Jerry Cotton - 0517 - Am Broadway sind die Naechte heiss
wirklich hier? Hofften Sie, Ihren alten Freund Henry Porter in diesem Büro anzutreffen?«
Rita Colby hob das Kinn. Ihr Gesicht verschloß sich, es wurde kühl und abweisend. »Offenbar wünschen Sie Ihre Manieren Ihrer äußeren .Aufmachung anzupassen!« meinte sie ärgerlich. »Ich sage Ihnen die reine Wahrheit!«
»Machen wir uns nichts vor, Miß Colby. Sie haben ein helles Köpfchen auf Ihren hübschen Schultern sitzen. Sie sind nicht die dumme Blondine, die Sie mir Vorspielen, Fassen wir das bisherige Geschehen noch einmal kurz zusammen. Heute mittag wurde in Ihrem Apartment Linda Bennet ermordet. Sie entdeckten die Tote kurz nach der Tat in Ihrer Wohnung und alarmierten sofort die Polizei. Noch während die Mordkommission den Fall untersuchte, erhielten Sie den Anruf eines Unbekannten. Er teilte Ihnen mit, daß Lindä Bennet das Opfer einer Verwechslung geworden sei. In Wahrheit habe der Anschlag Ihnen gegolten!«
Rita Colby schwieg.
»Sie sind relativ schnell vom Times Square weggekommen«, stellte ich fest. »Hat man Sie denn nicht als Tatzeugin verhört?«
»O doch, aber das ging alles sehr schnell. Ich habe ja wirklich nichts gesehen!«
»Wer ist das Mordopfer?«
»Der junge Mann wurde von der Polizei sofort nach Papieren durchsucht, aber er hatte keine bei sich. Ich weiß nicht, wie er heißt.«
»Warum haben Sie sich eigentlich von Mr. Porter getrennt?« wollte ich wissen.
Rita Colbys Augen verengten sich um wenige Millimeter. »Sie haben eine merkwürdige Art, das Thema zu wechseln!« murmelte sie. Sie lehnte sich zurück und blickte an mir vorbei. »Das ist eine lange Geschichte«, meinte sie, »und damit ist schon alles erklärt. Eine lange Geschichte! Wir hatten uns einfach satt bekommen — wie zwei Menschen nach einer langen Ehe, die nicht ganz die hochgespannten Erwartungen erfüllte. Genügt Ihnen die Auskunft?«
»Porter hat niemals versucht, Sie zurückzugewinnen?« fragte ich.
»Aber nein!« Rita Colby schaute mich an. »Ich spüre genau, was Sie denken. Sie fragen sich, ob hinter dem Mordanschlag ein Eifersuchtsdrama von Henry Porter stehen könnte. Da muß ich Sie enttäuschen, Mr. Cotton. Unsere Trennung erfolgte in beiderseitigem Einvernehmen!«
»Sie wissen und wußten natürlich, auf welche Weise Mr. Porter seine Geschäfte betreibt?«
»Ich ahnte es«, gab Rita Colby zu. »Um Details habe ich mich nicht gekümmert. Ich gebe zu, daß ich es mir damit sehr leicht machte. Aber ich wollte einfach nichts von den Dingen wissen, die Henrys schlechten Ruf begründeten. Mir genügte es, seine Freundin zu sein. Er hat mich immer sehr verwöhnt.« Ich beschrieb ihr Sammy, den Schläger. »Er verkehrte doch regelmäßig bei Porter?« schloß ich fragend.
Rita Colby zuckte die Schultern. . »Nicht, daß ich wüßte. Porter kennt Hunderte von Menschen. Was sage ich: Tausende! Um seine Mitarbeiter habe ich immer einen großen Bogen gemacht. Die meisten mochte ich nicht.«
Im Lagerraum wurden plötzlich die Schritte vieler Männer laut. Rita Colby zuckte zusammen. »Wer kommt denn jetzt?« fragte sie ängstlich.
»Die Polizei und die Ambulanz«, erwiderte ich. »Beide werden hier dringend benötigt.«
***
Phil und ich trafen uns am nächsten Morgen um neun Uhr in Mr. Highs Office.
Ich erstattete einen genauen Bericht der nächtlichen Ereignisse und schloß: »Nicholson ist im Krankenhaus gelandet. Er erhielt noch an Ort und Stelle eine Bluttransfusion, trotzdem dürften mindestens vierundzwanzig Stunden vergehen, ehe er vernehmungsfähig ist.«
»Gerry Flint, Don Nicholson und Henry Porter«, sagte Mr. High nachdenklich. »Und schließlich Rita Colby. Eine bunte, interessante und zutiefst kriminelle Kombination. Porter ist ohne Zweifel der Pol, um den sich dieses teuflische Karussell dreht. Er ist ein Kunde, den wir schon seit geraumer Zeit den Gerichten zuzuführen versuchen. Vielleicht gelingt es uns diesmal, ihm sein schmutziges Handwerk zu legen. Die Geschehnisse um die Ermordung von Linda Bennet bieten uns eine Reihe wertvoller Ansatzpunkte. Ich hoffe, daß sie Ihnen bei der Bearbeitung des Falles von Nutzen sein werden. Linda Bennets Tod betrifft in erster Linie die City Police, aber der Syndikatsboß Henry Philipp Porter ist unser Baby!«
Das Telefon klingelte. Mr. High nahm den Hörer ab und meldete sich. Er nickte und kritzelte einen Namen auf seinen Schreibblock. Dann warf er den Hörer auf die Gabel.
»Das war Lieutenant Shanton vom 2. Morddezernat«, sagte Mr. High.
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