Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
mich auszuhorchen?«
»Er kam im Gespräch immer wieder auf Sie zu sprechen. Natürlich bin ich nicht darauf eingegangen. Was hätte ich ihm auch schon sagen sollen?«
»Wie sah der Bursche aus?«
»Tja, er hatte eine Figur wie aus dem Katalög. Ich hätte ihm gern einen Anzug gebaut. Und sonst? Groß, dunkle Haare, durchtrainiert…«
***
»Die neue. Sendung Rosen tst gestern eingetroffen, Mr. Paladino. Es ist die ausländische Sorte, für die Sie sich im Herbst interessiert haben — La Ina. Sie soll fast schwarz sein, aber natürlich ist das wieder die übliche Übertreibung.«
»Wir werden es ja sehen. Ich habe dafür das große Beet neben dem Gewächshaus vorgesehen.«
»In Ordnung, Mr. Paladino. Was ich noch sagen wollte, da war ein Bursche bei mir, der vorgab, sich sehr für Ihre Rosenzucht zu interessieren. Aber als ich ein wenig nachbohrte, stellte sich heraus, daß er nicht die geringste Ahnung von der Rosenzucht hatte. Er wollte die berühmte Paladino-Rose sehen, und ich sagte zu ihm: ,Mr. van Dyk, die Paladino-Rose wächst im Freiland, und ich habe noch nie davon gehört, daß bei uns schon im März die Rosen blühen. Natürlich können wir mal nachsehen, denn es wäre ja denkbar, daß die Rosen diesmal eine Ausnahme machen.' —Hihihi!«
»Also van Dyk heißt der Bursche. Ist das ein großer, dunkelhaariger, durchtrainierter Mann?«
»Ja, das ist er. Und er hat sich sehr für Sie . interessiert. Tausend Sachen wollte er über Sie wissen. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn Sie sich einmal darum kümmern würden. Er wohnt im Marberry-Hotel, wie ich zufällig erfahren habe. Johnny van Dyk ist sein Name. Vielleicht will er hier warten, bis die Rosen wirklich blühen — hihihi!«
***
Am Sonntagvormittag findet im Stadtpark von Massany regelmäßig ein Konzert statt, bei schlechtem Wetter in einem Pavillon. Massany ist in jeder Beziehung ein konservatives Städtchen und hält sich etwas darauf zugute, den Lebensstil einer englischen Kleinstadt zu pflegen.
Ich nahm in der ersten Reihe Platz, da, wo die Blasmusik am lautesten dröhnte. Das Konzert war nur schwach besucht — ein paar Rentner und eine Schulklasse mit lauter kichernden Mädchen. Die Musik begann mit dem Marsch »America First«, und dann folgten Melodien aus Musicals. Es klang alles wie Marschmusik.
Nach dem zweiten Stück erschien mein Freund Phil. Er schlenderte heran und setzte sich wie zufällig auf den Platz neben mir.
Die Musik setzte erneut ein, diesmal mit der Ouvertüre zu »Figaros Hochzeit«. Für ein reines Blasorchester war das ganz schön hochgegriffen, und so klang es auch.
Phil vertiefte sich angelegentlich in sein Programm.
»Die Sache wird ernst«, murmelte er. »Paladino holt zum Gegenschlag aus. Seit gestern sind drei seiner Killer in der Stadt.«
Ich machte ein Gesicht, als lauschte ich hingerissen der Musik.
»Aus New York?«
»Ja«, sagte Phil. »Einer ist Ariba-Joe. Ein hagerer kahlköpfiger Bursche, der immer eine dunkle Brille trägt. Wir haben ihn im Verdacht, Paladinös zweiter Mann zu sein. Die anderen beiden heißen Slim und Al. Typische Gangster, ohne viel Farbe, aber mit viel Brutalität. Wir wissen nicht viel über sie, da sie sich immer im Hintergrund gehalten haben, aber die Akten tragen den Vermerk ,M’!«
»M« — das heißt, daß es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um professionelle Killer handelt.
»Das ist ja fast zuviel Ehre für mich«, sagte ich.
»Vielleicht will Paladino zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.«
»Was soll das heißen?«
»Ich weiß nicht, ob die beiden deinetwegen hier sind. Fest steht zwar, daß Paladino bereits mißtrauisch geworden ist. Sein Anwalt, Jim Holden, hat das Hotelpersonal über dich auszufragen versucht. Paladino weiß also, daß du ihm nachschnüffelst.«
»Aber?«
»Ich bin nicht sicher, ob er deswegen gleich seine Killer gerufen ha.t. Es ist nämlich noch etwas anderes passiert.« Die Musik setzte aus, und wir klatschten Beifall. Während der Pause blätterte Phil in seinem Programm, und ich studierte die Deckenornamente des Pavillons.
Dann ging es mit dem Bolero von Ravel weiter, und ich verzog gequält das Gesicht.
»Was ist passiert?« fragte ich.
Phil blickte geradeaus vor sich hin.
»Du kennst doch Mike Hood, den Reporter von der ,Massany News'?«
»Ja!«
»Sein Chef hat ihm verboten, im Mordfall Marvin Steele tätig zu werden. Er hat dieses Verbot offensichtlich mißachtet und auf eigene Faust versucht, belastendes Material
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