Ihm fiel die Maschinenpistole ein. Sie war solide genug, um den gleichen Zweck zu erfüllen.
Er öffnete zum zweitenmal die Motorhaube und holte die MP aus dem Koffer. Dann hielt er inne. Ihm fiel ein, wie empfindlich die Waffe war. Schon der kleinste Stoß konnte die Automatik auslösen.
Er plagte sich mit dem Magazin ab, fand aber den Ausklinkmechanismus nicht. Kostbare Minuten waren bereits verronnen. Es bedurfte keiner großen Phantasie, um sich auszumalen, was die G-men inzwischen unternommen hatten.
Selbst wenn sie noch nicht wußten, wohin die Luke und der darunter liegende Gang führten, hatten sie selbstverständlich inzwischen Großalarm gegeben. Vermutlich war man gerade dabei, alle Zufahrtsstraßen des Bezirks zu überwachen oder zu sperren. Er mußte versuchen, über kleine Nebenstraßen zu entkommen.
Er stellte die Scheinwerfer an und fuhr aus der Garage. Sekunden später hatte er die Straße erreicht. Obwohl es ihm im Fuß juckte, das Gaspedal ganz durchzutreten, zwang er sich zum Langsamfahren. Er durfte unter keinen Umständen auf fallen! Mit jeder Sekunde Fahrzeit legte er viele wertvolle Yard zwischen sich und sein von der Polizei umstelltes Grundstück. Ein Patrol Car der City Police kam ihm auf der anderen Straßenseite mit heulender Sirene entgegen. Gayer machte sich so klein, wie er nur konnte. Er wußte genau, welches Handikap seine massige Figur mit dem kurzen, gedrungenen Hals bildete. Sie war ebenso unverkennbar wie sein faunhafter Kopf. Der Patrol Car fegte vorbei. Gayer beschleunigte das Tempo.
In diesem Moment sah er im Rückspiegel, daß ihm ein Wagen folgte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er mußte versuchen, den Verfolger abzuschütteln.
Gayer gab Gas und raste mit jaulenden Reifen in die nächste Kurve. Er atmete auf, als er feststellte, daß der Wagen aus seinem Blickfeld verschwunden war.
Mit dem Ellbogen wischte sich Gayer den Schweiß aus dem Gesicht. So war das, wenn man anfmg, die Nerven zu verlieren! Dann hielt man plötzlich jedes harmlose Scheinwerferpaar für einen Verfolgerwagen.
Er mußte ‘raus aus New York. Aber wie? Die Brücken und Tunnel nach Jersey standen bestimmt unter scharfer Polizeiaufsicht. Er war gezwungen, sich auf sein Glück und auf seine MP zu verlassen. Ihm blieb einfach keine andere Wahl. Im übrigen hoffte er, daß die G-men ihm gar nicht zutrauten, eine der Brücken zu benutzen.
Der Koffer mit dei schußbereiten MP lag griffbereit neben ihm. Die Nähe der Waffe vermittelte ihm ein Gefühl der Ruhe und Sicherheit.
***
Phil und ich fuhren geradeaus weiter. Wir gaben über Funk unsere Positionsmeldung durch. »Irgendwo in der Gegend des Astoria Boulevards muß er wieder auf die Hauptstraße kommen«, sagte Phil.
Wir standen mit den alarmierten Patrol Cars in Funkverbindung. In dieser Minute achteten Hunderte von Polizisten auf einen flaschengrünen Ford Station Car des Baujahres 61. Er war leicht zu erkennen, denn Fahrzeuge dieses Modells und Baujahres sahen fast alle schon reichlich ramponiert aus. Im Gegensatz dazu wirkte dieser Wagen wie neu.
In Gayers Haus hatten wir sehr schnell entdeckt, daß Gayer durch einen unterirdischen Gang entkommen war. Uns war es sofort klargewesen, daß dieser Gang nicht extrem lang sein konnte.
Wir hatten deshalb unsere Aufmerksamkeit auf die Häuser und Grundstücke im Umkreis von dreihundert Yard konzentriert.
Als plötzlich der Station Car aus einer Hauseinfahrt auf die Straße bog, wußten wir, wer am Steuer saß. Phil und ich folgten dem Wagen mit meinem Jaguar. Gayer versuchte sofort, sich durch eine rasante Beschleunigung der Verfolgung zu entziehen. Wir verzichteten bewußt auf eine Verfolgungsjagd. Es lag auf der Hand, daß sich Gayer inzwischen bewaffnet hatte. Wir konnten es uns nicht leisten, in diesem dichtbewohnten Stadtviertel irgendwelche Menschen zu gefährden.
Gayer war überzeugt davon, daß seine Flucht gelungen war. Es war besser, ihn in diesem Glauben zu lassen. Er wußte nicht, daß tausend Augen über ihn wachten. Sein Kurs ließ sich leicht
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