Jerry Cotton - 0520 - Die Lady aus der Rauschgiftbar
alle Adressen und alle getarnten Schlupfwinkel. Das heißt, alles, was hier in jahrelanger Arbeit aufgebaut wurde, ist im Eimer. Und nur, weil Sie sich nicht an meine Anweisungen gehalten haben. Wer weiß, ob wir hier jemals wieder Fuß fassen können. Das ist ein verdammt schlechter Start für Sie, Dayton.«
»Es tut mir leid, aber sie bestanden ja darauf, dass ich Reynolds umbringen soll. Ich habe nie behauptet, ein Killer zu sein.«
»Sie wollten aber bei uns etwas werden«, sagte Perkins. »Wir hatten Ihnen außerdem nicht nur die Tat, sondern auch die Methode vorgeschrieben. Aber genug geredet. Ich weiß jetzt, was ich wissen wollte.«
»Was werden Sie Mr. Cloud vorschlagen?«, fragte ich.
»Überhaupt nichts. Ich werde ihm nur den Fall vortragen. Dann wird er entscheiden, ob er Ihnen eine neue Chance gibt. Bis dahin halten Sie sich hier im Hotel auf. Lassen Sie sich nicht einfallen zu verschwinden. Wir würden Sie überall finden!«
***
Ich saß jetzt auf einem Pulverfass, zu dem zwei Lunten führten. Und beide Lunten glimmten schon. Die eine würde zünden, wenn die Gangster merkten, dass Reynolds überhaupt nicht tot war. Das konnte nicht mehr sehr lange dauern. Zu viele Menschen wussten von seiner Verhaftung. Er hatte das Recht, einen Anwalt zu verlangen. Der würde es weitererzählen. Wir hatten keine Möglichkeit, ihn hermetisch abzuschirmen, wenn er nicht mitspielte.
Die andere würde zünden, wenn Perkins zu Cloud gegangen war und der seine Entscheidung getroffen hatte. Wie die ausfallen würde, war mir vollkommen klar. In seinen Augen hatte ich versagt. Reynolds’ Tod war für ihn nicht das Entscheidende. Wichtig war, dass der Bezirk reibungslos funktionierte.
Natürlich hätte ich die Unterlagen für ihn »retten« können, aber dann hätten wir keine Handhabe gehabt, Reynolds festzusetzen. Es war eine Katze, die sich in den Schwanz biss.
Ich überlegte, ob ich aus der Geschichte aussteigen sollte. Kein Mensch wäre mir deswegen böse gewesen; im Gegenteil. Es gab gute Gründe genug. Die Vernunft gebot, Schluss zu machen.
Aber was hatten wir dann erreicht? Dass Cloud ein großer Gangster war, wussten wir auch so. Beweise brauchten wir, die ausreichten, ihn vor Gericht zu bringen. Und die hatten wir noch nicht. Wir hatten genug Material, um Reynolds zu überführen. Aber Reynolds war nicht das Oberhaupt des Syndikats, und die Unterlagen enthielten natürlich keinen Hinweis auf Cloud.
Ich dachte an Ben Matson und an die Mutter von Berrings. Ich würde weitermachen.
»Verrückt«, war Phils Kommentar. »Total verrückt. Du hörst sofort mit der Sache auf. Alles andere ist heller Wahnsinn.«
Es war zwei Stunden später. Ich saß im Ringbus, der in halbstündigem Turnus die Außenbezirke der Stadt umfuhr.
Eine Station weiter, vor dem Nichols Hotel, war Phil zugestiegen. Er saß jetzt neben mir und schien in eine Zeitung vertieft zu sein. Seine Lippen bewegten sich kaum beim Sprechen.
Der Bus war fast leer. Nur ein paar junge Mädchen saßen zwei Reihen weiter.
»Cloud hat genug von dir«, fuhr Phil fort. »Für ihn bis du jetzt ein Versager!«
»Du sagst nichts, was ich mir nicht schon selbst gesagt habe«, murmelte ich und sah gelegentlich aus dem Fenster, wo die Bucht vorüberglitt.
»Überleg doch mal«, sagte Phil drängend. »Du hast dir den gravierendsten Verstoß gegen seine Spielregeln überhaupt erlaubt. Du hast seine Weisungen nicht befolgt, und dadurch ist eine schwere Panne passiert. Das wird er nicht verzeihen. Er wird seinen Killern Auftrag geben, dich zu liquidieren.«
»Darüber bin ich mir im Klaren«, nickte ich.
»Worauf wartest du dann noch?«
»Es könnte ja sein, dass er es sich anders überlegt.«
»Ha«, schnaubte Phil. »Ich habe zweitausend Seiten Berichte über Cloud durchgeackert. Ich kenne die Mentalität dieses Burschen. Der überlegt sich nichts anders. Der hat schon Leute wegen viel harmloseren Dingen liquidiert. Glaubst du etwa, dass er für dich eine Ausnahme macht? Wer bist du denn in seinen Augen? Eine unwichtige Nummer von vielen. Eine, die versagt hat und darum auszumerzen ist.«
»Noch kennt Cloud mich nur als Versager. Aber noch immer bin ich für ihn Jack Dayton. Der Gangster mit der krummen Tour. Dass ich FBI-Agent bin, ahnt er nicht - jedenfalls bin ich da ziemlich sicher.«
»Auch das wird er bald erfahren.«
»Nur über Bruce Reynolds - und das ist euer Problem.«
»Ich weiß«, sagte Phil. »Von der Seite ist vorläufig nichts zu
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